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Politik

Al-Sisis Wahlmaschinerie läuft sich warm

Bachir Amroune
6. Januar 2018

In knapp vier Wochen könnten die Ägypter aufgerufen werden, einen neuen Präsidenten zu wählen. Die Wiederwahl von Amtsinhaber Al-Sisi gilt als beinahe sicher. Gegenkandidaten bringen sich jedoch ebenfalls in Stellung.

Wahlen in Ägypten
Wahlen in Ägypten: noch hat Präsident Sisi nicht für eine zweite Amtszeit kandidiertBild: Ahmed Hamdy

Präsident Abdel Fattah al-Sisi macht es richtig spannend. Gemäß Verfassung könnte in Ägypten bereits am 7. Februar gewählt werden. Dass die Wahlkommission erst am 8. Januar die offiziellen Daten bekanntgeben will, spricht allerdings eher für ein späteres Datum. Das ägyptische Regime könnte versucht sein, die Zeit für die Wahlkampagnen so kurz wie möglich zu halten, damit etwaige Herausforderer wenig Gelegenheit haben, ihre Popularität zu steigern.

Tatsächlich wollen die Machthaber nichts dem Zufall überlassen. Die Staatsmedien stehen bereit, den omnipräsenten Präsidenten noch massiver als bisher in den Vordergrund ihrer Berichterstattung zu setzen. Sobald die offiziellen Eckdaten für die Wahlen bekannt sind, soll entsprechend eines von der Presseabteilung des Präsidentenamts erstellten Plans täglich über Sisis Eröffnung von neuen Fabrikanlagen im ganzen Land und über seine im sogenannten Kampf gegen den Terror hart errungenen Siege berichtet werden.

Gerade recht kommt auch, dass der Ausnahmezustand am 2. Januar um weitere zwei Monate verlängert wurde. Dadurch können weiter Medien zensiert, Organisationen verboten, Bürger abgehört und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. 

Angst vor Legitimitätsdefizit

Eigentlich dürfte einer Wiederwahl Sisis somit nichts im Wege stehen und vordergründig scheint auch alles für ein ähnlich erdrückendes Ergebnis wie beim vergangenen Urnengang vor knapp vier Jahren (fast 97 Prozent der Stimmen) zu sprechen. Noch hat Sisi offiziell nicht seine Kandidatur bekannt gegeben.

Angesichts der katastrophalen Bilanz in Wirtschafts- und der Sicherheitsfragen ist diesmal ein anderes Ergebnis möglich. Das ägyptische Pfund hat extrem an Wert verloren, staatliche Subventionen auf Energie und Grundnahrungsmittel wurden stark gekürzt. Die Mittelschicht ächzt unter den explodierenden Preisen, von dem Drittel der Bevölkerung, der unter der Armutsgrenze lebt, ganz zu schweigen. Mehr als Durchhalteparolen hat Sisi nicht anzubieten. 

In der sogenannten Terrorismusbekämpfung sieht es ähnlich düster aus: Spektakuläre Anschläge mit bis zu 300 Toten häufen sich, Kirchen mitten in Kairo werden angegriffen und der Aufstand der einheimischen Beduinenbevölkerung im Sinai nimmt bürgerkriegsähnliche Züge an. Dass das Regime bei der Befriedung der strategisch wichtigen Region ausschließlich auf militärische und polizeiliche Mittel setzt, die unbeteiligte Zivilisten in Mitleidenschaft ziehen, lässt die Situation noch weiter eskalieren.

Die Gegner

Anders als 2014 hat die Opposition diesmal früh ihre Geschütze in Gestalt von Gegenkandidaten in Position gebracht.

Ein ernstzunehmender Herausforderer ist Chalid Ali. Der Anwalt sorgte im vergangenen Januar für viel Aufsehen, weil er erfolgreich gegen einen umstrittenen Deal Sisis mit den Saudis geklagt hatte. Dieser sah vor, die zwei strategisch an der Mündung des Golfs von Aqaba gelegenen Inseln Tiran und Sanafir Saudi-Arabien zu überlassen. Dass die nicht gerade für ihre Unabhängigkeit berühmte ägyptische Justiz Chalid Ali zu diesem ungewöhnlichen Sieg über den mächtigsten Mann im Land verhalf, lässt mutmaßen, dass er bei seiner Kandidatur im November nicht ohne Rückendeckung dasteht.

Anwalt Khaled Ali feiert seinen Sieg vor Gericht gegen Präsident SisiBild: Getty Images/AFP/M. El-Shahed

Doch Alis Kandidatur steht auf der Kippe. Ende September hat ihn ein Gericht in Kairo zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung und einer Geldstrafe von 50 Euro verurteilt. Der Grund: während seiner Siegerpose im Januar soll er den Mittelfinger gezeigt haben, was das Gericht als Erregung öffentlichen Ärgernisses wertete. Weil Chalid Alis Berufungssitzung auf den 7. März verschoben wurde, könnte er formal für die Wahl kandidieren. Denn erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung würde er ausgeschlossen, erklärte sein Anwalt. Amnesty International wertete das Urteilt gegen Chalid Ali als politisch motiviert und als Versuch der ägyptischen Behörden, jeden Rivalen zu eliminieren, der Präsident Sisis Wiederwahl im Weg stehen könnte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Verurteilung bei guten Zustimmungswerten während der Kampagne nachgereicht wird und Ali kurz vor den Wahlen disqualifiziert wird.

Interner Herausforderer

Sisi richtig gefährlich werden könnte Ahmed Schafik. Als die Januarrevolte 2011 ausbrach, wurde der ehemalige Luftfahrtminister von Mubarak zum Regierungschef genannt, um die Straße zu beruhigen. Später schaffte er es als Kandidat des alten Regimes in die Stichwahl gegen den Kandidaten der Muslimbrüder und späteren Präsidenten, Muhammad Mursi, und unterlag knapp mit 48 Prozent. Ihm wird eine Nähe zur reichen Oligarchie um Mubaraks Söhne Ala und Gamal nachgesagt, die im internen Machtkampf mit Sisi immer noch versucht, ihre alte Stärke zurückzuerlangen. Als ehemaliger Luftwaffengeneral hat Schafik aber auch großen Halt im Militär.

Ex-Premier General Ahmad Shafiq will seine Kandidatur gegen Sisi überdenken.Bild: picture-alliance/dpa/K. Elfiqi

Dieser unberechenbaren Herausforderung will sich Sisi auf keinen Fall stellen. Als Schafik von seinem Wahlexil in den Emiraten seine Kandidatur bekanntgab, wurde er laut seiner Anwältin von den dortigen Verbündeten Sisis festgenommen und anschließend in einem Privatjet nach Ägypten ausgeliefert. In Ägypten verkündete er, seine Kandidatur nochmal zu überdenken. Seine Familie behauptet, er stünde in einem Kairoer Luxushotel unter Hausarrest. Seitdem ist es still geworden um ihn. Bis Medien ihn wieder ins Gespräch brachten und berichteten, dass er am vergangenen Dienstag unter strenger Bewachung an einer Trauerfeier in einer koptischen Kirche in Kairo teilgenommen habe. Dass Schafik aus der medialen Verbannung zurückkehren konnte, spricht dafür, dass das letzte Wort zu seiner Kandidatur noch nicht gesprochen ist.

Von Gabriel gelobt

Das Zünglein an der Waage im internen Machtkampf des Regimes könnten Sisis europäische Verbündete sein. Ende Oktober besuchte er Paris und schloss mit Präsident Macron einen Waffendeal in Wert von sechs Milliarden Euro, der unter anderem die Lieferung von modernen Kampfflugzeugen und Überwachungssoftware vorsieht.

Auf seine Verbündeten im Westen kann sich Sisi verlassenBild: Reuters/P. Wojazer

Berlin genehmigte allein 2017 etwa eine halbe Milliarde Euro an Waffenexporten nach Ägypten, so viel wie nie zuvor. Außerdem unterzeichneten beide Seiten im vergangenen August ein Abkommen zur Migrationsbekämpfung. Wie gut die Chemie zwischen beiden Regierungen ist, lässt sich an Außenminister Siegmar Gabriels Lob an die Adresse von Sisi ablesen. Bei seinem Kairobesuch im April 2016 sagte er seinen ägyptischen Gesprächspartnern, sie hätten einen beeindruckenden Präsidenten. 

Menschenrechtsorganisationen machen eine andere Rechnung auf: seit Sisis blutigem Putsch im Juli 2013 sollen etwa 60.000 Menschen aus politischen Gründen verhaftet worden. Allein in den vergangenen zwei Jahren seien etwa 100 Gefangene hingerichtet worden, 1700 Menschen würden vermisst.

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