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Politik

Proteste im Iran weiten sich aus

16. November 2019

Nachdem die Regierung in Teheran überraschend Treibstoffe rationiert und zugleich den Preis dafür drastisch erhöht hat, kocht die Wut der Iraner hoch. Der Innenminister droht den Demonstranten unverhohlen mit Gewalt.

Iran Weiter Unruhen - Kaum noch Zugang zum Internet
Protest in der Hauptstadt TeheranBild: AFP

Bei den Protesten gegen die Rationierung und Verteuerung von Kraftstoffen kam es in Teheran und mindestens 40 anderen Städten im Land zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Proteste dauerten auch am Samstagabend an. 

In den sozialen Medien hieß es, die Demonstranten hätten vielerorts Sprechgesänge gegen die Regierung angestimmt. Die Polizei habe sich Straßenschlachten mit Randalierern geliefert und Tränengas eingesetzt, um die Menge zu zerstreuen, berichtete das staatliche Fernsehen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr nahmen Sicherheitskräfte mehr als 40 Demonstranten fest. Die Staatsanwaltschaft der Stadt Jasd warf ihnen demnach vor, sie hätten die Proteste für "Sabotageaktionen" ausnutzen wollen.

Irans Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli verbreitete über das staatliche Fernsehen eine Warnung an die Protestierenden. Bislang hätten sich die Sicherheitskräfte zurückgehalten. Aber die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung habe oberste Priorität. Sollten die Protestierenden "öffentliche Güter beschädigen", seien die Sicherheitskräfte gezwungen zu handeln.

Kommunikationsweg Internet eingeschränkt

In den sozialen Medien kursieren Berichte, dass der Zugriff auf das Internet verlangsamt und einschränkt sei. Offenbar versuchten die Behörden so, die Kommunikation zwischen den Demonstranten zu unterbinden. Die Nichtregierungsorganisation Netblocks, die Blockaden des Netzes registriert, schrieb auf Twitter, die landesweite Internetnutzung sei binnen etwa einer Stunde auf nur noch sieben Prozent der normalen Nutzung gefallen. Ein offizielle Mitteilung der iranischen Regierung gibt es nicht.

Straßenblockade von Demonstranten in TeheranBild: picture-alliance/AA/Stringer

Das staatliche Fernsehen beschuldigte "feindliche Medien", das Ausmaß der Demonstrationen zu übertreiben und dazu Fehlinformationen und falsches Videomaterial in den sozialen Medien zu verbreiten. Generalstaatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri sagte dem Fernsehen, die Demonstranten, die Straßen blockierten und sich Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften lieferten, "stammten sicher aus dem Ausland".

Billiges Benzin - für Iraner ein Grundrecht?

Wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise - ausgelöst von harten US-Sanktionen - hatte die iranische Regierung in der Nacht zum Freitag Benzin rationiert und zugleich die bislang stark subventionierten Preise für Kraftstoff um mehr als 50 Prozent erhöht. Für viele Iraner absolut inakzeptabel. Sie betrachten billiges Benzin als ihr angestammtes Recht in dem erdölreichen Land. 

Angesichts der bisher extrem niedrigen Preise ist der Benzinverbrauch der Iraner sehr hoch. Der staatlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge liegt der Gesamtverbrauch der 80 Millionen Einwohner des Landes bei durchschnittlich 90 Millionen Liter pro Tag. Schätzungen zufolge werden täglich 10 bis 20 Millionen Liter außer Landes geschmuggelt.

Die Anhebung des Benzinpreises soll nach Angaben der Regierung umgerechnet etwa 2,55 Milliarden Dollar pro Jahr in die Kassen des Staates spülen, mit denen etwa 60 Millionen Iraner mit geringen Einkommen unterstützt werden sollen.

Das iranische Parlament berät an diesem Sonntag in einer Sondersitzung über die Entwicklungen. Ursprünglich wollte es eine Rücknahme der Regierungsentscheidung erzwingen. Medienberichten zufolge wurde dies aber abgelehnt. Die Abgeordneten wollen nun beraten, wie verhindert werden kann, dass der Beschluss zu einer weiteren Inflationswelle im Land führt.

qu/ml (rtr, dpa)

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