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Hoffnung und Frust bei Protesten in Glasgow

Tim Schauenberg
5. November 2021

Mit Fridays for Future demonstrieren Tausende in Glasgow für mehr Klimaschutz. Dabei sind längst nicht mehr nur Umweltaktivisten, auch die streikende Glasgower Müllabfuhr nimmt an den Prosten teil.

Protestmarsch COP26 in Glasgow
Von jung bis alt, die Protestierenden in Glasgow sind vielfältigBild: Alberto Pezzali/picture alliance/AP

Der Freitag in Glasgow: Tausende von Kindern mit ihren Eltern und Großeltern, Studierende, Arbeiter und viele andere marschieren Richtung Glasgower Innenstadt. Sie alle fordern die  Staats- und Regierungschefs anlässlich der internationalen Klimakonferenz zu mehr und entschiedenerem Handeln beim Klimaschutz auf. 

Am Ende des Demonstrationszugs erwarten sie Reden der weltweit bekanntesten Klimaktivisten. Darunter auch Greta Thunberg, sie rief bereits im Vorfeld dazu auf, öffentlichen Druck auf die Verhandlungsführer auszuüben.

"Wir müssen aus der Kohlenergie raus! Ich bin nicht naiv und weiß, dass das nicht über Nacht passieren wird", so die junge Lauren McDonald am Rand der Proteste im DW Interview. "Der Klimawandel ist wirklich wichtig für uns, und die führenden Politiker der Welt tun nicht genug, um ihn zu verhindern", sagte die zehnjährige Anna. "Wir können mehr tun, wenn wir alle zusammen sind". Sie ist gemeinsamen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder dabei. "Ich habe das Gefühl, dass ich selbst in der Welt etwas bewirken kann", fügt ihr Bruder Oran hinzu.

Klimaaktivisten drängen bei der Klimakonferenz in Glasgow schon seit Tagen auf weitergehende Vereinbarungen Bild: Euan Cherry/Avalon/Photoshot/picture alliance

Keine leeren Versprechen mehr?

Die Stimmen junger Menschen sind zwar präsent auf der Klimakonferenz COP26, sie haben aber nicht die Macht die Entscheidungen zu treffen. "Bei einigen Menschen ist ein Gefühl der Hoffnung zu spüren, und das drückt sich in Wut und Frustration über das aus, was noch nicht umgesetzt ist", schätzt Reporter Ajit Niranjan für DW-News die Situation vor Ort in Glasgow ein. 

Einige junge Aktivisten erklärten, sie würden sich eher wie Komparsen politischer Entscheidungen fühlen, die zwar die Jugend repräsentierten, aber ihnen kein Mitspracherecht gäben.  

"Die Veränderung kommt nicht schnell genug. Daran sind die Regierungen schuld, die Manager der verschmutzenden Industrie. Diese Leute halten den Wandel bewusst auf," so McDonald. 

Auf dem Gipfel in Glasgow wurden schon mehrere Vereinbarungen getroffen: zum Ausstieg aus der Kohle, zum Ende der Entwaldung und für weniger Ausstoß des klimaschädlichen Gases Methan. Bisher ist aber nicht klar, wie groß der Effekt dieser freiwilligen Zusagen wirklich sein wird.  

Alles läuft friedlich bei den Protesten, die Stimmung liegt zwischen Frust und HoffnungBild: Andrew Milligan/empics/picture alliance

Die bisherigen Zusagen der Politiker seien "nichts anderes als das, was wir schon einmal erlebt haben. Beispielsweise, wenn das Abkommen zum Stopp der Abholzung.  Etwas Ähnliches wurde schon einmal 2014 vereinbart, aber bisher nicht umgesetzt", so sagt Dominika Lasota.

Der Leiter der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, hatte am Donnerstag gesagt, dass die bisher gemachten Zusagen zur Emissionssenkung die Erwärmung auf 1,8 Grad Celsius begrenzen könnten. Als "zu rosig" kritisierten jedoch UN-Verhandlungsführer diese Einschätzung.

"Ich glaube, das ist alles nur Gerede", sagte Riona Reib, eine 18-jährige Kunststudentin, die schon als Schülerin bei Fridays for Future Protesten dabei war. "Alle bisherigen Klimakonferenzen haben ganz klar versagt."

Greta Thunberg hat zusammen mit den internationalen Aktivistinnen wie Vanessa Nakate, Dominika Lasota und Mitzi Tan eine Online-Petition gestartet, in der die Staats- und Regierungschefs aufgefordert werden "sich dem Klimanotstand zu stellen". 

Ihre Forderungen: das 1,5 Grad-Ziel beizubehalten, Investitionen und Subventionen fossiler Brennstoffe und den Bau neuer Projekte einzustellen, die kreative Kohlenstoffbilanzierung zu beenden, die bereits versprochenen jährlichen $100 Milliarden Dollar an Entwicklungsländer zu zahlen, sowie zusätzliche Mittel für Klimakatastrophen bereitzustellen und eine Klimapolitik zu betreiben, die Arbeitnehmer und die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen schützt. 

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels hatten mehr als 1,5 Millionen Menschen die Petition unterzeichnet.

Schon vor der Konferenz forderten Menschen im nordindischen Dharamsala entschiedenere Maßnahmen zum Klimaschutz Bild: Ashwini Bhatia/AP/picture alliance

Arktisches Eis schmilzt auch in Glasgow  

Für den Protest in Glasgow wurde extra ein riesiger Eisbrocken aus der Arktis nach Schottland verschifft. Professor Gail Whiteman, Gründerin der Umweltinitiative Arctic Basecamp, hofft dass der Eisberg den Diskussionen Iin Glasgow ein Gefühl der Dringlichkeit vermittelt. 

"Studien zeigen, dass der Verlust von Schnee und Eis in der Arktis die globale Erwärmung um 25 bis 40 % verstärken wird", so Whiteman. "Wir dachten, dass die Verhandlungsführer hier tatsächlich mit der Arktis konfrontiert werden müssen, also haben wir den Eisberg mitgebracht." 

Schon am Mittwoch lief ein Protestzug indigener Oberhäupter durch Glasgow, in London hatten Demonstranten am Donnerstag eine Sitzblockade gebildet, die später von der Polizei aufgelöst wurde. Klimaaktivisten von "Extinction Rebellion" führten Straßenmärsche an und protestierten vor Banken , während die führenden Politiker der Welt beim Bankett zusammensaßen.  

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Klimafrage vereint soziale Gruppen

Die Klimafrage beschäftigt längst nicht mehr nur Umweltaktivisten, sondern ist auch zu einem sozialen Thema geworden mit dem sich immer mehr Gruppen der Gesellschaft identifizieren.

"Die Proteste auf der COP26 sind das neueste aufregende Signal dafür, dass sich die Klimabewegung mit Arbeitnehmern und Aktivistengruppen zusammenschließt, die sich für eine Reihe von Zukunfts-Themen jenseits des Klimas engagieren. Soziale Bewegungen, die vielfältige Koalitionen bilden, haben viel größere Chancen, einen positiven sozialen Wandel zu erreichen.” so die Soziologin Dana R. Fisher von Universität Maryland (USA) über die Klimabewegung bei der COP26.

Zu Beginn der Woche hatte sich Fridays for Future am Streik der lokalen Müllabfuhr in Glasgow beteiligt und die Forderungen der Gewerkschaft GMB nach mehr Investitionen zur Bekämpfung von Glasgows Abfallkrise und für eine saubere und grünere Stadt unterstützt. 

"Wenn einem die Umwelt am Herzen liegt, muss man in Dienstleistungen investieren. Aber leider werden in Glasgow nur horrende Effizienzeinsparungen vorgenommen, wie sie es nennen. Wir nennen es nichts anderes als Kürzungen", wird Chris Mitchell von der GMB in der Tageszeitung Evening Standard zitiert.

Im Gegenzug nehme jetzt auch die Gewerkschaft GMB und streikende Müllarbeiter nehmen am Fridays For Future Klimaprotest teil. "Wir marschieren mit ihnen für Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit, bei der niemand zurückbleibt”, so Michtell in einer flammenden Rede, das per Video auf Twitter veröffentlicht wurde.

 

Bericht mit Beiträgen von Heather Moore, Irene Baños und Ajit Niranjan aus Glasgow.

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