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PolitikBulgarien

Prowestliche Regierung in Bulgarien

6. Juni 2023

Die beiden größten politischen Konkurrenten werden Partner. An der Spitze der neuen Regierung in Sofia sollen sich zwei Ministerpräsidenten ablösen.

Bulgarien | Nikolay Denkov
Zunächst soll der 60-jährige Physikochemiker Nikolaj Denkow (PP) Regierungschef seinBild: BGNES

Nach monatelanger politischer Krise hat Bulgarien nun eine Europa-freundliche Regierung. Nach der fünften Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren bestätigte das Parlament jetzt eine reguläre Regierung. Diese löst das Übergangskabinett ab, das Präsident Rumen Radew vor der Neuwahl vom 2. April eingesetzt hatte.

Mit der neuen Regierung erwarten Beobachter, dass sich das südöstliche EU-Land den westlichen Verbündeten bei ihrer Unterstützung für die Ukraine konsequenter anschließt. Der 60-jährige Physikochemiker Nikolaj Denkow (PP) wurde mit einer Mehrheit von 132 Abgeordneten aus den Reihen des Wahlsiegers GERB-SDS und des zweitplatzierten Blocks PP-DB zum Ministerpräsidenten gewählt.

Die russlandfreundlichen Sozialisten, die prorussische und nationalistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) und die systemkritische ITN sind in der Opposition.

Die Regierungsbildung war von Protesten im Parlament von Sofia begleitetBild: BGNES

Die neue Regierung schreibt in dem NATO-Land Geschichte mit einem Novum, das den Kompromiss zwischen den rivalisierenden Lagern ermöglichte: Das Amt des Ministerpräsidenten soll nach neun Monaten wechseln. Nach Denkow soll Ex-EU-Kommissarin Maria Gabriel (GERB) als Regierungschefin an der Reihe sein.

Bis dahin ist die 44-jährige Vize-Ministerpräsidentin und Außenministerin. Sie ist die einzige Vertreterin von GERB-SDS in dieser Regierung. Es gibt kein Koalitionsabkommen, sondern nur ein "Gentlemen's Agreement", wie beide Seiten betonen.

Der frisch gewählte Denkow umriss die wichtigsten Baustellen seiner Regierung: Korruptionsbekämpfung und eine Justizreform sowie der Beitritt zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum und zur Euro-Zone. Die Einführung des Euro ist für 2025 angestrebt.

Mehr Unterstützung der Ukraine erwartet

Der neue Verteidigungsminister Todor Tagarew gilt als überzeugter Atlantiker und "politischer Falke". Mit ihm erwarten Beobachter eine konsequentere Unterstützung für die Ukraine - in Bulgarien wird von der Ukraine dringend gebrauchte Munition hergestellt. Damit scheint ein Konflikt zwischen der neuen Regierung und Staatschef Radew vorprogrammiert: Der frühere Kampfpilot und Chef der Luftwaffe gilt als russlandfreundlich und kritisiert die pro-ukrainischen Parteien im Land als "Kriegstreiber".

Bei den Bulgarinnen und Bulgaren polarisiert die neue Regierungsallianz in Sofia. Beide Lager hatten nach gegenseitigen Korruptionsvorwürfen zunächst geschworen, niemals eine Koalition einzugehen. Während auf der einen Seite  das Zustandekommen einer regulären Regierung gelobt wird, gibt es auf der anderen Seite harsche Kritik. Von einer "Zweckehe" ist die Rede, "Schande" und "Regierung der US-Botschaft".

Mit ihrer Allianz wollten GERB-SDS und PP-DB den Einfluss von Staatschef Radew einschränken. Die Amtszeit der neuen Regierung begrenzten sie selbst auf zunächst 18 Monate. Doch selbst an dieser vergleichsweise kurzen Regierungszeit zweifeln manche bereits.

uh/sti (dpa, afp, ap)

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