Ermittlungen gegen Labour wegen Antisemitismus
2. November 2018Bei der Untersuchung geht es offenbar um Hass-Botschaften, die Labour-Mitglieder in sozialen Netzwerken postet haben sollen. Die Äußerungen sind anscheinend in einem internen Dossier enthalten, das dem britischen Radiosender LBC zugespielt wurde, der wiederum es an die Polizei weiterleitete. Wie Scotland Yard in London mitteilte, stehen in den Dokumenten Äußerungen, die strafrechtliche Ermittlungen rechtfertigten. Aufgeführt sind 45 Fälle, darunter auch Einträge von Parteimitgliedern in sozialen Medien wie: "Wir werden die Juden, die wie ein Krebsgeschwür für uns sind, loswerden." Die Scotland-Yard-Chefin Cressida Dick sagte dem Rundfunksender BBC, dass gegen die Partei selbst nicht ermittelt werde.
Die linksgerichtete Labour-Partei hatte in den vergangenen Monaten heftig über mutmaßlichen Antisemitismus in den eigenen Reihen debattiert. Die Partei kündigte am Freitag eine vollständige Zusammenarbeit mit den Ermittlern an. Sie rief Opfer der Hass-Botschaften auf, sich bei der Polizei zu melden. Labour werde selber untersuchen, ob Verstöße gegen Partei-Richtlinien durch eigene Mitglieder vorlägen.
Jüdische Community beschwert sich
Im März hatten führende Vertreter der jüdischen Gemeinden in Großbritannien in einem Brief an Labour offenen Antisemitismus beklagt. Besonders Parteichef Jeremy Corbyn ergreife "immer wieder" Partei für antisemitische Positionen, hieß es: Der Parteichef sei "ideologisch so sehr auf seine weit links stehende Weltsicht fixiert, dass er den jüdischen Gemeinschaften der Mitte instinktiv feindselig gegenübersteht".
Corbyn zählt zum Linksaußen-Flügel der Partei und hat sich wiederholt sehr pro-palästinensisch positioniert. Wegen früherer Äußerungen, Taten und Kontakte sah er sich immer wieder dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt.
Corbyn: "Echtes Problem"
Im August dann hatte Corbyn zugegeben, dass es ein "echtes Problem" mit Antisemitismus in seiner Partei gebe. Labour arbeite daran, sagte er zu. Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder seien zu langsam und zu zaghaft betrieben worden, räumte der Labour-Chef ein.
Beim Parteitag im September gab der Parteivorsitzende dann zu, der Antisemitismus-Streit habe "immense Verletzungen und Ängste in der jüdischen Gemeinschaft hervorgerufen und zu großem Unmut in der Partei geführt". Er hoffe, "wir können zusammen einen Schlussstrich ziehen". Der Parteivorstand übernahm nach langen Diskussionen schließlich eine international anerkannte Definition für Antisemitismus - allerdings mit dem Zusatz, weiter Israels Politik kritisieren zu dürfen. Jüdische Gruppierungen hatten gegen die Labour-Partei in diesem Jahr auch mehrmals vor dem Parlament in London protestiert.
kle/as (afp, dpa, rte, ape)