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Politik

"Eine Spaltung schwächt die AfD"

Maximiliane Koschyk
25. September 2017

AfD-Parteichefin Frauke Petry gab den Austritt aus ihrer eigenen Fraktion bekannt, auch die CSU liebäugelte kurz mit einer Fraktionsspaltung. Politologe Oskar Niedermayer über die Splittertendenzen im neuen Parlament.

Prof. Dr. Oskar Niedermayer FU Berlin
Bild: Freie Universität Berlin

Deutsche Welle: Erstmals seit langem sitzen wieder sechs Fraktionen im Deutschen Bundestag. Wie wird das die Arbeit im Parlament verändern?

Oskar Niedermayer: Das Parlament ist jetzt deutlich zersplitterter als bisher und das bedeutet natürlich zunächst einmal, dass die Regierungsbildung viel schwieriger werden wird. Insbesondere auch, weil eine der sechs Parteien die AfD ist, mit der niemand koalieren will. Außerdem hat die zweitgrößte Partei (SPD) ausgeschlossen, dass sie mit überhaupt irgend jemandem koalieren will. 

In zwei Fraktionen gab es am Tag nach der Wahl Überlegungen, sich aufzuspalten. Inwiefern ist das im Deutschen Bundestag möglich? 

Das ist problemlos möglich, denn es liegt an den Parteien, ob sie sich zu Fraktionen zusammenschließen und auch, ob sie wieder auseinandergehen. Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU besteht schon sehr lange, aber es gibt kein Gesetz, dass das auch für die Zukunft festschreibt. Das, was jetzt passiert, ist eher der Aufbau einer Drohkulisse, um deutlich zu machen: "Wir, die CSU, lassen uns in den Koalitionsverhandlungen nicht unterbuttern und wir wollen die konservative Flanke schließen."

Die Grundidee von Fraktionen im Parlament ist die Bildung homogener Gruppen, damit im Parlament besser gearbeitet werden kann. Was bedeutet diese Zersplitterungsgefahr der Fraktionen für die künftige Parlamentsarbeit? Deutet sich hier eine mögliche Arbeitsunfähigkeit des Parlaments an? 

Nein, auf keinen Fall. Ich bin mir sicher, dass die Fraktionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU nicht aufgelöst wird. Bei der AfD ist es sehr bemerkenswert, dass die Parteivorsitzende und Landesvorsitzende in Sachsen sozusagen aus der Fraktion ausgetreten ist und als unabhängige Abgeordnete weiterarbeiten will. Das schwächt die AfD-Fraktion momentan noch nicht, denn sie hat über 90 Mitglieder. 

Es könnte aber sein, dass es noch mehr Leute gibt, die die politischen Positionen von Frau Petry vertreten und deswegen auch die Fraktion verlassen und dann mit Frau Petry eine Gruppe im Parlament bilden. Die hat dann nicht so viele Rechte wie eine Fraktion, aber das würde die AfD-Fraktion schwächen. 

Fraktionsspaltungen- oder Mehrungen bergen auch die Gefahr des Missbrauchs, etwa durch die Umverteilung von Fraktionsrechten zu Lasten anderer Fraktionen. Sehen Sie diese Gefahr für das neue Parlament? 

Nein, denn die großen Fraktionen sind von Spaltungen weit entfernt und haben eindeutig die Mehrheit. Wenn die AfD-Fraktion sich spaltet, dann schadet das zunächst einmal der AfD. Ansonsten wird sich ihr Einfluss auf die Politik nicht verändern, denn die AfD wird keinen realen Einfluss auf die deutsche Politik nehmen. Mit ihr will niemand koalieren und ihre eigenen Vorschläge werden von anderen nicht unterstützt werden. Man sollte die AfD jetzt nicht überschätzen in ihrem Einfluss. Sie wird aber ganz klar die Debattenkultur im Parlament verändern. Es werden einige in dieser Fraktion sein, die völkisch-nationalistische Ansichten vertreten und die Bühne des Parlaments für Provokationen nutzen werden. 

Welche Veränderungen wird der 19. Deutsche Bundestag noch mit sich bringen?

Es werden sehr viel mehr Abgeordnete sein, das heißt, die Arbeitsabläufe werden schwieriger werden. In den Ausschüssen wird es mehr Leute geben. Es wird insgesamt die Parlamentsarbeit deutlich weniger effektiv machen, aber das ist eben unserem extrem komplizierten Wahlsystem geschuldet. Die Parteien haben es in der Hand, dieses Wahlsystem so zu vereinfachen und zu verändern, dass bei der nächsten Wahl nicht wieder so viele Abgeordnete gewählt werden.

Oskar Niedermayer ist Politologe und Parteienforscher am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.

Das Interview führte Maximiliane Koschyk.

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