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Politik

Protest gegen Truppenverlegung

Ben Knight
31. Mai 2018

Durch Ostdeutschland rollen derzeit zahlreiche Fahrzeuge und Panzer der US-Streitkräfte Richtung Polen und Baltikum. Es ist eine der größten Truppenbewegungen seit Ende des Kalten Krieges - und löst Widerstand aus.

Anti-NATO Demo in Brück, Brandenburg
Bild: DW/B. Knight

Die Truppenverlegung  der US-Streitkräfte läuft bereits seit 2014, doch noch immer regt sich vereinzelt Protest: Mit Fahnen und Plakaten sind die Demonstranten an diesem Montag ins brandenburgische Brück gekommen, um gegen die rund 2000 US-Militärfahrzeuge auf dem Weg Richtung Polen Widerstand zu leisten. Etwa 50 Anhänger der Linkspartei, der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und einige Friedensaktivisten haben sich eingefunden. "Abrüsten statt aufrüsten" oder "Ami go home" ist auf ihren Bannern zu lesen. Blaue Fahnen mit Friedenstauben flattern im Wind.

Auch Brandenburgs Arbeits- und Sozialministerin Diana Golze (Die Linke) hat sich der kleinen, aber lauten Kundgebung angeschlossen."Wir haben zur Demonstration aufgerufen, weil wir uns nicht an diese Übungen hier in Brandenburg gewöhnen wollen. Wir wollten nicht, dass sie ohne Widerstand vorbeikommen", sagt Golze der DW. "Für die Verlegung von Truppen an die Grenze zwischen Polen und Russland ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt." Man müsse der "Spirale der gewaltsamen Eskalation" entkommen. "Es muss einen diplomatischen Weg geben - und nicht nur Säbelrasseln."

Auch der Länderchef lehnt ab

Die Truppenbewegungen sind Teil der NATO-Operation "Atlantic Resolve". Sie soll die Grenzen des Bündnisses in Osteuropa stärken - eine Reaktion auf Russlands Annexion der Krim und dem Krieg in Donbass 2014. Durch Ostdeutschland rollen deshalb derzeit zahlreiche Fahrzeuge und Panzer der US-Streitkräfte Richtung Polen und Baltikum.  Zum einen werden etwa 2000 Fahrzeuge für ein Nato-Manöver im Baltikum aus den südlichen Bundesländern durch Ostdeutschland geführt. Parallel dazu werden 1400 US-Fahrzeuge, die vor kurzem im belgischen Antwerpen eingetroffen sind, nach Polen verlegt. 

Operation "Atlantic Resolve": US-Militärfahrzeuge bei Brück in Brandenburg lösen Ängste aus Bild: picture-alliance/dpa-Zentralbild/R. Hirschberger

Die US-Armee ist sich bewusst, dass die Reise durch Ostdeutschland heikel sein könnte. "Unser Ziel ist absolute Transparenz", sagte Generaloberst William S. Galbraith Mitte Mai auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit einem deutschen Militärbefehlshaber. "Wir üben zum Beispiel, wie Truppenbewegungen im Notfall durchgeführt werden können."

Doch noch immer reagieren einige empfindlich auf eine massive US-Präsenz vor ihrer Haustür - bis hin zur höchsten politischen Ebene. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) signalisierte schon vor über eineinhalb Jahren Unmut über den Militärkonvoi: "Ich denke, es hilft uns auf Dauer nicht, wenn Panzer auf beiden Seiten der Grenze auf und ab fahren", erklärte er gegenüber Medien. Der brandenburgische Regierungssprecher Florian Engels gab eine diplomatischere Erklärung ab. "Die brandenburgische Landesregierung hat grundsätzlich ein klares Bekenntnis zur NATO und zur Verantwortung des Bündnisses", sagte er der DW. Aber ein enger Dialog mit Moskau sei auch wichtig.

"Die Russen haben uns nie geschadet"

Unter den Teilnehmern des Protestes in Brück ist auch Waltraud Plarre. Sie erklärt die widersprüchlichen Gefühle der Deutschen gegenüber Russland. Für viele, die in der DDR aufgewachsen seien, wäre die Sowjetunion vor allem die Macht, die Deutschland von den Nationalsozialisten befreit habe. "Viele aus dem Westen verstehen nicht, dass die Menschen im Osten sagen: Die Russen haben uns nie geschadet", sagt sie und hält ein Banner mit der Aufschrift "Amis go home" in die Höhe. "Wir haben nie erlebt, dass die Russen böse Absichten hatten. Uns jetzt alle gegeneinander aufzuwiegeln, liegt nicht im Interesse der Deutschen - weder der Menschen im Westen noch im Osten."

Bunte Fahnen als Protest: Bereits seit 2014 werden Soldaten, Panzer und Lastwagen nach Osteuropa verlegtBild: picture-alliance/dpa-Zentralbild/R. Hirschberger

Einige Anwohner nahe liegender Plattenbauten haben sich Plastikstühle in die Sonne geschoben und beobachteten die Demonstration aus der Ferne - mit gemischten Gefühlen. "Um ehrlich zu sein, stört mich der Protest mehr als der Konvoi", sagt eine Frau, als ein ferner Schuss von einem jungen Folksänger übertönt wird. "Was soll das alles? Für mich ist Putin eine Bedrohung. Wenn er so ein netter Kerl ist, warum war er dann beim sowjetischen Geheimdienst KGB?"

"Den Wahnsinn stoppen"

Nach knapp 90 Minuten ist die Kundgebung zu Ende, einige Demonstranten sind verärgert, vor allem über die ihrer Meinung nach halbherzigen Mobilisierungsbemühungen der Linkspartei. "Wo sind sie alle?", klagt Falko Hartmann bitter. "Hier sind mehr Leute von der Friedensbewegung als von der Linkspartei." Hartmann arbeitet für eine Wohltätigkeitsorganisation, die den Opfern des Krieges in Donbass hilft. Für ihn ist Kiew der Aggressor im Ukraine-Konflikt.

"Wir waren selbst unter Beschuss und wissen, woher die Granaten kommen", sagt er zu DW. "Natürlich macht keine Seite alles richtig, aber die größten Provokationen kommen eindeutig von der ukrainischen Seite." Er sei hier, um den "Wahnsinn der amerikanischen Soldaten" zu stoppen, die an die russische Grenze geschickt werden. "Aber anscheinend interessiert sich hier kaum jemand dafür", sagt er.

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