Portugal baut Smartphones aus Kork
30. März 2018Der Mann hat eine Vision: Tito Cardoso, der Chef von IKI Mobile, will europäische Handys bauen. Umweltverträgliche obendrein. In dem verschlafenen portugiesischen Provinzstädtchen Corouche, das sich stolz die "Welthauptstadt des Kork" nennt, entstand für 1,6 Millionen Euro die erste Handyfabrik der Iberischen Halbinsel. Das Top-Modell hat ein Gehäuse aus Kork, wegen der Umweltverträglichkeit. 2018 will Tito Cardoso 400.000 "europäische" Mobiltelefone verkaufen.
Kork sei ein traumhafter Werkstoff, schwärmt der Manager, er schütze Batterien und Prozessoren vor Hitze und Kälte, schirme Strahlungen aus dem Geräteinneren ab und trotzdem sei es möglich, das Handy kabellos aufzuladen. Kork sei nachhaltig, da Korkeichen alle neun Jahre neue Rinde produzieren und - wichtig für das Markting - typisch portugiesisch und etwas Ausgefallenes. Obendrein seien die Kork-Smartphones todschick und schon für etwas mehr als 300 Euro zu haben - "made in Portugal" eben, in der "Welthauptstadt des Kork".
Hightech aus der Provinz
35 Personen arbeiten in der neuen Handyfabrik, bald sollen es 100 sein. Dazu sollen noch etwa 300 indirekte Arbeitsplätze kommen, ein Segen für die infrastrukturschwache Region Ribatejo, in der das Städtchen Coruche liegt. Bis jetzt geht es dort eher gemütlich zu - der Ribatejo lebt vor allem von der Landwirtschaft, ist bekannt für seine Stiere, Stierkämpfer und seine endlosen Korkeichenwälder. Hightech waren dort bis jetzt allenfalls Traktoren und Melkanlagen. Das soll sich jetzt schlagartig ändern, geht es nach Tito Cardoso, dem dynamischen Macher um die 40.
Bis jetzt hat IKI Mobile seine Mobiltelefone, sowohl Billighandys als auch Android-Smartphones, in China gebaut und vor allem in Afrika und Ost-Timor verkauft; unter eigenem Namen oder für Partnerfirmen. "Das Design war aber immer unseres", betont Cardoso. "Und es wurde immer klarer, dass wir unsere eigene Produktionsstätte brauchten." In Europa, in Portugal, denn europäische Produkte seien beliebter als asiatische, stünden für Qualität.
Darum sollen die Kork-Handys so europäisch wie möglich sein. "Unsere Regel ist einfach: Wir versuchen, die Komponenten zunächst in Europa zu kaufen. Geht das nicht, dann wenigstens so nahe wie möglich." Aus Asien kommen jetzt nur noch die Prozessoren und die Batterien, der Rest der IKI-Telefone ist nicht nur europäisch, sondern auch möglichst umweltfreundlich, versichert Tito Cardoso: "Wir unterhalten eine Partnerschaft mit einer nordportugiesischen Universität, denn wir wollen selbst das Plastik unter der Korkhülle durch biologisch abbaubares Material ersetzen."
Endziel Weltmarke
Auf dem Mobile World Congress, der großen Handymesse in Barcelona, fand das Bless 8, IKIs Top-Smartphone, prompt viel Beachtung. Nicht so sehr wegen seiner durchaus guten technischen Daten, sondern vor allem wegen des Kork-Looks. Den will Firmenchef Cardoso weiter kultivieren, demnächst soll auch ein kabelloses Ladegerät mit Korküberzug zum Verkauf stehen.
Minderwertigkeitskomplexe gegenüber namhaften Konkurrenten aus Übersee kennt er nicht: "IKI Mobile will ein Unternehmen sein, das zunächst stark in Europa und dann auch auf dem Weltmarkt ist." Starke Töne für eine Firma, die erst seit vier Jahren existiert.
Parallel zu den Smartphones wird IKI Mobile auch die Billighandy-Produktion ausbauen: In Angola entsteht eine zweite Fabrik, die vor allem den afrikanischen Markt bedienen soll. Dort wird die Endmontage der in Portugal vorgefertigten Bauteile stattfinden. Die exklusiven Kork-Smartphones jedoch sollen ausschließlich in Coruche montiert werden
Die Stadtväter des verschlafenen Ortes dürften bereits von einem zweiten Beinamen träumen: Coruche, die europäische Kork-Smartphone-Hauptstadt. In neun Jahren könnte es so weit sein. Dann - so zumindest Tito Cardosos ehrgeiziger Plan - werde IKI Mobile zu den ganz großen Handyherstellern gehören.