Neun Monate lang mussten Prag-Touristen auf die berühmte astronomische Uhr am Altstädter Rathaus verzichten. Seit Freitag, 28. September, ist der jahrhundertealte Mechanismus wieder in Gang gesetzt.
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Seit Freitag, 28. September, bewegen sich in der Prager Altstadt die Apostelfiguren und Zeiger des historischen Uhrwerks aus dem Jahr 1410 wieder vor den Augen der Öffentlichkeit. Zu jeder vollen Stunde zeigen sich die Figuren der zwölf Apostel wieder wie gewohnt am Türchen. Auf dem Platz vor dem Rathaus bildet sich regelmäßig eine Menschentraube mit Besuchern aus aller Welt. Der Uhrenexperte Petr Skala und weitere Restauratoren haben den "Orloj", so der Name auf Tschechisch, seit Januar genauer unter die Lupe genommen. Dabei gab das Wunderwerk der Kunst und Mechanik einige Geheimnisse preis, den Fachleuten aber auch neue Rätsel auf. Versteckt in verputzten Nischen unter der Kalenderscheibe fanden die Restauratoren Steinfiguren von Tieren - einen Raubvogel, eine Eule und einen Hund ohne Kopf, der mit dem Rücken zum Betrachter sitzt. Man geht davon aus, dass sich die kleinen Skulpturen dort seit Jahrhunderten befinden. "Ich denke, dass die Steinmetze damit ihre persönlichen Gefühle hineincodiert haben", sagte Restaurator Skala. "Die Ornamente aus der Spätgotik sind alle sehr esoterisch und alchemistisch."
Er sei erschöpft wie nach einem Marathon, berichtete Skala. "Heute glänzt das Uhrwerk im Inneren wie ein Edelstein. Es ist herrlich, das Eisen aus der Gotik ist sauber bis auf den Grund", erzählt der 72-Jährige stolz. Den unpassenden elektrischen Antrieb aus der Nachkriegszeit hat Skala durch Seiltrommeln, Hanfseile und Steingewichte ersetzt.
Ganz neu ist die Kalenderscheibe, die als das Herzstück des Technik-Wunderwerks gilt. Ein Künstler fertigte eine neue, originalgetreue Kopie des Kalenderzifferblatts des böhmischen Malers Josef Manes aus dem 19. Jahrhundert an, das sich im Prager Stadtmuseum befindet. An ihm können Monate und Sternzeichen sowie der kirchliche Heiligenkalender abgelesen werden.Die berühmte Prager Uhr gilt als wahrscheinlich älteste astronomische Uhr der Welt, die noch in Betrieb ist. Sie zeigt unter anderem auch die Mondphasen an. Die erste Grundrestaurierung seit Jahrzehnten fand einer Legende zum Trotz statt, die besagt, dass dem Land Krieg und Unheil droht, falls die Uhr eines Tages stehen bleiben sollte.
Michael Heitmann (dpa)
Zeitumstellung: Die schönsten Uhren Europas
Wer hat an der Uhr gedreht? In der Nacht zum Sonntag wurden die Uhren in Europa um eine Stunde zurückgestellt. Auch öffentliche Uhren zeigen dann die "Winterzeit". Hier einige der schönsten Exemplare in Europa.
Bild: DW
Big Ben, London
Der berühmteste Uhrenturm Europas steht in London. Big Ben ist allerdings nur der Spitzname des Turms, der eigentlich Elizabeth Tower heißt. Big Ben bezeichnet korrekterweise die größte und schwerste der fünf Glocken. Jede Stunde ertönt "The Voice of Britain". Nur an besonderen Feiertagen gibt's eine Ausnahme.
Bild: DW
Rathausuhr, Prag
Die Astronomische Uhr am Prager Rathaus von 1410 ist ein Meisterwerk gotischer Technik. Eine Legende besagt, dass dem Erbauer nach Fertigstellung die Augen ausgestochen wurden, damit die Uhr auf der Welt einmalig bliebe. Mit ihrem Figurenspiel der zwölf Apostel erfreut sie die Besucher in der Prager Altstadt.
Bild: Micha Korb/picture alliance
Weltzeituhr, Berlin
Die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz ist neueren Datums. Sie wurde zu DDR-Zeiten von dem Industriedesigner Erich John gestaltet. Seit 1969 ist sie ein beliebter Treffpunkt für Berliner und Touristen. Ganz oben befindet sich ein vereinfachtes Modell des Sonnensystems, auf dem Zylinder darunter kann die Zeit in den 24 Zeitzonen der Erde abgelesen werden.
Bild: Marcel Ibold/CHROMORANGE/picture alliance
Uhr der fließenden Zeit, Berlin
Eine weniger bekannte, dafür aber umso interessantere Uhr steht im Europa-Center. Das 13 Meter hohe Chronometer aus dem Jahr 1982 erstreckt sich auf über drei Etagen. Hier kann man beobachten, wie die Zeit dahinfließt. Der Stand der grünen Flüssigkeit in den großen Kugeln links zeigt die Stunden an, die kleinen Kugeln rechts die Minuten.
Bild: picture-alliance/Eibner-Pressefoto
Zytglogge, Bern
Wenn es um Uhren geht, darf die Schweiz nicht fehlen. Der Zytglogge, also der Zeitglockenturm aus dem Jahr 1530 ist das Wahrzeichen der Bundesstadt Bern. Immer zur vollen Stunde können Touristen das Figurenspiel mit dem goldenen Stundenschläger, dem Hahn und Chronos, dem Gott der Zeit, erleben.
Bild: picture-alliance/dpa/Sputnik/A. Filippov
Astronomische Uhr, Straßburg
Auch diese Uhr im Inneren des Straßburger Münsters wurde von Schweizer Uhrmachern gebaut. Sie ist ein Meisterwerk der Renaissance. Täglich um 12.30 Uhr setzen sich die Figuren in Bewegung. Zu sehen sind die Apostel und die vier Lebensalter, personifiziert als Kind, Jugendlicher, Erwachsener und Greis. Sie alle ziehen am Tod vorbei.
Bild: picture-alliance/Arco Images GmbH/G. Lenz
Kuckucksuhr, Triberg
Kuckucksuhren sind neben Bollenhut und Kirschtorte die Botschafter des Schwarzwaldes im Südwesten Deutschlands. Kein Wunder also, dass hier die größte Kuckucksuhr der Welt zu finden ist. Und zwar in Triberg. Das Uhrwerk allein wiegt sechs Tonnen! Auch der Kuckuck kann sich sehen lassen - zur vollen und halben Stunde ruft der viereinhalb Meter große Holzvogel aus seinem Fenster im ersten Stock.
Bild: Stadtverwaltung Triberg
Rathaus-Glockenspiel, München
Pünktlich um 11 und 12 Uhr haben die Figuren des Glockenspiels im Münchner Rathaus ihren großen Auftritt. Die lebensgroßen Figuren stellen zwei Ereignisse aus der Stadtgeschichte dar: die Hochzeit von Herzog Wilhelm V. im Jahr 1568 und den Tanz der Fassmacher nach einer schweren Pestepidemie. So historisch das Glockenspiel auch ist, betrieben wird es ganz modern mit Solarenergie.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth
Ankeruhr, Wien
Wiens bekannteste Uhr wurde vom Jugendstilmaler Franz Matsch entworfen. Im Laufe von zwölf Stunden fahren zwölf Kupferfiguren aus der Geschichte Wiens über die Brücke. Um 12 Uhr mittags paradieren bei Musikbegleitung alle Figuren. Mit dabei Kaiserin Maria Theresia und Komponist Joseph von Haydn. Im Advent erklingen um 17 und 18 Uhr Weihnachtslieder.
In Österreich hat es auch diese Uhr zu Berühmtheit gebracht: der Grazer Uhrturm, weithin sichtbar auf dem Schlossberg platziert. Das Besondere: Hier sind Stunden- und Minutenzeiger vertauscht. Denn ursprünglich gab es nur einen großen Zeiger für die Stunden, damit man ihn auch in der Ferne erkennen konnte. Später kam dann erst der kleine Minutenzeiger hinzu.
Bild: picture-alliance/dpa/Votava
Torre dell'orlogio, Venedig
Die Astronomische Uhr auf dem Markusplatz zeigt nicht nur die Uhrzeit an, sondern auch das gerade aktuelle Tierkreiszeichen sowie die Mond- und Sonnenphasen. Bis zur letzten Renovierung 1998 lebte noch der "Temperatore", also der Turmwächter, mit seiner Familie im Turm. Seit 2006 wird die Uhr digital überwacht.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Engelhardt
Haus der Magie, Blois
Eine richtige Uhr ist das hier zwar nicht, aber pünktlich sind die Drachenköpfe in der französischen Stadt Blois trotzdem. Alle halbe Stunde zeigen sie sich an den Fenstern und bewegen sich furchteinflößend. Hinter der Fassade befindet sich ein Museum, das einen Blick in die Geschichte der Zauberei wirft. Denn in Blois wurde 1805 der Zauberkünstler Jean Eugène Robert-Houdin geboren.