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Gezi-Aktivisten vor Gericht

12. Juni 2014

Vor einem Gericht in Istanbul müssen sich die Organisatoren der Gezi-Proteste verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert lange Haftstrafen. Die Aktivisten sprechen von einem politischen Prozess.

Demo vor dem Gerichtsgebäude in Istanbul 12.06.2014 (Foto: Getty Images)
Bild: Ozan Kose/AFP/Getty Images

Bis zu 13 Jahre sollen die mutmaßlichen Anführer nach dem Willen der Anklage ins Gefängnis. Sie wirft ihnen die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Eine der Hauptangeklagten, Mücella Yapici wies den Vorwurf als "lächerlich" zurück: "Man kann keine kriminelle Organisation gründen, nur indem man sagt, 'Ich will kein Einkaufszentrum'. Das ist völlig lächerlich", sagte die 63-jährige Chefin der Istanbuler Architektenkammer. Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich Anhänger der Protestbewegung, um die Angeklagten zu unterstützten (s. Artikelbild).

Die Protestbewegung sei "sehr friedlich" gewesen, während die Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen seien, erklärte Yapici. Auch der Generalsekretär der Istanbuler Ärztekammer, Ali Cerkezoglu, wies die Anschuldigungen vor Gericht zurück: "Das einzige Ziel dieses Prozesses ist es, unsere Bewegung in Verruf zu bringen."

Menschenrechtler: Prozesses einstellen

Die Angeklagten sind Mitglieder der Organisation "Taksim Solidarität", eines Dachverbandes der Protestbewegung, die im vergangenen Sommer entstanden war. Eine brutale Polizeiaktion gegen Umweltschützer, die gegen ein Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park demonstrierten, löste damals landesweite Unruhen aus, in deren Verlauf mindestens acht Menschen starben und rund 8000 Menschen verletzt wurden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine Einstellung des "politisch motivierten Schauprozesses". Die türkische Menschenrechtsorganisation IHD erklärte, das einzige Ziel des Verfahrens sei es, die Menschen einzuschüchtern" und kritische Stimmen in der Türkei zum Schweigen zu bringen.

Erdogan will Justiz überstimmen

Die türkische Justiz hat das Bauprojekt in dem Park inzwischen gestoppt, doch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan brachte das Thema jetzt erneut auf die Tagesordnung. Medienberichten zufolge sprach Erdogan in einer Rede vor Politikern seiner Regierungspartei AKP die Möglichkeit eines Referendums über den Plan zur Errichtung eines Einkaufszentrums in Form eines osmanischen Kasernengebäudes auf dem Gelände des Parks an. Er sei sicher, dass die Wähler im Istanbuler Stadtteil Beyoglu, in dem der Gezi-Park liegt, das Projekt unterstützen würden, sagte Erdogan. Er verwies auf den Sieg der AKP in Beyoglu bei den Kommunalwahlen im März.

Proteste am Jahrestag der Gezi-Park-Unruhen am 31.05.2014Bild: picture-alliance/AP Photo

Zum Jahrestag der Gezi-Unruhen vor zwei Wochen hatte die Regierung mit einem massiven Polizeiaufgebot Kundgebungen von Regierungsgegnern in Istanbul und anderen Städten unterbunden. Die Sicherheitskräfte gingen mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, mehr als 200 Menschen wurden nach Angaben von Aktivisten vorübergehend festgenommen. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gab es auch in der Hauptstadt Ankara und im südtürkischen Adana.

gmf/qu (afp, dpa)

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