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Pressestimmen von Donnerstag, 20. Juni 2002

zusammengestellt von Martin Muno19. Juni 2002

Etatentwurf der Regierung //Empfindliche Strafe für Deutsche Post

Im Blickpunkt der Kommentatoren steht an diesem Donnerstag das Straf-Verdikt der EU gegen die Deutsche Post und der Haushaltsentwurf der Bundesregierung.

Dazu schreiben die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN:

"Das Kabinett habe einen Haushalt der Vernunft und der Verantwortung verabschiedet, lobte der Kanzler gestern. Verglichen mit der Situation vor vier Jahren, beim Machtwechsel, ist das zweifelsohne richtig. Damals musste Theo Waigel noch knapp 29 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Nachfolger Eichel kommt mit etwas mehr als 15 Milliarden aus. Dieser Ruhm allerdings ist flüchtig. Noch immer gibt der Staat jeden vierten Steuereuro für den Schuldendienst aus. Kein Finanzminister kann damit zufrieden sein."

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Potsdam kritisiert:

"Eichels Trick ist der Verkauf von Telekom-Aktien an die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die dann an seiner statt auf bessere Zeiten an der Börse warten muss und damit bei pingeliger Lesart eine Art Schattenhaushalt aufmacht. Auch rechnet der Finanzminister mit wohlwollenden wirtschaftlichen Rahmendaten, die bislang noch stets nach unten korrigiert werden mussten. Dennoch ist das Bemühen Eichels um eine Konsolidierung der Staatsfinanzen unübersehbar."

Das sieht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG ähnlich:

"Eichel greift also wie schon Vorvorgänger Waigel - wenn auch noch nicht ganz so tief - in die finanzpolitische Trickkiste, um seinen Kurs zu halten. Auch dies ist ein Grund dafür, dass sein Glanz ein wenig nachgelassen hat. Ein anderer - schwerwiegenderer - ist, dass vielen in den eigenen Reihen die Richtung nicht mehr passt. Die Gewerkschaften, die über ein beachtliches Wählerpotenzial verfügen, sind schon lange Eichel-kritisch. Erst recht vor Wahlen ist deshalb die Versuchung groß, die staatlichen Füllhörner ohne Rücksicht auf die Kassenlage auszuschütten. Es ist gut, dass Eichel widerstanden hat."

Themenwechsel: Die Deutsche Post muss nach dem Willen der EU-Kommission Beihilfen in Höhe von 572 Millionen Euro an den Bund zurückzahlen. Das Unternehmen habe seinen Paketdienst mit Einnahmen aus dem monopolisierten Briefgeschäft subventioniert, hieß es zur Begründung.

Dazu schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Wie viele andere ehemalige Monopolisten neigt offenbar auch die Post dazu, ihre unterschiedlichen Geschäftsfelder so miteinander zu vermengen, dass den privaten Konkurrenten leicht die Luft ausgeht. Nur wenn der noch immer vom Monopol geschützte Briefdienst säuberlich von den übrigen Tätigkeiten getrennt wird, lassen sich Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, auf den Vorwurf des Monopolmissbrauchs zu reagieren und die Rückzahlung in die Wege zu leiten. Vielleicht lässt sich ein Teil davon über eine Senkung des Briefportos begleichen; dann könnten sich die Postkunden bei Kommissar Monti bedanken. Aber allein aus der Portokasse kann die Post die Strafe nicht bezahlen."

In der HEILBRONNER STIMME lesen wir:

"Blaue Briefe aus Brüssel mag keiner. Der teure Rüffel ist eine Rekordstrafe für einen besonders groben Wettbewerbs-Verstoß. Der Konzern mit dem Posthorn hat zu lange beharrlich ignoriert, dass die EU Beweise dafür sammelt, wie man in Deutschland lästige Konkurrenz beim Paketgeschäft ausbremst: Indem der gelbe Riese mit seinem hohen Briefporto die roten Zahlen aus dem Niedrigtarif für Großkunden wie Quelle & Co. auffängt - eine von Berlin als Miteigner geduldete, aber verbotene Quersubventionierung. Selbst wenn die Post jetzt den Brief zähneknirschend verbilligte, um die Strafe 'abzuarbeiten' - das 'Schreib mal wieder' wird damit nicht günstiger. Denn die Millionen-Zeche zahlt der Kunde über seine Steuergroschen und einen noch 'schlankeren' Post-Service."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG meint dagegen:

"Die EU-Kommission gegen die Deutsche Post oder gegen Deutschland? Nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Monate zwischen Berlin und Brüssel drängt sich der Verdacht auf, dass ein Exempel statuiert werden soll. Die Kommission verurteilt eine Praxis, die in anderen Ländern üblich ist. Erst vor kurzem hat die Behörde ein Beihilfeverfahren gegen die italienische Post abgeschlossen - ohne Rückzahlungsverpflichtung. In der Sache argumentiert Wettbewerbskommissar Monti allerdings richtig. Wenn die Post ihren Paket- und Frachtdienst mit Gewinnen aus ihrem Briefmonopol querfinanziert hat, konnte sie private Zusteller über den Preis vom Markt drängen."