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Primark will weiter wachsen

28. Februar 2017

Das Geschäft mit der billigen Mode boomt, weil die Deutschen Tiefstpreisen anscheinend nicht widerstehen können. Gibt es auf Europas am heftigsten umkämpften Billigmodemarkt überhaupt Wachstumsgrenzen?

Primark - Berlin
Bild: DW/T.Rooks

Sogar an einem verregneten Morgen im Februar brummt im Primark-Shop am Berliner Alexanderplatz das Geschäft. Unbehelligt vom sonst gewohnten Musikgedudel im Hintergrund schieben sich die Kunden durch die Gänge. In der Geräuschkulisse von wenigstens einem Dutzend verschiedener Sprachen füllen die Angestellten die Auslagen wieder auf, vor den Kassen haben sich Schlangen gebildet.  

Die Kunden werden nicht nur mit niedrigen Preisen gelockt: Die Läden sind geräumig und modern, hell und aufgeräumt. Das Angebot umfasst eigenen Marken für Kinderbekleidung, für Damen- und Herrenmode, Schmuck und Kosmetik, wie etwa Lippenstifte. Alles ist hip und stylish und vor allem sehr, sehr billig.

Wohin man auch blickt im Großstadtgetümmel: Überall junge Menschen mit Primark-Tüten - am liebsten gleich mehreren …

Ein großes Geschäft mit erst kurzer deutscher Geschichte

Die in Irland angesiedelte Firma betreibt weltweit 325 Geschäfte, auf dem deutschenMarkt sind sie seit 2009 vertreten - mit gegenwärtig 22 Läden. In den nächsten beiden Jahren sollen noch sieben weitere hinzukommen. Aber schon jetzt ist Deutschland der drittwichtigste Primark-Markt nach Großbritannien und Spanien.

Aber warum ist eine Firma, die klassisches Marketing weitgehend vermeidet, so erfolgreich, wenn es viele Mitbewerbern gleichzeitig nicht so gut geht? Es scheint an der Kombination von modischer Kleidung einerseits und konkurrenzlos niedrigen Preisen andererseits zu liegen: Schuhe für neun Euro, Flip-Flops für zwei, T-Shirts für drei Euro. Eigentlich immer irgendetwas für jede Gelegenheit. Auch wenn man das hier gekaufte nach einmaligen Tragen wegwirft - bei derart niedrigen Preisen macht das gar nichts.

"Ich habe drei Jungs zu Hause, die beinah jeden Monat aus ihren Klamotten rauswachsen", sagt eine Mutter aus Berlin-Kreuzberg. "Ich kann in einen anderen Laden gehen und ein Hemd und eine Mütze kaufen oder ich gehe zu Primark und kann für das gleiche Geld alle drei einkleiden."

Bislang hat sich Primark in Deutschland auf die großen Städte konzentriert und viele Touristen, die in den Städten unterwegs haben auch einen Besuch bei Primark eingeplant. So wie Ola, die mit einer Gruppe von polnischen Freunden zum Einkaufen gekommen ist, "weil es so billig ist".

"Für die Jungen ist das beinah schon 'Kult", sagt Peter Frank von der Handelsberatungsgesellschaft BBE, die sich auf den Verkaufssektor spezialisiert hat. Aber wenn die Firma immer weiter expandiere, in immer mehr Städten Filialen eröffnet, schwinde der Eindruck des Neuen und Besonderen. Der Hype um Primark werde abebben und nur das Angebot von den ganz tiefen Preisen bleiben.

Nicht jeder ist von den niedrigen Preisen begeistert. Gewerkschaften und Menschenrechtsaktivisten sind alarmiert.Bild: DW/T.Rooks

Nicht nur Freunde

Primark gehörte zu den Kleider-Discountern, für die in der eingestürzten Fabrik in Bangladesh - bei dem Unglück waren mehr als 1000 Arbeiterinnen getötet worden - genäht wurde. Daraufhin hatte Primark versprochen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und zahlte Millionen an Entschädigungssummen für die Hinterbliebenen der Opfer.

Umweltschützer sind besorgt, weil bei der Herstellung der Kleider seltene Materialen verwendet und bei ihrer Verarbeitung giftige Chemikalien eingesetzt werden, deren Abfälle einfach weggekippt werden. Primark-Boss John Bason prahlte im vergangenen Jahr, seine Firma verkaufe 200 Millionen T-Shirts und 350 Millionen Paar Socken.

Geht es ohne ein Online-Angebot?

Eine andere Herausforderung, der sich Primark gegenübersieht, ist E-Commerce. Während immer mehr Modegeschäfte online gehen, könnte Primark zum Opfer der Niedrigpreis-Politik werden und zurückbleiben. Die Einkaufsgewohnheiten junger Kunden höhlt das Geschäftsmodell vieler traditioneller Modehäuser aus.

Zwar unterhält auch Primark Websites, auf denen man aber, anders als bei der Konkurrenz von H&M und C&A, nicht kaufen kann. Noch haben die Iren keinen Weg gefunden, online zu verkaufen und dabei Gewinn zu machen. Die Fallstricke des Online-Handels, der freie Versand und kostenfreie Retouren, stellen noch hohe Hürden dar. Diese Angebote vertragen sich nicht gut mit dem Geschäftsmodell schnell wechselnder Moden zu Mikro-Preisen bei hohem Umsatz.

Peter Frank ist aber davon überzeugt, dass auch Primark auf lange Sicht am Online-Handel nicht vorbeikommt. Das Konzept stationärer Verkaufsstellen sei ein Auslaufmodell. Teenager, die mit dem Primark aufgewachsen sind, unterschieden sich von der vorangegangenen Generation. Sie fragten sich nicht mehr, was wichtiger sei: Discount oder Design? Ihre Antwort sei ein klares 'und'. Sie würden billige Sachen kaufen, die ihnen nicht so wichtig seien und daneben woanders mehr Geld ausgeben, für 'Designer-Klamotten', die ihnen etwas bedeuten.

Verkäufer, die Wert legen auf "nachhaltige Kundenbindung, müssen online gehen", so Frank. "Ältere Kunden setzen sich nicht ein oder zwei Stunden in einem Zug, nur um ein paar T-Shirts zu kaufen." Doch zurzeit wehrt Primark auch diesen Trend ab. Nur die Zeit wird zeigen, ob ein Geschäft, dessen Hauptziel es ist, billiger als die Konkurrenz zu sein, auch gegen die Verlockungen des bequemen Online-Shoppings immun ist. Oder Primark wird der Konkurrenz folgen und schließlich auch im Internet verkaufen müssen.