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PolitikEcuador

Daniel Noboa: Hoffnungsträger für Ecuador?

Gabriel González Zorrilla
17. Oktober 2023

Seine Familie ist durch den Bananenhandel reich geworden. Politische Erfahrung kann Ecuadors neuer Staatspräsident Daniel Noboa dagegen kaum vorweisen. Wie will der 35-Jährige gegen die grassierende Gewalt vorgehen?

Präsidentschaftswahlen in Ecuador
Hoffnungsträger für Ecuador? Daniel Noboa und seine Ehefrau Lavinia Valbonesi Bild: Marcos Pin/AFP

Der jüngste Präsident Lateinamerikas kommt künftig aus Ecuador. Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt entschieden sich die Wähler in Ecuador am Sonntag für den 35-jährigen Kandidaten Daniel Noboa. Er ist zwei Jahre jünger als der bisherige Hoffnungsträger der sozialdemokratischen Linken in Lateinamerika, der chilenische Präsident Gabriel Boric. 

Daniel Noboa ist der Sohn von Alvaro Noboa, einem Wirtschaftsmagnaten und reichstem Mann des Landes, der selbst fünfmal für das Präsidentenamt kandidierte und fünfmal scheiterte. Sein Sohn hat es nun im ersten Anlauf geschafft.

Daniel Noboa selbst hatte verschiedene Positionen in der Noboa-Gruppe inne und war zuletzt gewählter Abgeordneter der Nationalversammlung. Seine Wahl zum Zweitplatzierten im ersten Wahlgang wurde in Ecuador allgemein als Überraschung gewertet, da ihm zu Beginn des Wahlkampfes von Experten und in ersten Umfragen kaum Chancen auf einen der vorderen Plätze eingeräumt worden waren. 

Mangelnde Erfahrung und fehlender Rückhalt im Parlament

Noboa verfügt über wenig politische Erfahrung und keine Kenntnisse in der Leitung öffentlicher Institutionen. Er trat als Kandidat der Acción Democratica Nacional (ADN) an, einem Wahlbündnis mehrerer Mitte-Rechts-Parteien. Diese Partei wird im neu gewählten Parlament nur 14 Abgeordnete stellen.

Wichtigste Oppositionskraft wird die linksgerichtete Partei Revolución Ciudadana sein, die sich den 50 Sitzen nähert, die sie im ersten Wahlgang von insgesamt 137 Abgeordneten gewonnen hat. Eine stabile Regierungsbasis sieht anders aus. 

Im Wahlkampf setzte Noboa auch auf sein junges AlterBild: Cesar Munoz/AP/picture alliance

Das Land steht vor vor enormen Herausforderungen: In nur zwei Jahren, von 2020 bis 2022, ist die Mordrate in Ecuador laut der Plattform Open Democracy um 245 Prozent gestiegen. Ecuador ist  damit von einem der friedlichsten zu einem der gewalttätigsten Länder der Region geworden.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Noboa erst bekannt, als er nach der Ermordung seines Konkurrenten Fernando Villavicencio in einer kugelsicheren Weste zu einer Fernsehdebatte erschien. Doch wofür steht Noboa eigentlich? Ist er ein verwöhnter Sonnyboy, wie ihn manche Medien darstellen, oder kann er als Politiker etwas bewegen in einem Land, das immer mehr in Gewalt versinkt?

"Obwohl Noboa seine politische Ausrichtung im Wahlkampf selbst als mitte-links definiert hat, steht er für eine unternehmerfreundliche und wertkonservative Politik und ist dem rechten Lager zuzuordnen", sagt Constantin Groll, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, gegenüber der DW.

Wichtig sei auch, dass Veronica Abad, die Vizepräsidentschaftskandidatin von Noboa, "offen extrem libertäre und konservativ-reaktionäre Positionen" vertrete. "Noboa hat es zwar vermieden, im Wahlkampf allzu oft mit ihr in Erscheinung zu treten. Dennoch ist ihre Rolle als 'Beschafferin' von Stimmen aus dem sehr konservativen Wählersegment nicht unerheblich", so Groll.

Mit etwa 82 Prozent war die Wahlbeteiligung am Sonntag hochBild: Gustavo Valiente/EUROPA PRESS/dpa/picture alliance

Sehr kurze Amtszeit

Noboa kann das Amt des Staats- und Regierungschefs ab Mitte Dezember allerdings nur rund 18 Monate ausüben - bis zum Ende der Amtszeit des amtierenden Präsidenten Guillermo Lasso im Mai 2025. Der Konservative hatte im Mai nach zwei Jahren im Amt das Parlament aufgelöst, als dieses wegen Unterschlagungsvorwürfen gegen ihn ein Amtsenthebungsverfahren einleitete.

Damit waren vorgezogene Neuwahlen notwendig geworden. Lasso verzichtete auch wegen katastrophaler Umfragewerte auf eine erneute Kandidatur.

Warum entschieden sich die Wähler trotz der enttäuschenden Erfahrungen mit dem Amtsinhaber erneut für einen Kandidaten aus dem rechten Lager? Noboas Rivalin, die Linkspolitikerin Luisa González, gehört zum linken Lager des wegen Korruption verurteilten Ex-Präsidenten Rafael Correa (2007-2017), der im belgischen Exil lebt. Offenbar, so vermutet Constantin Groll in Quito, hätten die Wähler dem linken Lager keine zukunftsweisenden Lösungen für das Land zugetraut. 

Jubel im Noboa-LagerBild: Maria Fernanda Landin/REUTERS

"Noboa ist es in seinem Auftreten, seinem Diskurs und seiner Ästhetik im Wahlkampf gelungen, sich als junge und vor allem neue Option für eine Politik jenseits der alten Grabenkämpfe zu präsentieren. Dies nicht zuletzt durch eine geschickte Kampagne in den sozialen Netzwerken und die Vermeidung frontaler Konfrontation", so Constantin Groll. 

Doch die kurze Amtszeit schränkt den Handlungsspielraum des neuen Präsidenten stark ein, meint Jorge Vicente Paladines, Strafrechtsexperte und Professor an der Zentraluniversität Ecuadors in Quito: "18 Monate sind eigentlich zu kurz, um das Wahlversprechen einzulösen, die Mordrate deutlich zu senken und das Grundproblem der Unsicherheit zu minimieren. 

Eine Befürchtung, die auch der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Quito teilt: "An der Sicherheitslage wird sich kurzfristig nur wenig ändern". Es sei wahrscheinlich, dass der Präsident versuchen wird, Reformen in der Sicherheitspolitik per Volksbefragung zu lösen - solche Vorhaben hatte er bereits im Wahlkampf angekündigt.

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