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Politik

"Roma und andere Polen"

8. April 2018

Der Verband der Roma in Polen hat seinen Sitz in Oświęcim nahe Auschwitz-Birkenau, wo Nazi-Deutschland mehr als eine Million Menschen ermordete. Im DW-Interview fordert Sprecher Wladyslaw Kwiatkowski mehr Bildung.

Polen | Roma in Polen -  Fotos einer Ausstellung beim Verband der Roma
Roma in Polen: Eine Foto-Ausstellung des Verbands der Roma zeigt aktuelle PorträtsBild: DW/A. Grunau

DW: Wie viele Roma leben heute in Polen und wie ist ihre Situation?

Wladyslaw Kwiatkowski: Heute sind es vielleicht 25.000 bis 30.000 Menschen. Die Situation hat sich zwar seit einigen Jahren verbessert, aber es gibt noch immer eine große Diskriminierung - nicht hier in Oświęcim, das ist Auschwitz, hierher kommen viele Menschen. Aber in anderen Städten wie Kattowitz, Zabrze, Poznań, da gibt es große Probleme zwischen Roma und anderen Polen. In der kleinen Stadt Andrychów ganz in der Nähe gibt es Probleme. Die Geschäftsleute sagen: "Du bist Roma, du darfst nicht rein." Auch bei der Wohnungssuche werden die Angehörigen der Minderheit diskriminiert. Das ist nur 30 Kilometer von hier. Unsere Organisation hat interveniert und jetzt wird es etwas besser.

In Deutschland wissen viele nicht Bescheid über den Völkermord an den Sinti und Roma. Wie ist das in Polen?

In Polen ist es auch so, dass viele sagen: "Holocaust an den Roma? Nein." Aber an den Roma gab es auch einen Holocaust, vergleichbar mit dem Holocaust an den Juden. Bei den Juden sprechen wir von der Shoah, bei den Roma vom Porajmos, das heißt: Das Verschlingen.

Unsere Organisation hat jetzt mit dem Bildungsminister ein Programm vereinbart, damit das Thema in den Schulen behandelt wird. Wenn die Kinder etwas über die Shoah lernen, lernen sie auch etwas über den Porajmos. Es gibt leider nur noch wenige Überlebende, die davon berichten können.

Gedenken in Auschwitz-Birkenau: Roman Kwiatkowski (vorne re.) vom Verband der Roma in Polen legt einen Kranz niederBild: picture alliance / dpa

In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die letzten 2900 Häftlinge - überwiegend Kinder, deren Mütter und alte Menschen - aus dem sogenannten "Zigeunerlager" in Auschwitz-Birkenau ermordet. Wie organisieren Sie das Gedenken?

Wir organisieren das gemeinsam mit dem Verband deutscher Sinti und Roma in Heidelberg - seit mehr als zwei Jahrzehnten. Am 1. August gehen wir an die Stelle, wo das Krematorium Nummer 5 stand, am 2. August versammeln wir uns alle zum Gedenken im ehemaligen "Zigeunerlager" in Auschwitz-Birkenau. Die Teilnehmer kommen aus Polen, Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Frankreich, aus vielen europäischen Ländern.

Welche Veränderungen wünschen Sie sich, damit es den Roma in Polen heute besser geht?

Das ist eine gute Frage. Wir äußern uns nicht politisch. Aber das Allerwichtigste ist bessere Bildung: Bildung für Polen, Bildung für polnische Roma - für alle, die hier leben, damit uns das Zusammenleben gelingt.

Wladyslaw Kwiatkowski arbeitet wie sein Vater Roman Kwiatkowski beim Verband der Roma in Polen in Oświęcim. Die Kwiatkowskis haben während der NS-Verfolgung über 100 Verwandte verloren: in verschiedenen Konzentrationslagern, bei Erschießungen und Todesmärschen. 

Das Interview führte Andrea Grunau.

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