Protest von Abtreibungsgegnern in Madrid
17. Oktober 2009Unter dem Motto "Jedes Leben zählt" zogen die Demonstranten am Samstagabend (17.10.2009) durch das Zentrum der spanischen Hauptstadt. Zu der Kundgebung hatten rund 40 Organisationen mit Unterstützung der katholischen Kirche und der oppositionellen konservativen Volkspartei (PP) aufgerufen. Nach Schätzungen der Veranstalter und der Regionalbehörde zogen bis zu 1,5 Millionen Demonstranten mit Spruchbändern und Plakaten durch die Straßen Madrids. Unter ihnen war auch der frühere Ministerpräsident José María Aznar.
Ab 16 sollen Jugendliche frei entscheiden können
Die sozialistische Regierung von Premierminister José Luis Rodríguez Zapatero hatte vor drei Wochen einen Gesetzentwurf beschlossen, der die bisher geltende Indikationslösung durch eine Fristenregelung ersetzen soll. Danach bleiben Schwangerschafts-Abbrüche künftig bis zur 14. Woche straffrei. In Sonderfällen - wie bei gesundheitlichen Gefahren für die Frau oder bei schweren Missbildungen des Fötus - sollen Abtreibungen bis zur 22. Woche der Schwangerschaft zulässig sein.
Die Reform sieht auch vor, dass Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren ohne Zustimmung der Eltern über eine Abtreibung entscheiden können. Dies stößt in der Öffentlichkeit auf besonders großen Widerstand. Über das Gesetzesvorhaben soll das Parlament im November beraten. Die notwendige absolute Mehrheit scheint gesichert. Die PP kündigte für diesen Fall eine Klage vor dem Verfassungsgericht an.
Noch ist Abtreibung grundsätzlich verboten
Die spanische Bischofskonferenz kritisierte, das Gesetz sei ein Versuch, "die Vernichtung von Menschen" sowie unmoralische Verhaltensweisen rechtlich zu legitimieren. "Ein Volk, das seine Kinder tötet, ist ein Volk ohne Zukunft." Eine der an dem Protest teilnehmenden Organisationen bezeichnete die Abtreibung als "stillen Holocaust".
Nach der derzeitigen Gesetzgebung aus dem Jahre 1985 sind Abtreibungen in Spanien grundsätzlich verboten. Zugelassen sind sie nur in wenigen Ausnahmefällen wie nach Vergewaltigungen, bei Missbildungen des Fötus oder bei Gefahren für die physische oder psychische Gesundheit der Schwangeren. Der letzte Punkt lässt einen weiten Ermessensspielraum zu. Die große Mehrheit der rund 100.000 Schwangerschaftsabbrüche im Jahr wird in Privatkliniken vorgenommen.
Autor: Wim Abbink (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Gerhard M. Friese