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Prigoschin-Absturz: Kreml zieht Anschlag in Betracht

30. August 2023

Wurde ein Attentat auf den Jet von Wagner-Chef Jewgeny Prigoschin verübt? Russlands Regierungssprecher spekuliert jetzt über eine "absichtliche Grausamkeit". Eine internationale Untersuchung soll es aber nicht geben.

Flugzeugabsturz in der Region Twer, Russland
In der Region Twer abgestürzte Embraer Legacy 600Bild: Vitaly Shustrov/picture alliance/dpa/TASS

Die Maschine mit dem Kürzel RA-02795 fällt trudelnd vom Himmel. Schon früh gab es den Verdacht, der Chef  der Wagner-SöldnergruppeJewgeny Progoschin, könnte Opfer eines Anschlags geworden sein, als seine Embraer Legacy 600 am 23. August Nahe Moskau in der Region Twer abstützte und alle zehn Menschen an Bord in den Tod riss.

Nun räumt Russland erstmals ein, dass der Absturz des Flugzeugs mit Prigoschin an Bord absichtlich herbeigeführt worden sein könnte. "Es ist offensichtlich, dass verschiedene Versionen in Erwägung gezogen werden, einschließlich der Version, Sie wissen, worüber wir sprechen, sagen wir mal, einer absichtlichen Grausamkeit", sagte in Moskau Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow vor Journalisten. "Warten wir die Ergebnisse der russischen Untersuchung ab." Einen "internationalen Aspekt" gebe es diesbezüglich im übrigen nicht, fügt Peskow mit Blick auf Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung des Absturzes hinzu.

Brasilien wäre zuständig, darf aber nicht ermitteln

Eine entsprechende offizielle Information hat die brasilianische Luftfahrtbehörde CENIPA erhalten. Die Regierung in Moskau habe mitgeteilt, dass "vorerst" keine Untersuchung des Absturzes nach internationalen Regeln eingeleitet werde, teilte die CENIPA der Nachrichtenagentur Reuters mit. Prigoschins Embraer-Jet wurde in Brasilien hergestellt.

Eine Beteiligung ausländischer Strukturen an der Aufklärung der Katastrophe sei nicht möglich, weil unter anderem auch wegen einer gezielten Tat ermittelt werde, sagte Kremlsprecher Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Nach Angaben des Internetportals Flightradar 24 war die Maschine am vergangenen Mittwoch (23.08.2023) kurz vor dem Absturz neun Minuten lang gleichbleibend auf 28.000 Fuß Höhe geflogen, also auf gut 8500 Metern. Um 18.10 Uhr Ortszeit kam es dann in kurzer Zeit zu einem mehrfachen, heftigen Ab- und Aufstieg des Jets - jeweils um etwa 2000 Fuß, also um etwa 600 Meter. Um 18.20 Uhr seien bei einer Höhe von 19.725 Fuß die letzten Flugdaten der Maschine empfangen worden.

Gemutmaßt wird, dass an Bord der Maschine ein Sprengsatz detonierte oder eine Flugabwehrrakete das Flugzeug zum Absturz brachte. "Es ist unsere Ermittlung", sagte Peskow. Er hatte zuvor zurückgewiesen, dass Kremlchef Wladimir Putin etwas mit dem Tod seines früheren Vertrauten Prigoschin zu tun haben könnte.

Anhänger von Prigoschin besuchen dessen Grab

Nach der Beerdigung Prigoschins pilgerten an diesem Mittwoch dessen Anhänger zu seinem Grab in St. Petersburg. Obwohl der Söldnerchef den Ehrentitel "Held Russlands" getragen habe, sei niemand von Staatsseite aus bei der Trauerfeier gewesen, sagte die Politologin Tatjana Stanowaja.

Die Expertin sieht darin eine Bestätigung für die in Russland verbreitete These, dass es sich um einen gezielten Absturz und um einen Racheakt des Machtapparates gehandelt habe, nachdem Prigoschin im Juni einen Aufstand gegen die Moskauer Militärführung angezettelt hatte und gescheitert war.

AR/uh (dpa, rtr, afp, flightradar24.com)

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