Prokon-Pleite: Der Anlegertraum ist aus
23. Januar 2014Das Angebot klingt unwiderstehlich: Man investiert in eine gute Sache und erzielt dabei Traumrendite von bis zu acht Prozent. So packte der Finanzierer von Windanlagen die Deutschen bei ihrem Öko-Gewissen und versprach hohe Gewinne. Ein wahrer Genuss sollten diese Genussscheine für die Anleger werden.
Über 75.000 Menschen sind auf Prokon reingefallen und haben dem Unternehmen in Itzehohe im norddeutschen Bundesland Schleswig-Holstein 1,4 Milliarden Euro geliehen. "Die Anleger waren vielleicht insofern zu sorglos, als sie nur das Siegel 'Erneuerbare Energien' gesehen haben und hier auf die Rendite gestürzt sind, die vom Unternehmen zugesagt worden ist", sagt Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), zur Deutschen Welle. Letztlich gelte immer noch der alte Satz: Die Rendite spiegelt das Risiko wider, das in dem Unternehmen drin ist. Dass in Prokon ein hohes Risiko stecke, zeige allein die Tatsache, dass die Firma den Umweg über Privatanleger zu weit höheren Kosten gehen musste, meint Nieding: Offensichtlich seien die Banken mit spitzen Fingern an dieses Unternehmen herangegangen.
Frühe Warnungen
1995 gründete der Ökomissionar Carsten Rodbertus die Firma "Projekte und Konzepte für Erneuerbare Energie", kurz Prokon. Stets nutzte er den grauen Kapitalmarkt, um Geld für neue Windparks einzusammeln. Bereits 2010 warnte die Stiftung Warentest vor den Risiken der Prokon-Papiere. Auch der Anlegerschützer DSW nahm das Unternehmen kritisch unter die Lupe: "Wir sehen hier vor allen Dingen Managementfehler. Insbesondere was die Transparenz des Unternehmens angeht, lässt vieles zu wünschen übrig. Es fehlen testierte Jahresabschlüsse und andere Zahlen, die es dem Anleger erlauben, das Unternehmen korrekt zu beurteilen und einzuschätzen", sagt Nieding.
Vorwürfe wurden laut, dass Prokon neues Geld anlockte, um Zinsen an alte Anleger zahlen zu können. Diese wurden misstrauisch und zogen ihr Geld zurück. Am Mittwoch (22.01.2014) meldete der Konzern schließlich Insolvenz an. Nicht nur das Management, auch der Gesetzgeber trage eine Mitschuld, meint Rechtsanwalt Nieding: "Der Gesetzgeber hat hier schlicht und ergreifend geschlafen und er ist jetzt gefordert, unbedingt tätig zu werden. Bestimmte Anlagen gehören für Privatanleger verboten, so wie das im Ausland übrigens auch gang und gäbe ist." Nach Medienberichten erwägt nun die Bundesregierung, den Verkauf einzelner riskanter Finanzprodukte an Kleinanleger in Zukunft zu beschränken oder sogar zu verbieten.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Für die Prokon-Anleger käme ein solcher Schritt zu spät. Ihr Geld würden sie im schlimmsten Fall nicht mehr wiedersehen. Über 4000 Anleger haben sich bereits an die Kanzlei Nieding + Barth gewandt. Nun müsse man die Entscheidung des Insolvenzverwalters abwarten, sagt Nieding: "Es kann durchaus Sinn machen, die Projekte des Unternehmens fortzuführen. Aber da wird es darauf ankommen, wie viel Geld tatsächlich in die Projekte geflossen ist und wie viel Geld noch nötig ist, um die Projekte ans Netz und zum Geldverdienen zu bringen." So können sich Anleger noch Hoffnung machen, einen Teil ihres Geldes zurückzuerhalten.
Die Prokon-Pleite fällt in eine Zeit, in der die Bundesregierung gerade dabei ist, die Förderung der Erneuerbaren Energien neu zu justieren. Auch von einer Deckelung der Windanlagen ist die Rede. Kippen nach der Solarindustrie nun auch die Windräder um? Jochen Diekmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) will den Fall Prokon nicht im Zusammenhang mit der ganzen Branche der Windenergie sehen: "Es geht hier um ein Unternehmen und die Strategie eines Unternehmens, das sagt nichts darüber aus, wie die wirtschaftliche Situation der Branche ist."