Der mit 100.000 Dollar dotierte Preis ist an das spanische Architektentrio "RCR Arquitectes" verliehen worden. Das war in mehrerlei Hinsicht überraschend.
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Lokal und universell: Das spanische Architektentrio "RCR Arquitectes"
"Verwurzelt und gleichzeitig der Welt zugewandt" sei ihre Architektur. Mit dieser Begründung verlieh die Jury dem Trio 2017 den renommierten Pritzker Architektur-Preis.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Das Siegertrio von "RCR Arquitectes"
In den vergangenen Jahren ging der Pritzker Architektur-Preis stets an Architekten, die monumentale Bauten in großen Städten entworfen haben. Diesmal ist alles anders. Mit Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta gewinnen drei Architekten, die vor allem mit Bauwerken in kleinen Orten aktiv sind. In unserer Bildergalerie zeigen eine Auswahl.
Bild: picture alliance/dpa/J. Lorenzo Dominguez/Pritzker Architecture Prize
RNC-Architectes: Verwurzelt in Katalonien
Die Pritzker-Jury hob besonders die gelungenen Verbindungen mit der Landschaft hervor: "Diese Verbindung kann nur von einem tiefen Verständnis herrühren - Verstehen der Geschichte, der Topographie, der Bräuche, der Kultur - und einem aufmerksamen Beobachten von Licht, Schatten, Farben und Jahreszeiten." Ein Resultat: Das Marquee Restaurant in Olot, in dem das Architektenbüro auch seinen Sitz hat.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
La Lira Theater in Ripoll
Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta bauten unter anderem Schulen, Wohnhäuser und ein Weingut in Katalonien. Zu ihren bekanntesten Projekten in Spanien zählen der öffentliche Raum am La Lira Theater im Ort Ripoll und der Kindergarten El Petit Comte in Besalú.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
El Petit Comte Kindergarten in Besalú
Die Regenbogenfarben machen aus dem Kindergarten einen farbenfrohen Hingucker und stehen für kindliche Freude, Kreativität und Fantasie.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Für die Gemeinschaft
Das Werk von Aranda, Pigem und Vilalta setzt einen Schwerpunkt auf den kommunalen Gedanken: Das wird in dem Kindergarten genauso sichtbar wie in der Sant Antoni - Joan Oliver Bibliothek des Seniorenzentrums oder den Cándida Pérez Gärten in Barcelona (2007). Die Bedürfnisse der Bewohner stehen im Mittelpunkt der Architektur.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Bell–Lloc Weinerei in Palamós
Bei Lage, Materialauswahl und Geometrien für die Gebäude betonen die Architekten stets die natürlichen Gegebenheiten - und spiegeln sie in den Entwürfen. Bei der Bell–Lloc Weinerei in Palamós beispielsweise geht es um die Böden, die die Weintrauben hervorbringen - die Farben und Schwere der Erde - und um die kühlen Keller, in denen die Trauben lagern können.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Das Soulages Museum im französischen Rodes
Das Museum ist dem abstrakten Maler Pierre Soulages gewidmet. Das Gebäude geht mit dem Werk des Künstlers eine Art Symbiose ein: Wie Soulages selbst scheint es mit Licht zu malen. Das massive Gebäude aus Stahl überragt seine Umgebung - und setzt dabei scheinbar die Schwerkraft außer Kraft.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Verbunden mit der Natur
Die Architekten wollen stets Verbindungen schaffen, "einen Raum, der der Natur so nahe kommt, dass wir das Gefühl bekommen, ein Teil von ihr zu sein."
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
La Cuisine Art Center im französischen Nègrepelisse
Zu den bekanntesten Projekten von "RCR Arquitectes" zählt auch das "La Cuisine Art Center" im französischen Nègrepelisse.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
Sorgfältige Materialwahl
Für das "Zentrum der Küchenkunst" nutzte das Architektentrio moderne Materialien wie Glas, Plastik und Recyclingstahl - und band die Landschaft in den Bau mit ein.
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
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Die spanischen Architekten Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta arbeiten seit fast 30 Jahren zusammen. "Wir sind als Architekten zusammengewachsen und kommen gut miteinander aus. Das ist unser größter Erfolg - dass wir zusammen geblieben sind", sagte Carme Pigem, die einzige Frau im Team, gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Dass statt einer Einzelperson eine Gruppe ausgezeichnet wurde, ist eine Novität in der Geschichte des renommierten Pritzker-Preises.
Überraschende Entscheidung
Darüber hinaus residiert das Architektenbüro "RCR Arquitectes" weder in den Metropolen Madrid, Barcelona oder Bilbao, sondern in dem kleinen Ort Olot in Katalonien. Die Überraschung perfekt macht die Tatsache, dass das Trio bisher international wenig bekannt war: Ihre Gebäude stehen bislang nur in Spanien, Belgien und Frankreich. Die Jury hebt hervor, dass die Bauwerke zwar auf ihre Art einzigartig lokal sind, gleichzeitig aber einen universellen Charakter hätten: "All ihre Arbeiten haben ein besonderes Gespür für den jeweiligen Ort und sind machtvoll mit der Landschaft verbunden." Das Architektentrio nutzt moderne Materialien wie Glas, Plastik und Recyclingstahl und bindet die Landschaft in ihre Bauten mit ein.
Politische Begründung
Mit ihrer Entscheidung greift die neunköpfige Jury auch Kritik an der Globalisierung auf. Die Menschen müssten sich heute "auf internationale Einflüsse, Handel, Diskussionen, Transaktionen" verlassen und hätten Angst: "Heutzutage fürchten die Menschen, ihre lokalen Werte, Kultur und Bräuche zu verlieren. Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta zeigen uns auf wunderschöne und poetische Weise, dass dies keine Frage von 'entweder/oder' ist, und dass man beides haben kann - zumindest in der Architektur: stark verwurzelt und gleichzeitig der Welt zugewandt."
In Barcelonas Bezirk Sant Antoni bauten die Architekten die Joan Oliver-Bücherei, ein Seniorenheim und die Cándida Pérez-Gärten. In Frankreich bauten sie etwa das La Cuisine Art Center (Nègrepelisse) und das Soulages Museum (Rodez).