Proteste in Bulgarien halten an
30. Juli 2020Mehr als fünftausend Demonstranten strömten erneut vor dem Regierungssitz in der bulgarischen Hauptstadt Sofia (Artikelbild) zusammen, um abermals den Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten Boiko Borissow zu fordern. Außerdem marschierten hunderte Menschen auf einer großen Straße im Stadtzentrum und blockierten so den Verkehr.
"Mafia-Staat"
Die Demonstranten werfen der Regierung vor, korrupt zu sein. "Lasst uns diesen Mafia-Staat zerschlagen" und "Rücktritt und transparente Wahlen" war auf Transparenten zu lesen. Auch in anderen Landesteilen fanden Proteste gegen die Regierung statt, wenn auch in geringerem Umfang als in der Hauptstadt. An den Kundgebungen beteiligen sich Gruppierungen mit unterschiedlichen politischen Ideen, darunter Liberale sowie aus Westeuropa wegen der Corona-Pandemie heimgekehrte Studenten und Sympathisanten von Staatschef Rumen Radew.
Ausgelöst wurden die Proteste vor drei Wochen durch Razzien am Amtssitz des Präsidenten. Dabei wurden ein Anti-Korruptionsbeauftragter und ein Sicherheitsberater des Präsidenten vorläufig für Befragungen festgenommen. Ihre Büros wurden im Rahmen von zwei Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Verrats von Staatsgeheimnissen durchsucht.
Präsident gegen Premier
Der von den Sozialisten unterstützte Staatschef ist ein vehementer Kritiker von Borissows Regierung, der er "Verbindungen zu Oligarchen" vorwirft. Radew macht den Ministerpräsidenten für das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen seine Mitarbeiter verantwortlich. Borissow wiederum ist seit zehn Jahren fast ununterbrochen an der Macht. 2013 und 2016 trat er zurück, kehrte aber wenige Monate später wieder an die Regierungsspitze zurück und will auch jetzt nicht weichen. Bulgarien gilt als das EU-Land, in dem Korruption am weitesten verbreitet ist.
ml/ww (afp, dpa)