Posthume Aufarbeitung von Missbrauchsskandal in Japan
7. September 2023Japans bedeutende Boyband-Schmiede Johnny & Associates hat nach jahrelanger Vertuschung erstmals den massiven sexuellen Missbrauch jugendlicher Talente durch den 2019 im Alter von 87 Jahren verstorbenen Gründer Johnny Kitagawa zugegeben. Kitagawa war eine der mächtigsten Persönlichkeiten der japanischen Unterhaltungsindustrie und machte viele Boybands wie SMAP und Arashi zu Stars. Er soll jahrzehntelang Hunderte von Teenagern, die Popsänger werden wollten, sexuell missbraucht haben. Doch seine Machenschaften wurden stets vertuscht.
Die Präsidentin der bereits 1962 gegründeten Talentagentur, Julie Keiko Fujishima, räumte nun das sexuelle Fehlverhalten ihres Onkels vor der Presse ein und gab dann ihren Rücktritt bekannt. Ein mit dem Missbrauchsfall beauftragtes Expertenteam war zuvor zum Schluss gekommen, dass das Unternehmen Kitagawas seit den 1970er Jahren begangene pädophile Machenschaften verheimlicht hatte. Es besteht der Verdacht auf Komplizenschaft und Vertuschung innerhalb der Agentur und der Unterhaltungsindustrie.
Kritiker werfen zudem Japans staatstragenden Medien vor, angesichts des mächtigen Einflusses von Kitagawa frühere Anschuldigungen gegen ihn weitgehend ignoriert und sich dadurch mitschuldig gemacht zu haben, dass dem Skandal nicht viel eher nachgegangen wurde. Erst nachdem die BBC im März eine Dokumentation ausgestrahlt hatte, in der mehrere Personen interviewt wurden, die behaupteten, von ihm missbraucht worden zu sein, bekam das Thema größere Aufmerksamkeit.
Mehrere ehemalige Mitglieder der Agentur schilderten daraufhin öffentlich, wie sie als Teenager von Kitagawa missbraucht worden seien. Kauan Okamoto etwa bekannte schon bei einer Pressekonferenz im April, dass er seit seinem 15. Lebensjahr bis zu 20 Mal von Kitagawa zum Sex gedrängt worden sei. Oft hätten die jungen Nachwuchskünstler in Gruppen in Kitagawas Wohnung übernachtet. Einer oder mehrere seien dann vom Agenturchef für die Nacht ausgewählt worden. Er selbst habe von Kitagawa Bargeld für Oralsex erhalten, so Okamoto weiter.
Wer von den Jungen intern Kritik übte, dem soll gesagt worden sein: "Wenn du groß herauskommen willst, musst du das in Kauf nehmen!"
sti/fab (afp, dpa, rtr)