Prädikat wertvoll, aber unpopulär
4. April 2002Deutsche Weine sind in den Gourmettempeln und Luxushotels der Metropolen weltweit wenig gefragt. Fast gleich lautend heißt es in den Spitzenrestaurants von Paris, Rom, Tokio, Moskau oder New York: Deutscher Wein hat kaum eine Bedeutung. Experten machen die deutsche Weinwerbung dafür verantwortlich. Billigprodukte wie "blue nun" schaden eher dem Ansehen als dass sie ihm nutzen.
London bildet die Ausnahme
Die einzige Weltstadt, in der deutscher Wein oft auf der Karte von Top-Hotels und Society-Restaurants steht, ist London. "Die Akzeptanz ist positiv steigend. Neu ist, es wird wieder trocken getrunken", sagt Bettina Stricker vom Informationsbüro für Deutschen Wein. Mosel, Rheingau und Rheinweine sind im Angebot. Der Weineinkäufer des Luxushotels Ritz bezeichnet den Stellenwert deutschen Weins als "fair". Allerdings liege er nach Franzosen und Weinen der "neuen Welt" an 3. Stelle.
In Paris sind deutsche Weine bei Kennern hoch angesehen - paradoxerweise aber selbst in den erstklassigen Restaurants an der Seine wenig präsent: Im "Lucas Carton" (drei Sterne im Michelin) oder "George Cinq" (zwei) oder auch bei Alain Ducasse finden sich vereinzelt deutsche Weine auf der Karte - allerdings werden sie selten bestellt. Im Wein-Paradies Frankreich dominieren die einheimischen Tropfen.
Fehlt die Nachfrage, fehlt auch das Angebot
In Belgien ist deutscher Wein kaum gefragt: "Unsere Gäste bestellen sehr selten deutschen Wein", sagt der Sommelier des Drei-Sterne-Restaurants "Comme Chez Soi" in Brüssel, William Wouters. In 99 Prozent aller Fälle werde französischer Wein verlangt. Auf der Weinkarte sind daher nur drei deutsche Weißweine und ein Rotwein zu finden - von insgesamt 2000 verfügbaren Weinen.
Auch in Rom ist es nach Auskunft von Chefs und Restaurantbesitzern ziemlich schwierig, deutsche Weine zu kaufen. Wegen fehlender Nachfrage fehle auch das Angebot. Der deutsche Starkoch Heinz Beck vom Gourmettempel "La Pergola": "Wir haben leider nur wenige deutsche Weine im Angebot, weil unsere Gäste lieber italienische Weine probieren möchten. Was Italiener sehr mögen, sind die deutschen Eisweine."
Bestellung drei Wochen im Voraus
In New Yorks führendem Hotel, Waldorf Astoria, steht derzeit gar kein Wein aus Deutschland auf der Karte. Nur wer dort eine Party geben will, kann ihn bestellen, allerdings wenigstens drei Wochen im Voraus. Im Grand Hyatt Hotel an der 42nd Street und dem Mariott Marquis Hotel am Broadway kommt deutscher Wein überhaupt nicht auf den Tisch.
In Moskau sind deutsche Weine kaum zu verkaufen. "Wir haben sie zwar auf unseren Speisekarten, doch wird kaum einer bestellt", sagt Matthieu Greppo, Restaurantchef des Baltschug Kempinski. Dagegen erfreuten sich Weine aus Chile oder Südafrika großer Beliebtheit.
In Japan wird der Gesamtmarkt für Importweine mit rund 60 Prozent klar von den Franzosen dominiert. Der Anteil deutscher Weine ist nach Angaben des Deutschen Weinfonds in Tokio in den vergangenen Jahren von rund einem Viertel auf acht bis zehn Prozent gesunken. Auch dort haben chilenische oder kalifornische Tropfen an Boden gewonnen. dpa/(pg)