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Politik

HDP boykottiert türkisches Parlament

6. November 2016

Aus Protest gegen die Verhaftung ihres Führungspersonals setzt die pro-kurdische HDP die parlamentarische Arbeit weitgehend aus. Sie spricht vom "schwärzesten Angriff" auf die Partei und warnt vor einer "Diktatur".

Türkei Ankara Parlament Innenaufnahme
Parlamentsarbeit in Ankara - künftig ohne die HDPBild: picture-alliance/AA/E. Top

Die zweitgrößte Oppositionspartei im türkischen Parlament teilte mit, sie ziehe sich zunächst aus allen Gesetzgebungsverfahren zurück. "Unsere Parlamentsfraktion und Parteiführer haben die Entscheidung getroffen, unsere Arbeit in den legislativen Organen zu stoppen, erklärte die Demokratische Partei der Völker (HDP) mit Blick auf die Verhaftungswelle. In der Nacht zum Freitag waren die Parteivorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag und weitere Parlamentarier der HDP festgenommen worden.

Selahattin Demirtas (li.) und Figen Yüksekdag (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Suna

In einer in der Kurdenmetropole Diyarbakir verlesenen Erklärung der HDP heißt es, die Partei reagiere mit dem Boykott der Parlamentsarbeit auf "den umfassendsten und schwärzesten Angriff in der Geschichte unserer demokratischen Politik". Die Partei warnte zugleich vor einer "Diktatur" in der Türkei. Über das weitere Vorgehen werde die HDP mit ihren Anhängern beraten, heißt es weiter.

HDP-Fraktion trifft sich weiter

Der HDP-Abgeordnete Ziya Pir sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine denkbare Option sei die Aufgabe der 59 Mandate der Partei im Parlament. Vorerst werde die Fraktion sich aber weiter treffen. Wir halten uns alle Optionen offen ergänzte Pir: Denkbar seien sowohl "eine Rückkehr zur parlamentarischen Arbeit oder die Aufgabe der Mandate". Die Treffen der HDP-Parlamentarier müssen bis auf weiteres ohne den Fraktionschef stattfinden: Idris Baluken gehört zu den Abgeordneten, die in Untersuchungshaft sitzen.

Ziya PirBild: picture-alliance/abaca/D. Photos

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Parlament zu sein. Die festgenommenen Parteimitglieder, gegen die am Samstag Haftbefehl erlassen wurde, wurden in Gefängnisse fern des kurdisch geprägten Südostens des Landes gebracht. Den Inhaftierten wird Mitgliedschaft in der PKK und "Förderung der Terrorismus" vorgeworfen. Die Festnahmen riefen international Kritik und Sorge hervor.

Protest in Istanbul

Am Samstagabend setzte die Polizei nach einer Kundgebung der HDP in Istanbul Wasserwerfer, Tränengas und Plastikgeschosse ein, wie Teilnehmer berichteten. Auf Plakaten forderten Demonstranten "demokratischen Widerstand gegen jede Art von Putsch" und "Fasst unsere Vorsitzenden nicht an".

Razzien gegen PKK

Bei neuen Razzien gegen die PKK im Südosten der Türkei hat die Polizei der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge 15 Verdächtige festgenommen. Der Einsatz habe sich auf die Provinz Adana konzentriert.

Seit dem Ende des zweieinhalbjährigen Waffenstillstands zwischen der Armee und der PKK im Juli 2015 hat die Türkei ihr Vorgehen gegen kurdische Separatisten verschärft. Die türkische Führung macht die PKK für zahlreiche Anschläge verantwortlich, unter anderem für einen Autobombenanschlag am Freitag in Diyarbakir. Dazu hatte sich später allerdings die Terrormiliz "Islamischer Staat" bekannt.

Die international als terroristische Organisation geächtete PKK kämpft für eine größere Autonomie der Kurden. In den drei Jahrzehnten dieses Konflikts kamen Zehntausende Menschen ums Leben. Zuletzt verübte die PKK immer wieder Anschläge auf Vertreter der Regierung wie Soldaten und Polizisten.

qu/se (rtr, dpa, afp)

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