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Politik

US-Wahl: "Katastrophe wurde abgewendet"

Mirjam Benecke mit Agenturen
8. November 2020

Leicht wird es der neue US-Präsident nicht haben. Da ist sich die internationale Presse nach dem Wahlsieg Joe Bidens einig. Die große Frage: Wird es ihm gelingen, das Land wieder zu einen?

USA Freude über den Wahl-Sieg Joe Bidens
Bild: picture alliance/Kyodo

Tränen steigen dem CNN-Kommentator Van Jones in die  Augen, als er kurz nach dem Wahlsieg Joe Bidens nach seiner Einschätzung gefragt wird. "Es ist einfacher, heute Morgen ein Elternteil zu sein", sagt Jones mit brüchiger Stimme. "Es ist einfacher, seinen Kindern zu sagen, dass es auf den Charakter ankommt."

Die Nachricht von Bidens Sieg sei eine Genugtuung für viele Menschen, die gelitten hätten, so der afroamerikanische TV-Kommentator. "Das ist eine große Sache für uns, nur um etwas Frieden finden zu können und die Chance auf einen Neustart zu haben."Ebenso wie Regierungschefs aus aller Welt reagiert auch die internationale Presse auf den Ausgang der US-Wahl überwiegend mit Erleichterung. "Die Katastrophe wurde abgewendet. Lasst uns alle auf- und tief durchatmen", schreibt die Londoner Zeitung "The Guardian". "Eine gute Wahl für Amerika und die Welt", jubelt "Die Presse" in Österreichs Hauptstadt Wien.

Trumps Niederlage "stoppt die Blutung"

Doch die knappe Wahl hat gezeigt: Die USA sind gespalten. Mehr als 70 Millionen Amerikaner haben für eine zweite Amtszeit von Donald Trump gestimmt. "Diese Menschen werden nicht verschwinden, auch nicht mit salbungsvollen Aufrufen an Einheit und Harmonie", meint der Züricher "Tages-Anzeiger." Und doch: "Eine zweite Amtszeit Trumps hätte Amerika an einen finsteren Punkt geführt. Sie hätte die Wunden vertieft und neue geschlagen. Mit Trumps Abwahl ist zumindest die Blutung gestoppt."

Besonders eine Frage dominiert das internationale Presseecho: Wird es Joe Biden und der künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris gelingen, das tief gespaltene Land wieder zu einen, so wie es sich Biden in seiner Siegesrede zum Ziel gesetzt hat? Leicht wird diese Aufgabe nicht. "Die Demokraten besetzen das Weiße Haus und das Repräsentantenhaus, die Republikaner dominieren den Senat und in gewisser Weise auch den Obersten Gerichtshof", schreibt dazu die belgische Zeitung "De Standaard" und fürchtet: "Diese Gegensätze könnten zu einer neuen Pattsituation führen."

Feiern ihren Sieg: Kamala Harris und Joe BidenBild: Andrew Harnik/Getty Images

Zusätzlich zu den zersplitterten politischen Machtverhältnissen kommen noch die kleinen und großen Scherbenhaufen, die Bidens Vorgänger Donald Trump hinterlässt. "Am Ende von vier Jahren eines verheerenden Mandats, ein paar Monaten eines erniedrigenden Feldzugs und Tagen oder Wochen eines entsetzlichen rechtlich-politischen Guerillakriegs wird der Demokrat am Ende in das von seinem Vorgänger verlassene Trümmerfeld vorstoßen, mit der gewaltigen Aufgabe, alles oder fast alles wieder aufzubauen",  kommentiert die französische Zeitung "Le Monde" aus Paris.

Auf Joe Biden wartet ein Trümmerfeld

Um Herr über das "Trümmerfeld" seines Vorgängers zu werden, müsse Joe Biden "zunächst einmal ruhig bleiben", so "Le Monde". Und weiter: "Dies ist nicht die am weitesten verbreitete Fähigkeit unserer Zeit, aber Joe Biden ist weit davon entfernt, diese nicht zu haben, wie er in diesen Tagen der großen Spannung über die jüngsten Ergebnisse zeigt."

Die belgische Zeitung "De Tijd" ist da anderer Meinung. Sie argumentiert, Joe Biden habe wenig Zeit, um etwas zu erreichen. "Die Republikaner rücken bereits im Repräsentantenhaus vor. In zwei Jahren gibt es wieder Wahlen. Die Frage ist, ob die Demokraten dann die Kontrolle behalten werden."

In Los Angeles feiern Menschen den Wahlsieg von Joe Biden und Kamala HarrisBild: Jim Ruymen/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Die konservative britische Zeitung "The Telegraph" kommentiert, um das Land zu einen, müsse Biden eine Politik der Mitte verfolgen. "Historiker werden wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass Joe Biden zu einem großen Teil gewonnen hat, weil er nicht Donald Trump war. Und hoffentlich wird er aus der Bandbreite seiner Koalition, zu der auch unzufriedene Republikaner gehören, schließen, dass er nun von der Mitte aus regieren muss."

Medien: Trump wird sich an sein Amt klammern

Bis es soweit ist, regiert allerdings noch Donald Trump gut zwei Monate lang das Land. Medien bezweifeln, dass er bei seinem Auszug kooperativ sein wird. "In dem Fall wäre es die Aufgabe des Secret Service, der den Präsidenten noch bis zum 20. Januar beschützen muss, ihn aus dem Weißen Haus zu entfernen", so die niederländische Zeitung "De Telegraaf” aus Amsterdam.

Auch die Pariser "Le Monde" vermutet, Donald Trump werde wahrscheinlich bis zum letzten Tag seiner Präsidentschaft weitermachen und sich dann "wie ein schwarzes Loch des Egozentrismus verhalten, das lieber die Demokratie, das ganze Land und den Planeten verschlingt, anstatt eine Niederlage oder einen Fehler zuzugeben".

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