Poroschenko: Viele Russen ziehen ab
10. September 2014Die Waffenruhe ist brüchig, die Lage an den Fronten im Osten der Ukraine hat sich aber nach Angaben der Regierung in Kiew erstmals spürbar beruhigt. Russland habe 70 Prozent seiner Kämpfer aus dem Kriegsgebiet abgezogen: Mit dieser Einschätzung überraschte Präsident Petro Poroschenko die Beobachter im In- und Ausland. Er berief sich auf Informationen seines Geheimdienstes. Dies fördere Chancen auf eine politische Lösung, so der Staatschef.
Seit Beginn der Waffenruhe gruppiert die Ukraine ihre Einheiten im Konfliktgebiet um, wie Poroschenko erläuterte. Dies sei nicht für einen Angriff auf Separatisten gedacht, sondern für die Verteidigung des Staatsgebiets. "Wir müssen bereit sein zum Partisanenkrieg", sagte er. Einen Einsatz ausländischer Soldaten schloss er nachrücklich aus.
Nach Meldungen der Deutschen Presse-Agentur begann die Ukraine mit dem Bau von Befestigungsanlagen an der Grenze zu Russland. "Geplant sind zwei Verteidigungslinien", wird die Pressestelle der "Anti-Terror-Operation" in Kiew zitiert.
In der ersten Phase sollen auf Anweisung Poroschenkos knapp 1500 Kilometer Gräben ausgehoben sowie mehr als 4000 Unterstände und 8000 Stellungen für Militärtechnik eingerichtet werden. Auf 60 Kilometer sollen zudem "unsprengbare Sperren" errichtet werden. Unabhängig von den Verteidigungslinien will Regierungschef Arseni Jazenjuk entlang der Grenze eine rund 2300 Kilometer lange Mauer bauen lassen.
Am Dienstag hatten sich Poroschenko und Kremlchef Wladimir Putin in einem Telefonat zufrieden über die Feuerpause geäußert. In Moskau zeigte Putin jedoch erneut seine Sympathien für die Separatisten. Der Präsident habe in einer Kirche Kerzen für die Aufständischen angezündet, meldete die Agentur Interfax. "Ich habe die Kerzen für jene aufgestellt, die gelitten haben, als sie die Menschen in Noworossija schützten", sagte Putin. "Noworossija" (Neurussland) nennen auch die militanten Separatisten das Gebiet.
Die USA wiesen den Vorwurf Putins zurück, dass die NATO den Ukraine-Konflikt für ihre "Wiederbelebung" nutze. Die jüngsten Beschlüsse der Militärallianz seien "das direkte Resultat der Bedrohung, die einzelne Verbündete wegen Russlands Unterstützung für Separatismus in der Ukraine empfinden", sagte die Europabeauftragte im US-Außenministerium, Victoria Nuland, in Washington. "Wir alle würden liebend gerne wieder zum Status quo zurückkehren - falls Russland dies zuerst tut."
SC/haz (dpa, afpe, APE)