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Prozess-Beginn gegen Radovan Karadzic

22. Oktober 2009

Ab Montag muss sich der einstige Führer der bosnischen Serben in Den Haag verantworten. Zwar wird Karadzic immer noch von Unverbesserlichen als Held verklärt, doch insgesamt ist das Interesse am Prozess gering.

Radovan KaradzicBild: DPA

In Serbien herrscht in Sachen Karadzic keine große Aufregung. Sowohl Menschen als auch Medien verlieren kaum Worte über den Prozess. Anders Stasa Zajovic, die Koordinatorin der Nichtregierungsorganisation Frauen in Schwarz. Für sie ist der Auftakt des Karadzic-Prozesses der geeignete Moment für die serbische Gesellschaft, um sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Doch leider verschließen viele Menschen in Serbien die Augen vor dem Thema Kriegsverbrechen. Eher herrscht der Eindruck vor, die Auseinandersetzung mit diesem Kapitel der jüngsten Vergangenheit sei von außen aufgezwungen. „Es wird nicht als Möglichkeit zur Distanzierung von Kriegsverbrechen gesehen. Man sieht es nicht als Chance, moralische Grundsätze zu ändern, bei denen es nicht darum geht, Verbrechen zu glorifizieren, sondern darum, dass Verbrecher bestraft werden und die Menschenrechte gelten. Und vor allem, dass man Respekt gegenüber den Opfern zeigt“, sagt Zajović.

Serbische Nationalisten - Proteste gegen AuslieferungenBild: AP

Zusammenarbeit mit dem Tribunal

Seit dem Jahr 2000, als die Ära Milošević zu Ende ging, ist das Thema Haager Tribunal ein Stolperstein für serbische Politiker. Als der ehemalige Premierminister Zoran Djindjic laut sagte, daß die Kriegverbrecher nach Den Haag gehörten, wurde er ermordet. Sein Nachfolger, der Nationalist Vojislav Koštunica, lieferte die meisten Kriegsverbrecher aus. Auf ausländischen Druck bot Koštunica seinerzeit den Kriegsverbrechern und ihren Familien viel Geld an. Manche stellten sich freiwillig dem Haager Tribunal - nicht aber die zwei bekanntesten Gesuchten, Karadzic und Mladic.

Die Haltung der Politiker hat sich geändert

Erst die letzte Regierung der Demokratischen Partei des Präsidenten Tadić ließ gleich zu Beginn ihrer Amtszeit Karadzic in Belgrad verhaften. Viele Politiker dieser Regierung hätten eine andere Haltung zu den Verpflichtungen Serbiens gegenüber dem Haager Tribunal anders als die Vorgänger-Regierung von Koštunica. Das meint Jelena Milic, Direktorin des Zentrums für euroatlantische Studien: „Zumindest sagen jetzt manchmal einige Politiker, wie zum Beispiel der für das Haager Tribunal zuständige Rasim Ljajić, aber auch Präsident Tadić, dass die Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt und verurteilt werden müssen. Vor allem wegen uns Serben, aber auch wegen der Opfer sowie der europäischen Integration“, meint Milic.

Wenig Interesse

Den Durchschnittsbürger interessiert dies in der Regel wenig. Dennoch sind sich die meisten über den Stellenwert der Vergangenheitsbewältigung für ihr Land im Klaren. Stimmen von Menschen aus Belgrad: „Ich gehöre nicht zu denen, die denken, dass das ein Prozess gegen Serbien ist. Es ist wichtig, dass am Ende doch herauskommt, was Karadzic und der damalige Staatsapparat zu verantworten haben.“ Ein anderer sagt, er sei froh, dass Karadzic festgenommen wurde. „Denn Serbien wurde seinetwegen oft politisch angegriffen, es würde mich freuen, wenn diese Angriffe unterblieben.“

Karadzic und Ratko MladicBild: picture-alliance/ dpa

Politische Angriffe, wie es der Mann nennt, werden aber wohl erst dann ausbleiben, wenn die beiden letzten mutmaßlichen Kriegsverbrecher, Goran Hadzić und Ratko Mladic, verhaftet und ausgeliefert worden sind. Die Festnahme und Überstellung ist übrigens auch eine der Bedingungen für einen Beitritt Serbiens in die Europäische Union. Präsident Tadić betont immer wieder, dass der serbische Polizeiapparat in Gänze auf die Ergreifung Mladić konzentriert sei. Markige Worte des Präsidenten, denen im Fall Mladic bislang aber keinen Taten gefolgt sind.

Autor: Sanja Blagojevic/Bahri Cani

Redaktion: Birgit Görtz

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