Prowestliche Koalition in Kiew zerbricht
17. Mai 2019Die prowestliche Regierung in der Ukraine steht vor dem Aus. Die Regierungspartei Volksfront von Ex-Premier Arsenij Jazenjuk kündigte an, aus der Koalition auszutreten. Sollte innerhalb von 30 Tagen kein neues Bündnis zustande kommen, kann der Präsident vorgezogene Wahlen in der Ex-Sowjetrepublik ansetzen. Dies solle aber unbedingt vermieden werden, sagte Regierungschef Waldmir Groisman nach der Ankündigung im Parlament.
Die Koalition litt bereits seit 2016 unter dem schrittweise erfolgten Austritt dreier Regierungsparteien. Das Bündnis verfügt nicht mehr über die notwendige Mehrheit von 226 Stimmen. Der neu gewählte Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bisher keine stabile Machtbasis im Parlament - seine Partei Sluha Narodnu (Diener des Volkes) ist in der Oberstenj Rada bislang nicht vertreten.
Stabwechsel am Wochenanfang
Am Montag soll Selenskyj sein Amt antreten. Der Komiker und Schauspieler hatte sich mit 73 Prozent der Stimmen klar gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durchgesetzt. Laut Verfassung hat er nach seinem Amtsantritt knapp eine Woche Zeit, um das Parlament aufzulösen. Die reguläre Amtszeit der Volksvertretung endet im Herbst. Bei einer Neuwahl könnte Selenskyjs Partei laut Umfragen mit etwa 40 Prozent der Stimmen rechnen.
Die Ukraine befindet sich nach der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland in einem äußerst gespannten Verhältnis zu Moskau. In den Regionen Luhansk und Donezk kontrollieren von Russland unterstützte Separatisten große Gebiete und mehrere Hundert Kilometer der gemeinsamen Grenze.
Mehr Pässe aus Moskau
Kremlchef Wladimir Putin hatte Anfang des Monats ein Dekret unterschrieben, mit dem er weiteren Gruppen ukrainischer Bürger das Anrecht auf die russische Staatsbürgerschaft einräumt. Die Ukraine und der Westen protestierten gegen die Verfügung.
Es gibt Befürchtungen, dass Moskau den Schutz seiner Bürger auf ukrainischem Gebiet als Vorwand nutzen könnte, um offiziell Truppen in das Nachbarland zu schicken. Nach russischen Angaben sind seit 2014 bereits mehr als 350.000 Ukrainer eingebürgert worden.
jj/sti (dpa, afp, rtr)