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Nach Musharraf

19. August 2008

Musharrafs Nachfolger müssen dafür sorgen, dass Pakistan nicht zur Gefahr für die Welt wird, meinen Kommentatoren. Vielleicht werde Musharraf auch eines Tages wieder an die Macht zurückkehren.

Themenbild Presseschau
Bild: DW

"The Independent" aus London

"Wenn es Hoffnung für Pakistan gibt, dann liegt sie in der stärker werdenden pakistanischen Mittelschicht mit ihrer meinungsfreudigen Presse, die eine ehrliche und effiziente Regierung fordern wird. Außerdem sollte daran erinnert werden, dass entgegen des verbreiteten Bildes über das Land die überwältigende Mehrheit der Pakistaner keine fundamentalistischen religiösen Parteien will. Wenn die politischen Führer sich zu einer klugen Regierungsführung entschließen, kann es mit dem Land aufwärtsgehen. Man kann die geopolitische Bedeutung Pakistans nicht genug betonen. Diese Atommacht liegt in einer der unruhigsten Regionen dieser Welt. Wir müssen hoffen, dass die Nachfolger von Präsident Musharraf es schaffen, das Land vom Rand des Abgrunds zurückzuführen."

"Die Presse" aus Wien

"Mit dem Abgang des langjährigen Generalstabschefs ist der erste Schritt getan, der Pakistan aus der Dauerkrise führen könnte. Musharraf, vorgeblich ein enger Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terror, war längst zu einer Belastung für alle geworden: Er zeigte zuletzt wenig Respekt für die demokratischen Institutionen des Landes, die unabhängige Justiz oder die Bürgergesellschaft und versagte letztlich im Kampf gegen die militanten Islamisten. Musharraf bleibt nur noch, möglichst sein Gesicht zu wahren. Denn der Ex-General und nun auch Ex-Präsident weiß wohl zu genau, dass in der pakistanischen Politik eine Rückkehr niemals ausgeschlossen ist. Nawaz Sharif war Premierminister, bevor er nach Saudi-Arabien exiliert wurde – heute ist er wieder einer der Strippenzieher in Islamabad. Darf also auch Musharraf auf eine Wiederkehr an die Macht hoffen – irgendwann, in ein paar Jahren?"

"NRC Handelsblad" aus Den Haag

"Mit Musharrafs Rücktritt ist Pakistan seine Sorgen nicht los. Die jetzige Regierungskoalition, die von der Volkspartei der seligen Benazir Bhutto und der Muslimliga von Ex-Premier Nawaz Sharif getragen wird, ist von Anfang an eigentlich nur über eines einig gewesen: Den Rückzug Musharrafs. Jetzt ist der Weg zum Bruch zwischen beiden wieder frei. Pakistan kann sich einen solchen andauernden politischen Machtkampf aber nicht erlauben. (...) Auch wenn US-Außenministerin Rice betonte, dass sein Abschied eine innenpolitische Angelegenheit sei, muss Washington sich gehörig Sorgen machen über den Staat, den Musharraf hinterlässt. Im "Krieg gegen den Terror" ist Pakistan ein wankender Frontstaat geworden. Die heutige Regierung des Landes ist zu schwach und zu zerstritten, um das schnell zu ändern. Dadurch ist Pakistan dabei, ein Risiko für den Rest der Welt zu werden."

"La Repubblica" aus Rom

"Die Ära von Pervez Musharraf – einem postmodernen Diktator und doppelgesichtigen Alliierten – ist gestern Morgen auf die gleiche Weise zu Ende gegangen, auf die sie vor neun Jahren begonnen hatte: Mit Szenen unbändiger Freude. Der Präsident hat sich auf seine übliche Art verabschiedet: Mit einer wohlklingenden und kraftvollen Fernsehansprache. (...) Schuldig ist er vor allem, weil er den Taliban gegenüber so mild war und der Illusion gefolgt ist, diese als Instrument der Vorherrschaft Pakistans über Afghanistan zu benutzen. Aber dieses rüde Spiel hat sich am Ende gegen Islamabad gewandt: Weil sie geduldet waren, haben sie (die Taliban) sich große Gebiete Pakistans zu eigen gemacht, und es wird schwer sein, sie von dort zu vertreiben. Musharraf hatte dies bereits versucht, aber wie immer auf seine zwei- und dreiseitige Art. Der künftige Präsident kann es kaum schlechter machen als dieser gefürchtete Alliierte im genialen 'Krieg gegen den Terrorismus'."

"Neue Zürcher Zeitung" aus Zürich

"Musharraf war ein Militärdiktator, aber nach Ansicht von Beobachtern war er einer der besseren Sorte. Manche sagen sogar, er war über Jahre einer der besten Führer, die das bitterarme Land je hatte. Er propagierte einen modernen und moderaten Islam und sah sich selbst als eine Art pakistanischer Atatürk. Er begann Wirtschaftsreformen, unter ihm blühten die Medien zunächst auf und er stärkte die Rechte von Christen und Frauen. Doch vor rund einem Jahr begann sein schleichender Niedergang. Musharrafs Tragödie ist, dass er den rechten Moment verpasste, in Würde zu gehen. Besessen von dem Glauben, nur er könne sein Land retten, verrannte er sich am Ende immer mehr."

"La Charente Libre" aus Angoulême

"Damit Musharraf fällt, bedurfte es nur noch einer Geste des amerikanischen Freundes. Und die Geste kam: Amerika hat nicht mal den kleinen Finger gerührt. 'Innere Angelegenheiten' eines Landes, merkte das Weiße Haus gestern sogar in vollendetem Zynismus an. (...) Abgesehen von dieser Goldmedaille der Scheinheiligkeit und der Tatsache, dass die Verdrängung eines Diktators immer eine gute Nachricht ist, kann man jetzt bloß die Zukunft und die Gefahr der Destabilisierung dieses Landes prüfen, von dem man nicht vergessen darf, dass es die Atombombe besitzt. Dass heute in Islamabad eine Zeit der Unsicherheit beginnt, während die Lage in Georgien und die atomaren Drohungen Teherans weiterhin als gefährliche Fragezeichen über unseren Köpfen schweben, gibt kaum Anlass zu Begeisterung."

"El Mundo" aus Madrid

"Die Rache ist der Motor der pakistanischen Politik. Der Rücktritt von Musharraf bedeutet einen klaren Sieg für dessen Rivalen, die sich damit für all die Unannehmlichkeiten revanchieren, die der Präsident ihnen bereitet hatte. Musharraf war der Hauptalliierte der USA im Kampf gegen den Terror in der Region. Er sträubte sich jedoch gegen demokratische Reformen. Zudem erwies er sich als unfähig, die Taliban zu bekämpfen, die im Grenzgebiet zu Afghanistan ungehindert ihr Unwesen treiben. Für die Weltgemeinschaft steht in Pakistan viel auf dem Spiel. Der Westen muss alles daran setzen, eine Stabilisierung und Demokratisierung des Landes zu

erreichen." (det)

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