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Gestatten: Professor

Heiner Kiesel8. Juli 2012

Globalisierung, Reformdruck, Sparzwang: Weltweit müssen sich die Universitäten neu aufstellen. Wie sich das auf den Beruf des Hochschullehrers auswirkt, untersucht erstmals eine internationale Studie.

Professorin vor Studenten im Hörsaal (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Unglücklich sieht Leo Goedegebuure nicht gerade aus, obwohl er in dem Land arbeitet, in dem die Professoren am unzufriedensten sind - in Australien. Der Direktor des LH-Martin-Institutes in Melbourne ist ein untersetzter Niederländer mit leuchtenden Wangen. "Zusammen mit den Briten sind die Australier die Miesepetrigsten", sagt der Wissenschaftler, der sich auf die Erforschung der Universität als Arbeitswelt spezialisiert hat.

Die Australier litten unter den steigenden Studentenzahlen und der schrumpfenden Personaldecke, sagt Goedegebuure. Aber trotzdem: Verglichen mit Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung hätten es die Professoren gut. "Über 50 Prozent von ihnen machen ihren Job daher auch mit Freude und Überzeugung."

Mit der Karriere steigt die Zufriedenheit

Doch Goedegebuure weiß auch: je weiter runter es in der Uni-Hierarchie geht, desto unzufriedener sind die Mitarbeiter. Das gilt weltweit, auch wenn in Europa, Asien und Amerika das Zufriedenheitsniveau ein ganzes Stück höher ist. Der Arbeitsforscher liest das aus den Daten der internationalen CAP-Studie heraus, die zusammen mit der auf Europa fokussierten Euroac-Untersuchung einen Überblick über die Bedingungen an Hochschulen weltweit gibt.

Leo GoedegebuureBild: LH-Martin-Institute

Die Studie erforscht, wie die Beschäftigten an den Unis auf Reformdruck, Globalisierung und Internationalisierung reagieren. Nun liegen erste Ergebnisse vor, und die Forscher waren überrascht, wie verschieden die Hochschulen mit den neuen Herausforderungen umgehen. "Nationale Unterschiede bestehen fort", so Ulrich Teichler vom Internationalen Zentrum für Hochschulforschung der Universität Kassel (Incher), das die Studie koordiniert.

Der Preis der Exzellenz

Während etwa in Deutschland oder Österreich kaum ein Weg zu einer Professur an der Promotion vorbeiführt, besetzen die Universitäten in Italien oder Kroatien fast ein Drittel ihrer Lehrstühle mit Mitarbeitern ohne Doktortitel. Die Daten zeigen auch, dass der universitäre Mittelbau sehr unterschiedlich behandelt wird. In Deutschland sind achtzig Prozent der Arbeitsverträge in diesem Bereich befristet, in Großbritannien nur 29 Prozent und in der Schweiz 24 Prozent.

Ulrich TeichlerBild: DW/H. Kiesel

Auch im Hinblick auf die Gewichtung von Forschung und Lehre stellen die Wissenschaftler große Unterschiede fest. "Nehmen wir zum Beispiel die Forschung, die hatte bei den deutschen Professoren einen hohen Stellenwert und jetzt strengen sie sich an, dieses Profil in Exzellenzinitiativen zu schärfen", beobachtet Hochschulforscher Teichler. "Und schon wenden sie weniger Zeit für die Lehre auf, obwohl sie doch mehr Studenten haben." In Deutschland widmen Professoren gut ein Drittel ihrer Zeit der Lehre - in Finnland sind es schon 42 Prozent.

Komplizierte Zusammenhänge

Die Untersuchungen der Hochschulforscher sind brisant. Wo ist es attraktiv, an der Uni zu arbeiten, was macht den Reiz in den Ländern aus, in denen die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Professoren überwiegend zufrieden sind? Es wäre hilfreich zu wissen, wie sich das in den jeweiligen Ländern beeinflussen ließe. Aber noch ist es nicht so weit. "Wir wissen es nicht", sagt Leo Goedegebuure und wird ganz ernst. Er macht sich jenseits seines Forschungsalltags wirklich Sorgen um die Zukunft der Universitäten.

Die akademische Laufbahn muss für den Nachwuchs attraktiver werdenBild: picture-alliance/dpa

"Da muss sich rasch etwas tun", fordert der Niederländer, denn vor allem in westlichen Industrieländern werde die Hälfte der Lehrstuhlinhaber (Senior Professors) in den nächsten fünf Jahren in Pension gehen, sagt er. "Da müssen wir die akademische Laufbahn für den Nachwuchs attraktiv gestalten, sonst haben wir ein ernstes Problem."

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