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Politik

Deutschland droht "prekärer" Pflegenotstand

1. Dezember 2021

Immer mehr Pflegekräfte verlassen wegen Überlastung ihren Job. Auf Intensivstationen arbeiten deutlich weniger Kräfte als vor einem Jahr. Der Fachkräftemangel wird sich laut einer Studie noch weiter verschärfen.

Seniorenheim | Eine erschöpfte Pflegekraft in Hannover
Eine erschöpfte Pflegekraft in Hannover Bild: Rainer Droese /localpic/imago images

Bis 2030 dürften voraussichtlich rund 182.000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt werden. Das ergeben Berechnungen für den "Pflegereport" der Barmer Krankenkasse, der in Berlin vorgestellt wurde. Hintergrund ist, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 von derzeit 4,5 Millionen auf rund sechs Millionen steigen dürfte. "Bereits heute fehlen tausende Pflegekräfte und tragende Konzepte, wo diese Menschen herkommen sollen", sagte Kassenchef Christoph Straub. Er warnte, Deutschland sei auf dem besten Wege, in einen prekären Pflegenotstand zu geraten. Um dies abzuwenden, müsse die künftige Bundesregierung unter anderem die Ausbildung attraktiver machen.

Wie bleibt Pflege bezahlbar?

Um eine finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen zu vermeiden, sollten zugleich die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung einmalig angehoben und dann regelmäßig dynamisiert werden. Die neuen Prognosezahlen lägen deutlich über Schätzungen, die von fünf Millionen Pflegebedürftigen bis 2030 ausgehen, hieß es zur Erläuterung.

In der Analyse von Heinz Rothgang vom Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen seien nun erstmals Berechnungen gemacht worden, die keinen stabilen, sondern einen zunächst noch weiterhin steigenden Anteil der Pflegebedürftigen unter den Versicherten berücksichtigten. Steigen dürfte auch der Finanzbedarf für die Pflege. Laut der Berechnung dürfte er ohne weitere Leistungsverbesserungen von 49 Milliarden Euro Ende 2020 bis 2030 auf 59 Milliarden Euro anwachsen.

10.000 Euro für die Rückkehr ehemaliger Pflegekräfte

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch schlägt als Prämie für die Rückkehr ehemaliger Pflegekräfte in der Coronakrise mindestens 10.000 Euro pro Kopf vor. Teil eines solchen Not-Programms müsse eine "bundesweit koordinierte Rückholaktion für Ex-Pflegekräfte" sein sowie eine fünfstellige steuerfreie Rückkehrprämie, die auch an die aktuellen Pflegekräfte als Bonus ausgezahlt werden müsse. Das sagte Bartsch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Für Gespräche und persönliche Zuwendung haben Pflegekräfte schon jetzt immer weniger ZeitBild: picture-alliance/dpa/T. Weller

Während der Pandemie hatten zahlreiche Pflegekräfte aus Überlastung und anderen Gründen ihrem Job den Rücken gekehrt. Dadurch stehen derzeit zum Beispiel erheblich weniger Fachkräfte auf Intensivstationen als noch vor einem Jahr zur Verfügung. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), will den derzeitigen Pflegekräften einen steuerfreien Bonus von 5000 Euro, also die Hälfte der von Bartsch vorgeschlagenen Summe, zahlen. Dies wäre ein "ein klares Signal", sagte Schwesig am Dienstag in der Sendung "RTL direkt".

Steuererleichterungen und einen Corona-Bonus für Pflegekräfte hatte die künftige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP bereits im Koalitionsvertrag festgehalten. Für den Bonus will die Ampel eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Pflegekräfte mit kleinen Kindern sollen einen Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten bekommen.

bri/se (dpa, kna, epd, afp)

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