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Politik

Parlament stimmt umstrittenem Mediengesetz zu

12. August 2021

Die nationalkonservative Koalition in Polen ist zerbrochen, dennoch konnte die Regierungspartei PiS ihr vielfach kritisiertes Rundfunkgesetz durchs Parlament bringen. Dem Beschluss ging eine turbulente Sitzung voraus.

Parlamentsdebatte über Mediengesetz in Warschau
Parlamentsdebatte über das Mediengesetz in WarschauBild: Wojciech Olkusnik/AP/dpa/picture alliance

Ein neues Rundfunkgesetz in Polen soll vor allem einen kritischen TV-Sender treffen. Doch im Streit um die Novelle platzt das nationalkonservative Regierungsbündnis. Am Ende gelingt es der angeschlagenen Regierungspartei PiS dennoch, das Gesetz durchs Parlament zu boxen. Die Frage ist: zu welchem Preis? Operation Rundfunkgesetz gelungen, Regierung kaputt. So ließe sich das politische Drama zusammenfassen, das sich in den vergangenen zwei Tagen in Polen abgespielt hat.

Am Mittwochabend gelang es der PiS nach einer turbulenten Parlamentssitzung, ihr umstrittenes neues Rundfunkgesetz durch den Sejm, die erste Kammer des Parlaments, zu pauken. Zunächst war die Entscheidung mit den Stimmen der Opposition auf September verschoben worden. Nachdem die Parlamentspräsidentin diese Verschiebung wegen eines fehlenden Datums für ungültig erklärt hatte, wurde die Abstimmung doch durchgeführt: 228 Abgeordnete stimmten dafür, 216 dagegen, zehn enthielten sich der Stimme. Nachdem der Sejm dem geänderten Rundfunkgesetz zugestimmt hat, geht dies nun an den Senat, die zweite Kammer. Dieser kann noch Änderungsvorschläge machen.

Er hat sich durchgesetzt: PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, der Strippenzieher in Polens PolitikBild: W. Radwanski/AFP/Getty Images

Die Gesetzesänderung sieht vor, dass künftig in Polen Rundfunklizenzen nur noch dann an Ausländer vergeben werden dürfen, wenn diese "ihre Zentrale oder ihren Wohnsitz im Bereich des Europäischen Wirtschaftsraums haben". Zusätzlich gilt die Bedingung, dass der Lizenznehmer nicht von jemandem abhängig sein darf, der Zentrale oder Wohnsitz außerhalb dieses Wirtschaftsraums hat.

Nach Ansicht von Kritikern zielt das Gesetz auf das unabhängige und regierungskritische Sendernetzwerk TVN, das über eine in den Niederlanden registrierte Holding Teil des US-Konzerns Discovery ist. Falls das Gesetz in Kraft tritt, muss der US-Konzern seine Mehrheitsbeteiligung an dem Netz verkaufen. Der Privatsender TVN hat zahlreiche Kanäle. Besonders der Nachrichtensender TVN24 vertritt eine PiS-kritische Linie.

Kritik aus den USA

Die PiS-Partei bemüht sich seit langem um eine Verstaatlichung der Medien und beruft sich dabei auf die nationale Sicherheit. Sie verweist auf die Gefahr, dass "ausländische Mächte" die öffentliche Debatte in Polen beeinflussen könnten. Nach Ansicht der polnischen Opposition bedroht das Gesetz die Pressefreiheit und könnte die Beziehungen zu den USA beeinträchtigen.

Aus Washington kam dann auch umgehend scharfe Kritik. Das US-Außenministerium forderte die Regierung in Warschau auf, ihren Einsatz für demokratische Werte und Pressefreiheit unter Beweis zu stellen. Eine freie und unabhängige Presse mache eine Demokratie stärker, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price. Ein Vertreter des Ministeriums hatte zuvor bereits erklärt, sollte TVN24 keine neue Lizenz erhalten, könnte das amerikanische Investitionen in Polen gefährden.

Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, bezeichnete das Gesetz als ernstzunehmende Gefahr für das unabhängige Fernsehen im Land. Es könne "keine Freiheit ohne freie Medien" geben, schrieb er auf Twitter.

Axel-Springer-Verlag ist besorgt

Auch der in Polen stark engagierte Axel-Springer-Verlag sieht das Mediengesetz mit Sorge. Man sei zwar von der Reform nicht unmittelbar betroffen, weil man in Polen keine TV-Lizenzen habe, erklärte das Berliner Unternehmen. Ein Konzernsprecher betonte aber auch: "Wir stehen für Freiheit und Pressefreiheit als wichtige Säule demokratischer Gesellschaften und sind daher besorgt über die aktuellen Entwicklungen."

Frank Überall, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Polen ist neben Deutschland und den USA einer der Kernmärkte für Springer. Das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Schweizer Ringier-Verlag betreibt in Polen mit rund 2000 Beschäftigten etwa 30 Marken, darunter Polens größte Zeitung "Fakt" und das Internetportal "Onet".

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief den Senat als zweite Kammer des polnischen Parlaments dazu auf, das Gesetz zu verhindern. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall bezeichnete es als "Sargnagel für die Reste der Presse- und Rundfunkfreiheit" in Polen. "Dass die stramm rechte PiS-Partei ein Problem mit unabhängigem Journalismus hat, ist seit langem bekannt", erklärte der Gewerkschaftschef.

qu/nob/jj (dpa, afp, rtr)

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