Präsident ohne Administration
27. Januar 2005
Die meisten Beobachter meinen, es sei logisch, dass Wiktor Juschtschenko noch im Flughafen vor seinem Abflug nach Moskau die wichtigsten Posten im Lande besetzte, da andernfalls der ukrainische Präsident sich Kandidaten-Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin hätte anhören müssen. Juschtschenko ernannte per Erlass Julija Tymoschenko zur amtierenden Regierungschefin, Petro Poroschenko zum Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates sowie Oleksandr Sintschenko zum Staatssekretär des Präsidenten der Ukraine. Außerdem löste Juschtschenko per Erlass die Präsidentenadministration auf.
Herber Schlag für Moskau
Der ukrainische Politikwissenschaftler Wiktor Neboschenko ist der Ansicht, dass die Ernennung von Julija Tymoschenko zur Premierministerin für Moskau einen herben Schlag darstellt. Im Hinblick auf die politische Zukunft zeigten die bisherigen Ernennungen, dass Juschtschenko radikale politische Veränderungen in Angriff nehme, so Neboschenko.
Spitzenposten gehen an „Revolutionsführer“
Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Korruptionsbekämpfung, Wolodymyr Stretowytsch, betonte im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass Tymoschenko, Poroschenko und Sintschenko Schlüsselpositionen im Staat besetzten, Ukrainer seien und zu den Führern der „Orange Revolution“ gehörten. Stretowytsch schloss aus, dass es zwischen Präsident Juschtschenko und seinen politischen Wahlkampf-Verbündeten nach den ersten Ernennungen nun zu Problemen kommt. Nach Ansicht des Abgeordneten wird man die Interessen der Sozialistischen Partei und der Partei der Industriellen und Unternehmer bei der Regierungsbildung berücksichtigen.
Korruptionsbekämpfung beginnt
Die Nachricht über die Auflösung der Präsidentenadministration begrüßte Stretowytsch ausdrücklich. Damit beginne Juschtschenko sein Versprechen einzulösen, das System der Korruption zu vernichten. Außerdem beginne er auf diese Weise, transparente und verantwortliche Entscheidungszentren zu bilden. „Außerdem werden die über 800 Staatsdiener, die jetzt nach der Auflösung der Präsidentenadministration arbeitslos werden, den Staatshaushalt um Dutzende Millionen von Hrywnja entlasten, die man im Gesundheitswesen oder für die Erhöhung von Gehältern und Sozialleistungen verwenden kann“, sagte Stretowytsch.
Aleksandr Sawizkij, Kiew
DW-RADIO/Russisch, 24.1.2005, Fokus Ost-Südost