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PolitikIran

Präsidentenwahl im Iran: Reformer Peseschkian gewinnt

6. Juli 2024

Massud Peseschkian wird der neue Präsident in Teheran. Der als moderat geltende Kandidat hat die Stichwahl am Freitag gewonnen. Steht der Iran jetzt vor einem Politikwechsel?

Massud Peseschkian umringt von Anhängern auf dem Weg ins Wahllokal in Schahr-e Qods (05.07.2024)
Reformer Peseschkian (auf dem Weg ins Wahllokal in Schahr-e Qods)Bild: Vahid Salemi/AP/picture alliance

Der eine Präsidentschaftskandidat ein Reformer, der andere ein Hardliner: Die Iraner haben sich für den Reformer entschieden. Bei der Stichwahl am Freitag hat sich der moderate Kandidat Massud Peseschkian gegen seinen erzkonservativen Konkurrenten Said Dschalili durchgesetzt - wenn auch knapp. Nach Angaben von Irans Wahlbehörde kam Peseschkian auf 53,7 Prozent der Stimmen, Dschalili, auf 44,3.

Er wolle seine Hand allen Iranern reichen, sagte Peseschkian um Vertrauen werbend am Morgen nach der Wahl im iranischen Staatsfernsehen. "Wir sind alle Menschen dieses Landes. Wir sollten jeden für den Fortschritt des Landes nutzen." Auch politische Konkurrenten seien Brüder.

Hardliner Dschalili bei der Stimmabgabe in Teheran (am Freitag)Bild: Majid Asgaripour/WANA/REUTERS

Angesichts der komplexen politischen Gemengelage und mächtigen Interessengruppen im Iran ist jedoch unklar, inwiefern vom Peseschkian tatsächlich ein signifikanter Kurswechsel zu erwarten ist. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von Anhängern, die den Wahlsieg des 69-Jährigen in den frühen Morgenstunden mit Hupkonzerten feierten. In der Hauptstadt Teheran waren die Reaktionen zunächst jedoch verhalten.

Wahlbeteiligung etwas gestiegen

Rund 61 Millionen Menschen waren am Freitag dazu aufgerufen, sich in der zweiten Abstimmungsrunde zwischen Peseschkian und Dschalili zu entscheiden. Das Innenministerium verlängerte die Möglichkeit zur Stimmabgabe mehrfach bis in die späten Abendstunden. Letztlich entschieden sich nach Angaben der Wahlbehörde in Teheran gut 16,4 Millionen Wahlberechtigte für den moderaten Kandidaten Peseschkian, etwa 13,5 Millionen für Dschalili.

Stimmenauszählung in einem Wahllokal in Teheran (am Freitag)Bild: Morteza Nikoubazl/NurPhoto/picture alliance

Die Wahlbeteiligung lag bei der Stichwahl bei rund 50 Prozent und war damit höher als in der ersten Runde vergangene Woche - in der sechs Kandidaten angetreten waren. Die historisch niedrige Wahlbeteiligung in der ersten Runde am 28. Juni von 40 Prozent hatten Kritiker und Experten als Misstrauensvotum gegen die Islamische Republik gewertet.

Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, weil der bisherige Präsident Ebrahim Raisi im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Dessen knapp dreijährige Regierungszeit war von großer politischer Repression, Protestwellen und einer Verschlechterung der Wirtschaftslage geprägt.

Soldat, Chirurg, Gesundheitsminister - jetzt Präsident

Wahlsieger Massud Peseschkian stammt aus dem Nordwesten des Iran. Nach Fronteinsätzen im Ersten Golfkrieg und einem Medizinstudium machte er zunächst als Herzchirurg in der Millionenmetropole Tabris Karriere. Während der zweiten Präsidentschaft Mohammed Chatamis (2001-2005) sammelte Peseschkian dann Regierungserfahrung als Gesundheitsminister.

Wie viele andere Politiker des Reformlagers fordert Peseschkian eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen, auch um das Land zu öffnen und die angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln. Im Wahlkampf bekundete er aber auch seine uneingeschränkte Loyalität zu Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat und der mächtigste Mann in der Islamischen Republik ist.

Der eigentliche Machthaber Ajatollah Ali Chamenei (am Freitag)Bild: Office of the Iranian Supreme Leader/WANA/REUTERS

Trotz seiner gemäßigten Rhetorik stellte er sich hinter die mächtigen Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, und lobte den jüngsten Angriff mit Drohnen und Raketen auf den Erzfeind Israel im April. In den Fernsehdebatten im Wahlkampf bezeichnete er sich selbst als wertkonservativen Politiker, der jedoch Reformen für notwendig hält.

Der Tod der jungen Kurdin Masa Amini im Herbst 2022 hatte monatelange landesweite Proteste gegen die Führung in Teheran entfacht. Peseschkian hatte die Regierung seines Vorgängers Raisi öffentlich für ihren Umgang mit dem Tod Aminis kritisiert, die wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen die strenge Kleiderordnung für Frauen in der Islamischen Republik festgenommen worden war.

Die Wahl fand vor dem Hintergrund erhöhter regionaler Spannungen wegen des Kriegs im Gazastreifen, eines Streits mit dem Westen über das iranische Atomprogramm und der Unzufriedenheit im Land über den Zustand der von Sanktionen betroffenen iranischen Wirtschaft statt.

Anders als in vielen anderen Ländern ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer, seit 1989 ist das Ajatollah Chamenei. Auch die Revolutionsgarden haben ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss in den vergangenen Jahrzehnten ausgebaut.

AR/pg (dpa, afp, rtr)

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