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Politik

Vietnamesische Bloggerin verurteilt

29. Juni 2017

Eine der bekanntesten vietnamesischen Bloggerinnen, Nguyen Ngoc Nhu Quynh, besser bekannt unter ihrem Pseudonym Me Nam ("Mutter Pilz"), ist wegen Propaganda gegen den Staat zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

Nguyen Ngoc Nhu Quynh
Bild: picture alliance/AP Photo

Die Staatsanwaltschaft hatte die 37-jährige Bloggerin nach Paragraph 88 des vietnamesischen Strafgesetzbuches angeklagt. Mit einer Verurteilung zu zehn Jahren Gefängnis hat das Gericht fast das Höchstmaß verhängt. Der Paragraph ermöglicht Strafen bis zu zwölf Jahre. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) bezeichnete die Anklage bereits im Vorfeld als "vollkommen unverhältnismäßig". Reporter ohne Grenzen, die USA, Großbritannien und die Europäische Union fordern seit längerem die Freilassung von Nguyen Ngoc Nhu Quynh.

Die Bloggerin ist seit Oktober 2016 in Haft. Die Behörden nahmen sie fest, als sie einen anderen Aktivisten in einem Gefängnis nahe des berühmten Touristenortes Nha Trang besuchen wollte. Die Sicherheitskräfte durchsuchten anschließend ihr Haus und beschlagnahmten Protestplakate, auf denen die vietnamesische Regierung aufgefordert wurde, rechtliche Schritte gegen ein taiwanesisches Stahlwerk einzuleiten. Das Stahlwerk hatte im April 2016 große Mengen hochgiftiger Abwässer illegal im Meer entsorgt. Ein ganzer Küstenstrich in Zentralvietnam wurde verseucht, die Lebensgrundlage der Fischer zerstört.

Erst neun Monate nach der Verhaftung, am 20. Juni 2016, hatte Nguyen Ngoc Nhu Quynh nach Angaben ihres Anwalts Nguyen Kha Thanh erstmalig Kontakt zur Außenwelt und zu einem Rechtsbeistand. Ihre Mutter durfte die Tochter nach Angaben von AFP gestern zum ersten Mal seit der Inhaftierung sehen, allerdings nur für fünf Minuten.

Umweltschutz als Herzensangelegenheit

Die Aktivistin bloggte seit 2006. Ihr eigentümlicher Name "Mutter Pilz" leitet sich von dem Spitznamen ihrer jüngsten Tochter ab, die "Pilz" gerufen wurde. Es ist in Vietnam üblich, Kinder bei einem Spitznamen zurufen.

Nguyen Ngoc Nhu Quynh veröffentlicht ihre Beiträge sowohl auf Facebook als auch auf Internetplattformen, die im Ausland betrieben werden, und machte auf soziale Ungerechtigkeiten und Umweltskandale aufmerksam.

Seit der Umweltkatastrophe an dem taiwanesischen Stahlwerk kommt es immer wieder zu Protesten in VietnamBild: Reuters/Kham

Im Fokus stand dabei sehr lange eine 2009 eröffnete Bauxit-Mine im zentralen Hochland Vietnams, die in Kooperation mit der chinesischen Firma Aluminium Cooperation of China Ltd. ausgebeutet wird. Bei der Umwandlung von Bauxit in Aluminium entstehen hochgiftiger Abwässer, deren fachgerechte Entsorgung in Vietnam nicht gewährleistet ist. Die Mine wurde trotz aller Proteste eröffnet.  

Nguyen Ngoc Nhu Quynh ist außerdem Mitbegründerin des "Netzwerks vietnamesische Blogger", in dem sich unabhängige Autoren organisieren. Für ihr Engagement wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem mit dem "International Woman of Courage Award" des US-Außenministeriums.

Schwere Zeiten für Kritiker

In Vietnam ist die Pressefreiheit massiv eingeschränkt. Aktuell belegt das Land auf dem Index zur Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" Platz 175 von 180. Nur in China seien derzeit mehr Blogger und Bürgerjournalisten inhaftiert als in Vietnam, schrieb "Reporter ohne Grenzen" in ihrem Jahresbericht 2017. Beobachter und Menschenrechtsgruppen werten den Prozess gegen Nguyen Ngoc Nhu Quynh auch als Signal an andere Blogger und Aktivisten: Wer sich nicht an die von der Partei vorgegebenen Spielregeln hält, drohen drakonische Strafen.

re/gh (afp,epd,rsf,hrw)

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