1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Panorama

Polizei schließt möglichen Terrorakt nicht aus

15. Oktober 2021

Nach der Gewalttat in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg mit fünf Toten ist das genaue Motiv des mutmaßlichen Täters weiter unklar. Norwegen ist schockiert, die Anteilnahme ist groß, auch in Deutschland.

Norwegen Kongsberg | Attacke mit Pfeil und Bogen
Bewohner der norwegischen Stadt Kongsberg bringen Kerzen und Blumen und gedenken der OpferBild: Pal Nordseth/AP Photo/picture alliance

Nach der Gewalttat mit fünf Toten in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg kann die Polizei einen terroristischen Hintergrund nicht ausschließen. "Die Tat wirkt wie ein Terrorakt, aber wir kennen die Beweggründe des Täters nicht", sagte der Chef der Behörde, Hans Sverre Sjøvold. Der mutmaßliche Täter war noch am Mittwochabend festgenommen worden. Sjøvoldr betonte, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Der Festgenommene kam inzwischen in ärztliche Obhut. Eine Gericht entscheid, dass er für vier Wochen in Untersuchungshaft muss. 

Auf der Flucht in Wohnungen eingedrungen

Ein Mann hatte am Mittwochabend in der Innenstadt von Kongsberg zahlreiche Menschen mit mehreren Waffen, darunter auch Pfeil und Bogen, angegriffen. Bei seiner Flucht vor der Polizei verschaffte er sich auch Zugang zu Wohnungen. Fünf Menschen wurden getötet, vier Frauen und ein Mann. Nach Angaben der Polizei sind die Opfer im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Drei Menschen wurden verletzt, darunter auch ein Polizist, der in einem Supermarkt einkaufen war. Zunächst war von zwei Verletzten die Rede gewesen.

An den unterschiedlichen Tatorten arbeiten Forensiker - die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossenBild: Terje Bendiksby/NTB/AFP/Getty Images

Festgenommen wurde ein 37-jähriger dänischer Staatsbürger, der in Norwegen lebt. Die Polizei teilte mit, der Verdächtige habe wegen Hinweisen auf eine Radikalisierung bereits im Fokus der Behörden gestanden. Die Hinweise deuteten an, dass er zum Islam konvertiert sei. Die Staatsanwältin teilte mit, dass der Mann eine umfassende Erklärung abgegeben habe. Er habe sein Tun auch begründet, doch man wolle die Details nicht der Öffentlichkeit mitteilen.

Jugendfreund informierte 2017 die Polizei

Bislang wurde der Mann nicht konkret des Terrors beschuldigt. Ein alter Jugendfreund von ihm sagte in einem Interview mit der Internetzeitung "Nettavisen", er habe die Polizei bereits 2017 informiert, dass er seinen Freund für gefährlich halte. Norwegische Medien berichteten über Youtube-Videos, in denen ein Mann, bei dem es sich um den Verdächtigen handeln soll, sich als Muslim bezeichnet und eine Handlung ankündigt. Ein Sprecher des Sicherheitsdienstes der Polizei sagte, er kenne das Video nicht und könne auch nicht bestätigen, dass es sich um den Inhaftierten handelt. Es sei aber sehr wahrscheinlich.

Inhaftierter bereits zweimal verurteilt

Einem Bericht der norwegischen Nachrichtenagentur NTB zufolge wurde der Däne bereits zweimal verurteilt. Er soll unter anderem Familienmitgliedern gedroht haben, sie umzubringen.

Täter konnte 30 Minuten nach erstem Notruf festgenommen werden, sagt Polizeisprecher Ole Bredrup Sæverud Bild: Terje Pedersen/NTB/AP/picture alliance

Der Polizei war am Mittwoch um 18.13 Uhr von mehreren Personen gemeldet worden, dass sich ein Bewaffneter durch die Stadt bewege und mit Pfeil und Bogen auf Menschen schieße. Minuten später wurde er von einer Polizeipatrouille gesichtet. Die Beamten wurden jedoch mit Pfeilen beschossen und der Mann konnte fliehen. Polizeisprecher Ole Bredrup Sæverud sagte, es sei wahrscheinlich, dass die Opfer erst danach getötet wurden.

Der Angreifer konnte nach Polizeiangaben rund eine halbe Stunde nach dem ersten Notruf festgenommen werden. Der Vorfall ereignete sich am Vorabend des Regierungsantritts des neuen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre. Der Sozialdemokrat bezeichnete die Tat bei seiner Amtsübernahme als schrecklich. "Es ist schockierend, daran zu denken, was die Menschen erlebt haben, und ich fühle mit allen Betroffenen, mit denen, die sich unsicher fühlen und mit denen, die darüber informiert wurden, dass sie ihre Lieben verloren haben."

Steinmeier schreibt an König Harald V.

Reaktionen kamen auch aus dem Ausland. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb an den Norwegischen König Harald V.: "Meine aufrichtige Anteilnahme gilt den Angehörigen und Freunden der Opfer. Ich hoffe inständig, dass die Verletzten schnell und vollständig genesen. Es betrübt mich, dass Norwegen zehn Jahre nach dem schrecklichen Terroranschlag in Utøya und Oslo erneut von Gewalt heimgesucht wird." Deutschland stehe an der Seite von Norwegen um die Demokratie gegen Gewalt und Hass zu verteidigen.

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen drückten unter anderem ihr Mitgefühl für die Opfer aus. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der bis 2013 norwegischer Ministerpräsident war, twitterte: "Schockierende Nachrichten aus Kongsberg. Wir müssen im Kampf gegen Hass und Gewalt zusammenstehen." 

Der Vorfall weckt schlimme Erinnerungen: In diesem Sommer war es zehn Jahre her, dass der Terrorist Anders Behring Breivik im Regierungsviertel von Oslo eine Bombe zündete und anschließend auf der Insel Utøya Jugendliche regelrecht hinrichtete. 77 Menschen verloren ihr Leben. 2019 hatte ein junger Norweger eine Moschee in Bærum bei Oslo gestürmt, konnte jedoch überwältigt werden.

nob/uh (dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen