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Politik

Poroschenkos deutsches Transparenzproblem

25. Januar 2018

Ein Melderegister sollte in Deutschland Licht ins Dunkel der Briefkastenfirmen werfen. Jetzt fällt der ukrainische Präsident Poroschenko auf. Seine Firmen halten sich nicht an die neuen Regeln.

Ukrainischer Präsident Petro Poroschenko in Berlin
Bild: Reuters/A. Schmidt

Bis zum ersten Oktober 2017 hatten alle Firmen in Deutschland Zeit, ihre wirtschaftlich Berechtigten, sofern diese nicht schon aus dem Handelsregister ersichtlich sind, in einem neuen Transparenzregister zu melden. Damit setzte Deutschland eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche um. Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte 2016 versprochen, dass durch das neue Transparenzregister ausländische Hintermänner von Briefkastenfirmen nicht mehr anonym bleiben könnten. Das kam damals gut an, mitten im Wirbel des Skandals um die "Panama Papers".

Poroschenko und seine Briefkastenfirmen

Ein prominentes Gesicht dieser Enthüllungspapiere war auch Petro Poroschenko. Der ukrainische Präsident, wie die geleakte Korrespondenz der panamaischen Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca zeigte, hatte im Zuge der Restrukturierung seines Süßwarenkonzerns "Roshen" eine Reihe von Briefkastenfirmen auf Zypern, in den Niederlanden und auf den Britischen Jungferninseln.

Wie die DW bereits berichtete, hat Poroschenko auch in Deutschland investiert. Teil des Firmengeflechts des ukrainischen Präsidenten ist seit 2011 eine Stärkefabrik im ostdeutschen Elsteraue. Die Eigentumsverhältnisse sind allerdings wenig transparent. Bis 2016 war lediglich die zypriotische Firma "Camarin Ltd." alleiniger Gesellschafter, mit dabei auch eine anonyme Firma im Steuerparadies Britische Jungferninseln. Inzwischen ist als zweite Firma die "Interstarch Ukraine" hinzugekommen, die eindeutig der Holding Poroschenkos zu zurechnen ist. Aber noch immer fehlen die Namen der wirtschaftlich Berechtigten der beteiligten Firmen. Spätestens mit dem neuen Transparenzregister hätte sich das ändern müssen. Allerdings ergab die Einsicht der DW ins Transparenzregister: die Namen sind nicht eingetragen.

Wem gehört die Fabrik?

Ihrer Meldepflicht nach dem Geldwäsche-Bekämpfungsgesetz sind die Eigentümer der Stärkefabrik nicht nachgekommen. Denn auch in der Gesellschafterliste und aus dem Gesellschaftsvertrag im Handelsregister sind diese Namen nicht ersichtlich. Genau für solche Fälle sollte das Transparenzregister Klärung bringen.

Laut Handelsregister ist die zypriotische "Camarin Ltd." die Haupteigentümerin der deutschen "Interstarch GmbH", die die Stärkefabrik betreibt. Die zypriotische Firma gehört wiederum einer Firma auf den Britischen Jungferninseln. Die ukrainische Wirtschaftskanzlei ICU, die Poroschenko seit Jahren bei Auslandsinvestitionen unterstützt und auch in Elsteraue beratend tätig war, nannte der DW bereits 2016 den Ukrainer Serhij Zaitsev als wirtschaftlich Berechtigten hinter dem Firmengeflecht. In der Ukraine agierte Zaitsev auch als stellvertretender Generaldirektor in Poroschenkos Süßwarenkonzern "Roshen".

Doch warum steht Zaitsev nicht im Transparenzregister, wenn er denn tatsächlich der Haupteigentümer ist? Eine entsprechende Anfrage an die Geschäftsführung der "Interstarch GmbH" blieb unbeantwortet. Auch andere Namen nannte die GmbH nicht.

Auch Poroschenko wäre in der Pflicht

Vieles spricht allerdings dafür, dass auch Petro Poroschenko genannt werden müsste. Seine Firma "Interstarch Ukraine" besitzt seit 2016 eine Minderheitsbeteiligung an der deutschen "Interstarch GmbH", und zwar von genau 24,95 Prozent. Ab 25 Prozent ist man laut Geldwäschegesetz automatisch ein wirtschaftlich Berechtigter. Allerdings kann unter Umständen auch bei einer kleineren Beteiligung eine wirtschaftliche Berechtigung vorliegen, wenn ein "vergleichbarer beherrschender Einfluss" besteht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Minderheitseigentümer durch Sondervereinbarungen die Mehrheit im Verwaltungs- oder Aufsichtsrat stellen und die Finanz- und Geschäftspolitik des Unternehmens bestimmen kann. Auf diese Gesetzesnorm verweist auch das Bundesverwaltungsamt, das die DW um Klärung der Meldepflichten zum Transparenzregister bat. Diese Behörde ist für die Kontrolle des Transparenzregisters zuständig.

Nach Angaben der Wirtschaftskanzlei ICU übertrug Zaitsev der Agrarholding des ukrainischen Präsidenten durch ein "Management Agreement" die Kontrolle über die deutsche "Interstarch GmbH". Wie aus dem Handelsregister ersichtlich ist, stellen Poroschenkos Manager tatsächlich die Mehrheit im Aufsichtsrat. Vorsitzender ist der Ukrainer Jewhen Sajenko, der zugleich Generaldirektor der Agrarholding Poroschenkos ist.

Auch nach ukrainischem Recht kann ein Minderheitseigentümer als wirtschaftlich Berechtigter betrachtet werden. Poroschenko könnte damit auch in der Ukraine gegen Meldevorschriften verstoßen haben. Denn man sucht vergebens nach der Firma "Interstarch GmbH" in der elektronischen Offenlegung der Eigentumsverhältnisse des Präsidenten. Lediglich der ukrainische Anteilseigner an der deutschen Firma, die "Interstarch Ukraine" wird erwähnt.

Bis zu eine Million Bußgeld

Verstöße gegen die Meldepflicht im Transparenzregister können vom Bundesverwaltungsamt mit einem Bußgeld von bis zu 100 Tausend Euro geahndet werden. Bei wiederholten Verstößen - bis zu eine Million Euro. "Soweit der Gesellschaft ihr wirtschaftlich Berechtigter bekannt ist, muss sie diesen zur Eintragung melden. Dies gilt auch für wirtschaftlich Berechtigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit", so das Bundesverwaltungsamt auf DW-Anfrage.

Die Kanzlei Mossack Fonseca in Panama gründete im Auftrag von Poroschenko und seinen Vertrauten Briefkastenfirmen auf den Britischen JungferninselnBild: picture-alliance/dpa/A. Bolivar

Ob die deutsche Firma von Petro Poroschenko ihre Meldepflicht zum Transparenzregister noch nachholen will, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage ließ die Geschäftsführung unbeantwortet. Doch die Fristen haben sie in jedem Fall versäumt: Alle Namen der wirtschaftlich Berechtigten waren bis zum 1. Oktober 2017 zu melden, selbst wenn diese der Geschäftsführung angeblich nicht bekannt sein sollten. Eine Übergangsfrist sieht das Geldwäschegesetz nicht vor.

Verantwortung auch für ausländische Eigentümer

Das Bundesverwaltungsamt sieht auch ausländische Eigentümer in der Pflicht und verweist dabei auf die Verantwortung der Anteilseigner "Die Anteilseigner, die wirtschaftlich Berechtigte sind oder von einem wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar kontrolliert werden, sind selbst verpflichtet, der Gesellschaft die Angaben über die wirtschaftliche Berechtigung mitzuteilen", betont das Bundesverwaltungsamt.

Dass das Transparenzregister im Geldwäschebekämpfungsgesetz verankert ist, hat Gründe. Schließlich werden für legale Steueroptimierung ebenso wie für illegale Geldwäsche oft ähnliche Konstrukte aus Briefkastenfirmen verwendet. Gerade deshalb sollen Namen offengelegt werden. Poroschenkos Investitionen in Deutschland verstoßen gegen diese neuen Transparenzregeln.

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