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Konflikte

Polizei in Belarus setzt Schusswaffen ein

12. August 2020

Zuvor waren es "nur" Gummigeschosse und Tränengas. Jetzt haben Sicherheitskräfte in Belarus nach eigenen Angaben mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. In Brest wurde eine Person verletzt.

Minsk Bewaffnete Polizei EInsatz Demonstranten
Bewaffnete Sicherheitskräfte in den Straßen von MinskBild: picture-alliance/AP Photo

Zu dem Schusswaffeneinsatz kam es am Dienstag in Brest bei Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko. Brest liegt im Süden des Landes an der Grenze zu Polen. "Eine Gruppe aggressiver Bürger mit Metallstangen in den Händen griffen Polizeimitarbeiter in Brest an", teilte das Innenministeriums in Minsk mit. Daraufhin seien Schusswaffen zum "Schutz des Lebens und der Gesundheit" der Sicherheitskräfte zum Einsatz gekommen. "Einer der Angreifer" sei verletzt worden.

Einsatzkräfte knüppeln Menschen nieder

Die Polizisten hätten sich verteidigen müssen, als sie attackiert worden seien. Einsatzkräfte in schwarzen Masken und Uniformen ohne Erkennungsmarken hatten Videos zufolge wahllos Menschen auf der Straße aufgriffen und mit Knüppeln auf sie eingeschlagen.

Insgesamt sind bei den Unruhen mehr als 1000 Menschen festgenommen worden. Proteste gab es demnach in 25 Städten, darunter in der Hauptstadt Minsk. Den Behörden zufolge wurden 50 Menschen mit Verletzungen im Krankenhaus behandelt. Zudem seien 14 Uniformierte verletzt worden. Einige von ihnen hätten in Kliniken gebracht werden müssen. In 17 Fällen werde nun wegen Angriffen auf die Sicherheitskräfte ermittelt. Damit gab es in den vergangenen Tagen bereits mehr als 6000 Festnahmen.

Ein Demonstrant in Minsk kniet vor SicherheitskräftenBild: Reuters

Seit Sonntag gehen die Menschen jeden Abend gegen Fälschungen bei der Präsidentenwahl auf die Straße. Es sind die größten Proteste, die die Ex-Sowjetrepublik je erlebt hat. Am Dienstag hatte sich die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja im EU-Nachbarland Litauen in Sicherheit gebracht.

EU-Außenminister wollen beraten

Die EU-Außenminister kommen am Freitag zu einem außerordentlichen Treffen zusammen, um nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus über mögliche Sanktionen gegen die Führung des Landes zu beraten.

In einer gemeinsamen Erklärung hatten die EU-Mitgliedstaaten die Präsidentschaftswahl in Belarus am Dienstag als "weder frei noch fair" verurteilt und angekündigt, die Beziehungen der EU zu dem Land auf den "Prüfstand" zu stellen. In der Erklärung wurden auch Gewalt gegen regierungskritische Demonstranten und willkürliche Festnahmen angeprangert.

Bei einem Besuch in Prag sagte US-Außenminister Mike Pompeo mit Blick auf die Demonstrationen in Belarus: "Wir wollen, dass die Menschen in Belarus die Freiheiten erhalten, die sie einfordern." Friedliche Proteste müssten geschützt werden, betonte der 56-Jährige.

Klare Worte aus Berlin

Die Bundesregierung verurteilte inzwischen das Vorgehen der Sicherheitskräfte nach der umstrittene Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) in scharfer Form. "Das ist eine regelrechte Repressionswelle, die da rollt, mit tausenden Festnahmen nach Wahlen, die weder fair noch frei waren", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Alle die in Belarus verhaftet wurden, weil sie friedlich für ihre demokratischen Rechte demonstriert haben, müssen freigelassen und müssen gehört werden", sagte er. Seibert kritisierte außerdem "Festnahmen von Mitglieder der politischen Opposition, Festnahmen von Bürgerinnen und Bürgern, die nichts anderes getan haben, als öffentlich ihrem Wunsch nach politischem Wandel Ausdruck zu verleihen". Auch Journalisten aus dem In- und Ausland seien festgenommen worden.

Staatschef Alexander Lukaschenko hatte von der Wahlkommission 80 Prozent der Stimmen zugesprochen bekommen, Tichanowskaja dagegen nur 10 Prozent. Auf Nachfragen, ob die Bundesregierung das Ergebnis der Wahl nicht anerkenne, antwortete Seibert nicht direkt. Er sagte aber: "Es ist kein demokratisch zustande gekommenes Wahlergebnis."

nob/kle (dpa, afp, ap)

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