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Kunst

Die Klimakrise und die Kunst

Katrin Schlömer
24. Mai 2019

Stürme, Dürren, Überschwemmungen - die Folgen des Klimawandels treiben in Europa jeden Freitag Tausende Schüler auf die Straße. Und was tun Künstler? Die Fotografin Barbara Dombrowski legt den Finger in die Wunde.

Ausstellungsfotos von Barbara Dombrowski "Tropic Ice"
Bild: Barbara Dombrowski

Ein einsamer Gletscher in Ostgrönland. Davor Fotos von meist lächelnden Ureinwohnern des Regenwaldes. Das Eiswasser spiegelt ihre Gesichter. Die Szenerie wirkt künstlich und bedrückend zugleich. Das Bild gehört zu einer Reihe von Fotos der Ausstellung "Tropic Ice" , die die Künstlerin Barbara Dombrowski in Hamburg präsentierte. Die Fotografin knipst Menschen an einem extremen Ort und bringt die ausgedruckten Fotos dann an einen anderen extremen Ort. In jeder neuen Umgebung entsteht ein neues Foto. "Tropic Ice" zeigt also Menschen in zwei Klimazonen, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Grönland im ewigen Eis und der Amazonas-Regenwald, die Lunge der Erde. Was treibt Barbara Dombrowski dazu an?

"Menschen erreicht man nicht durch Katastrophenbilder", sagte die gelernte Kommunikationswissenschaftlerin, "die erschrecken uns vielleicht, aber sie berühren uns nicht wirklich". Dombrowskis Kunst soll "Dialoge anregen", wie die Fotografin im DW-Interview betont, bei den Bewohnern des Regenwaldes ebenso wie bei allen anderen. Ein Bewohner des Regenwaldes vor einer wunderschönen Schneelandschaft? Ein solches Bild irritiert. Aber es erzählt auch die Geschichte des Klimawandels. Und es verbindet die Betroffenen in Nord und Süd.

Ein Bild aus Grönland im RegenwaldBild: Barbara Dombrowski

Klimawandel zum Anfassen

Die Grönländer hätten ihr von den veränderten Wegen der Fische erzählt, berichtet Dombrowski, von den Robben, die jetzt weiter weg sind. Auch über die seltsamen warmen Wintern seien sie besorgt. Die Accua aus dem Amazonas berichteten davon, dass sich das Wetter verändert habe, dass es neuerdings neben Regen auch andere Niederschläge gebe. Hagel zum Beispiel. "Den kannten die gar nicht", sagt die Künstlerin, "so etwas gab es vorher nie". Diese Gespräche haben Dombrowski den Klimawandel hautnah vor Augen geführt. Sie habe es als ihre Aufgabe erkannt, ihr Objektiv auf die Menschen an diesen entlegenen Orten zu richten und zu zeigen, dass für sie der Klimawandel längst Realität ist. "Wir müssen den Klimawandel noch stärker zeigen. Kunst kann mehr als schön aussehen."

Die Fotografin Barbara Dombrowski vor ihrem Werk "Tropic Ice"Bild: Barbara Dombrowski

Welche Aufgabe hat die Kunst in der Klimakrise?

Was aber kann Kunst, was nicht schon die Wissenschaft täte? "Beim Klimaschutz habe ich immer das Gefühl, ich hinke der Wissenschaft hinterher." Gleichwohl müsse der Künstler, anders als ein Forscher, nicht mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf Fehlentwicklungen hinweisen. "Die Kunst ist einfach da und lässt den Betrachter selbst die Schlüsse ziehen", sagt Dombrowski.

Dass Kunst aber die Wissenschaft unterstützen kann, diese Erkenntnis ist auch schon an den Universitäten angekommen. In Helsinki erfreut sich der Studiengang "Ökologie und zeitgenössische Kunst" wachsender Beliebtheit, junge Menschen werden zu kritischen Klimaverstehern ausgebildet. Auch in den Sozialen Medien vernetzt sich zusehends klimakritische Kunst: Dort veröffentlichen Künstler seit einiger Zeit unter dem von den Vereinten Nationen eingerichteten Hashtag "Art4Climate" ihre künstlerischen Werke zum Klimawandel. Ihre Devise: Die Debatte über das richtige Klima lässt sich auch anders führen als nur mit Zahlen und Fakten.

Tauendes Eis ist nur ein Anzeichen der KlimakatastropheBild: Barbara Dombrowski

Kunst mit ökologischen Fragestellungen ist nicht neu

Die Idee, Kunst mit Umweltthemen zu verbinden, ist keine neue Erfindung. Schon Alexander von Humboldt, von Haus aus Entdecker und Naturwissenschaftler, zeichnete und malte auf seinen Entdeckungsreisen. Bis dahin unbekannte Tiere ließen sich auf Bildern viel wirklichkeitsgetreuer darstellen, als es in Erzählungen je gelungen wäre. Oder das Künstlerkollektiv "Superflex" - dessen Mitglieder setzen ihre Kunst ein, um alternative Ökonomien zu diskutieren. In ihrem Kurzfilm "Flooded McDonalds" sieht man, wie ein Raum in kürzester Zeit geflutet wird, eine Parabel auf die steigenden Meeresspiegel infolge des Klimawandels. Die drei dänischen Künstler werfen die Frage auf, wer letzten Endes die Verantwortung für den Klimawandel trägt. Die Antwort lassen sie offen.

Ein Ureinwohner als Botschafter des Klimawandels aus dem RegenwaldBild: Barbara Dombrowski

Auch das deutsche Umweltbundesamt hat das Potenzial der Kunst für sich entdeckt. Seit mehr als 20 Jahren veranstaltet es eine Reihe unter dem Titel "Kunst und Umwelt". Sie präsentiert Künstler, die das Thema Umwelt aufgreifen. "Das gibt auch uns die Möglichkeit, die Fachbrille einmal abzusetzen und über den eigenen Tellerrand zu gucken", sagt Fontini Mavromati, die Kunstbeauftragte der obersten Fachbehörde. Kunst tauge nicht für die Vermittlungsarbeit, betont Mavromati. "Aber es geht darum, einen anderen Blick auf die Fakten zu bekommen."

Einstweilen schreitet der Klimawandel voran. Und so hat Barbara Dombrowski jeden Tag mehr Gründe, ihr Projekt voranzubringen. Die Fotografin möchte ihre Ausstellung auf alle fünf Kontinente ausweiten. "Der Klimawandel geht uns alle an", sagt sie, "denn es ist ja vorerst kein Ende abzusehen". Weder in der Kunst, noch in der Debatte um den Klimawandel.

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