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Politik

Linker Jubel für linke Opposition

11. Juni 2017

Zum Abschluss des Parteitages rechnet Bundestagswahl-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht mit SPD und Grünen ab - und trifft damit den Nerv der Basis. Eine Absage an Rot-Rot-Grün? Marcel Fürstenau berichtet aus Hannover.

Hannover Bundesparteitag Die Linke
Bild: picture alliance/dpa/P. Steffen

Drei Tage debattierte die Linke in Hannover über ihr Wahlprogramm, mit dem sie bei der Bundestagswahl am 24. September ein Ergebnis von zehn Prozent plus X anstrebt. Schaffen will sie das mit ihren klassischen Themen soziale Gerechtigkeit und Friedenspolitik. Konkret: Steuererhöhungen für Besserverdiener und Millionäre, Abschaffung des Niedriglohnsektors, höhere Renten, keine Kampfeinsätze der Bundeswehr und keine Rüstungsexporte. Diese Forderungen bilden den Markenkern, hinter dem sich die meisten Linken problemlos versammeln können. Anders sieht es bei der Frage aus, die sich wie ein roter Faden durch das dreitägige Delegiertentreffen zog: Regieren oder Opponieren?

Das letzte Wort dazu hat am Sonntag Sahra Wagenknecht, die sich mit Dietmar Bartsch den Fraktionsvorsitz im Bundestag teilt. Als Duo ziehen sie auch in den Bundestagswahlkampf. Allerdings mit sehr unterschiedlicher Tonlage. Wenn Wagenknecht über die Möglichkeit eines rot-rot-grünen Bündnisses redet, klingt das wie eine verklausulierte Absage. Die Politik von SPD und Grünen nennt sie neoliberal und schlussfolgert für die Linke: "Dann ist gute Opposition immer noch besser als schlechte Regierungspolitik." Bartsch sagte schon am Samstag: "Natürlich sind wir auch bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen."

Und immer wieder fällt ein Name: Jeremy Corbyn

Einig sind sich beide in ihrer Kritik an der SPD und ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Es reiche nicht, wenn sie den "Lokführer" auswechsle, der Zug müsse auch in eine andere Richtung fahren - sagte Bartsch. Wagenknecht macht Schulz dafür verantwortlich, die Hoffnungen von Millionen Menschen auf einen Politikwechsel enttäuscht zu haben. Die nach seiner Nominierung hohen Umfragewerte von über 30 Prozent wertet sie als "Sehnsucht nach einer anderen Politik".

Danke für die Blumen: Spitzenkandidaten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch beim Linken-Parteitag in HannoverBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Dass die SPD inzwischen wieder stark abgesackt ist, erklärt sich Wagenknecht mit der ihres Erachtens fehlenden Bereitschaft zu einer "Gerechtigkeitswende". Ein Wort, das an den drei Tagen in Hannover immer wieder zu hören war. Das gilt auch für den Namen Jeremy Corbyn. Dem Chef der britischen Labour-Partei war es trotz gegenteiliger Prognosen gelungen, bei der Parlamentswahl ein überraschend gutes Ergebnis zu erzielen.

"Wahlen gewinnt man nicht, wenn man dem Mainstream hinterherläuft"

Ähnliches könnte auch der Linken in Deutschland gelingen, glaubt Wagenknecht. Aber, warnt sie: "Wahlen gewinnt man nicht, wenn man dem Mainstream hinterherläuft." Genau das aber unterstellt sie dem SPD-Kanzlerkandidaten, für den sie kaum mehr als Spott übrig hat: "Es steht nun leider nicht in unserer Macht, aus Martin Schulz einen Jeremy Corbyn zu machen." Eine Bemerkung, die bei vielen Delegierten Heiterkeit und bei einigen erkennbar auch Genugtuung auslöst. Die Linke, ruft Wagenknecht in den Saal, könne Deutschland "aufmischen". Mit  Leidenschaft und Engagement möge die Partei in den Wahlkampf ziehen.

Auf Oppositionskurs: Sahra Wagenknecht distanziert sich von SPD und GrünenBild: picture alliance/dpa/P. Steffen

"Wir müssen so stark werden, dass sie an uns nicht mehr vorbeikommen." Damit meint die Spitzenkandidatin der Linken alle Parteien, aber besonders SPD und Grüne. Klingt am Ende fast wie ein zaghaftes Plädoyer für Rot-Rot-Grün. Ist aber nicht so gemeint. Abgesehen davon fehlt dafür laut Umfragen die nötige gesellschaftliche Mehrheit. "Wir müssen uns doch nicht jetzt darum eine Birne machen, ob wir vielleicht regieren" - sagte Dietmar Bartsch in seiner Parteitagsrede. Dafür gab es großen Beifall. Sahra Wagenknechts Abgesang auf SPD und Grüne löste Begeisterung aus. 

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland
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