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Pressestimmen von Freitag, 2. Dezember 2005

Eleonore Uhlich1. Dezember 2005

Arbeitslosenzahl gesunken / Leitzinsen der EZB angehoben

Im Blickpunkt der Kommentare in den deutschen Tageszeitungen steht der Arbeitsmarktbericht. Danach ist die Zahl der Arbeitslosen im Monat November -anders als saisonüblich- gesunken. Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm resümiert:

"Kaum im Amt, können sich Angela Merkel und Franz Müntefering über überraschend günstige Arbeitsmarktdaten freuen. Nur, überbewerten sollten die Unions-Kanzlerin und ihr sozialdemokratischer Vize den Rückgang der Zahl registrierter Erwerbsloser nicht. ... Fast nur Mini-Jobs oder Ein-Euro-Stellen sorgen für Bewegung am Arbeitsmarkt. Bei regulären Arbeitsplätzen herrscht nach wie vor Flaute. Ihr Angebot geht selbst im Südwesten weiter zurück, der noch immer über den relativ stabilsten Arbeitsmarkt republikweit verfügt. Im Klartext: Von einer konjunkturellen Entspannung am Arbeitsmarkt ist weiter nichts zu sehen."

Das HAMBURGER ABENDBLATT analysiert:

"Vor allem die so umstrittene Agenda 2010 der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder hat allem Anschein nach richtige arbeitsmarktpolitische Weichen gestellt. Diese Weichenstellung sollte die neue Bundeskanzlerin Angela Merkel nun beibehalten. Für eine echte Trendwende zu mehr Beschäftigung wird das aber nicht reichen. Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen neue Jobs entstehen sollen. Dieser Rahmen ist wohl noch ausbaufähig - etwa auf dem Feld der Unternehmenssteuern oder der Arbeitskosten."

Die BERLINER ZEITUNG rät, die Strukturreform voranzutreiben, und führt aus:

"Die geplante Senkung der Lohnnebenkosten ist ein erster richtiger Schritt, dem weitere folgen müssen. Die Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt müssen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden und nachgesteuert werden. Dringend muss sich die Regierung darüber Gedanken machen, wie Arbeitsplätze im unteren Lohnbereich geschaffen werden können. Wenn sie dort voran kommt, kann sie den Weg zur
Trendwende am Arbeitsmarkt ebnen im Jahr 2006."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommt zu folgendem Fazit:

"Deutschland darf sich freuen, dass am Arbeitsmarkt wie in der Wirtschaft nicht mehr alles nur schwarz und düster aussieht. Es gibt positive Zeichen, bei der Beschäftigung ebenso wie bei der Konjunktur. Darauf könnte die neue Regierung bauen. Stattdessen zeigt sie sich aber fest entschlossen, mit der Axt einen Weg zu geringeren Haushaltsdefiziten zu schlagen. Ändert sich der Kurs nicht, dürfte spätestens 2007 das ausgesprochen zarte Pflänzchen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktbelebung wieder zertreten sein."

Die Europäische Zentralbank hat erstmals seit fünf Jahren den Leitzins angehoben. Für die meisten deutschen Tageszeitungen kein Grund zur Besorgnis. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt fest:

"In der Geldpolitik gibt es -anders als sonst in der EU- keinen Kuhhandel. Die maßvolle ... Zinserhöhung der EZB ... ist gut begründet. Wichtig ist, dass die EZB keine Serie von Zinsschritten angekündigt hat; sie schließt weitere Veränderungen allerdings auch nicht aus. Die Gründe für die schwache Binnenkonjunktur müssen die drei größten Volkswirtschaften des Euro-Raums bei sich suchen. An der Wirtschaftsschwäche Italiens, Frankreichs und Deutschlands ist nicht die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank schuld."

Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN beurteilen die Gründe für den Zinsanstieg:

"Mit ihrer leichten Erhöhung des Leitzinses auf 2,25 Prozent hat die Europäische Zentralbank ein deutliches Zeichen gegen jüngste Inflationstendenzen gesetzt. Preissteigerungen oberhalb der Zwei- Prozent-Marke sind für die Währungshüter ein Signal, die Notbremse zu ziehen und das ist gut so. Ansonsten drohen hohe Inflationserwartungen in Europa, die einmal aufgekommen schwer wieder einzudämmen sind. Der Zinsschritt bedeutet, weil er bescheiden ausgefallen ist, kein Risiko für die aufkeimende Konjunkturbelebung."

Die Münchener ABENDZEITUNG kommt zu dem Schluss, die Zinserhöhung sei zwar nicht nötig gewesen, sie schade aber auch nicht. Der Kommentator führt aus:

"Tatsächlich hätte Trichet ohne Weiteres auf die Erhöhung verzichten können. Die Teuerung im Euroraum ist zwar relativ hoch und es ist Aufgabe der Zentralbank, sie im Griff zu halten. Aber die hohe Inflation hat vor allem mit hohen Preisen fürs Öl zu tun. Und auf dem Ölmarkt hat sich die Lage zuletzt deutlich entspannt. Dass die Zinsen dennoch steigen, ist aber kein Beinbruch. Noch immer können sich die Firmen ihr Geld für Investitionen äußerst günstig besorgen. Und auch den Verbrauchern tut die Erhöhung kaum weh: Wer sich Geld leihen muss, kriegt es billig. Wer anlegen will, bekommt ein bisschen mehr dafür als bisher."

Die in Ulm erscheinende SÜDWEST PRESSE schließlich merkt kritisch an:

"Die Konjunktur steht nach wie vor auf schwachen Beinen, die Arbeitslosigkeit ist hoch, neue Jobs entstehen kaum. Im Gegenteil: Selbst rentable Unternehmen - siehe Dresdner Bank - streichen weiter kräftig Arbeitsplätze. Kein Wunder, dass sich der private Konsum dahinschleppt, dass Vertrauen bei Verbrauchern und Managern nicht besonders ausgeprägt ist. ... allein das Signal einer wieder schärferen Geldpolitik hätte der Eurotower nicht gerade jetzt aussenden müssen."