1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Verfahren gegen NS-Kriegsverbrecher

2. September 2013

Fast 70 Jahre nach der Tat wird dem mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Siert Bruins vor dem Hagener Schwurgericht der Prozess gemacht. Die Anklage lautet Mord. Bruins soll einen Widerstandskämpfer erschossen haben.

Siert Bruins mit seinem Anwalt Klaus-Peter Kniffke (links) im Gerichtssaal des Haager Schwurgerichts (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Vor dem Hagener Schwurgericht hat einer der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse begonnen. Der 92-jährige Siert Bruins aus Westfalen soll als Angehöriger der nationalsozialistischen Grenz- und Sicherheitspolizei 1944 an der Erschießung des niederländischen Widerstandskämpfers Aldert Klaas Dijkema beteiligt gewesen sein. Er ist angeklagt wegen Mordes.

Der gebürtige Niederländer, der sich mit 20 Jahren freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte und später in der Grenz- und Sicherheitspolizei in seiner Heimat eingesetzt wurde, war schon 1949 in Abwesenheit in den Niederlanden wegen des Mordes an Dijkema zum Tode verurteilt worden. In den niederländischen Medien wird er deshalb als "Het Beest van Appingedam" bezeichnet - als das Biest von Appingedam. Die Strafe wurde später in lebenslange Haft umgewandelt.

Hagener NS-Prozess: Angeklagter schweigt

01:25

This browser does not support the video element.

Bruins war jahrelang untergetaucht

Verbüßt hat Bruins die Strafe jedoch nicht, denn er war in Deutschland untergetaucht. Drei Jahrzehnte lebte er völlig unbehelligt in einer Kleinstadt in Westfalen. "Er hatte eine Zaunfirma und war ein angesehener und geachteter Geschäftsmann", sagt sein Verteidiger Klaus-Peter Kniffka. Seinen Namen hatte der Angeklagte geändert. Auch heute lebt er noch mit seiner Frau im westfälischen Breckerfeld. Erst 1978 war die Tarnung des NS-Kriegsverbrechers aufgeflogen. Der Nazi-Jäger Simon Wiesenthal hatte ihn aufgespürt.

Drei Jahrzehnte lebte Siert Bruins unter falschem Namen in WestfalenBild: NDR/Panorama dpa

Wegen Beihilfe zum Mord an zwei jüdischen Brüdern war Bruins bereits 1980 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Die für NS-Verbrechen zuständige Dortmunder Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Bruins im nun angeklagten Fall das Opfer am 22. September 1944 auf Befehl eines Vorgesetzten mit einem Mittäter in die Nähe einer Fabrik in Appingedam gebracht hat. Dort wurde viermal auf Dijkema geschossen - auch in den Hinterkopf. Später sollen der Angeklagte und sein - inzwischen verstorbener - Mittäter behauptet haben, dass ihr Opfer fliehen wollte.

Mord verjährt nicht

Dass Bruins erst jetzt wegen des Verbrechens 1944 vor Gericht kommt, liegt daran, dass die Tat in Deutschland ursprünglich als Totschlag gewertet wurde - und der wäre verjährt. Inzwischen sieht die Staatsanwaltschaft den Tod Dijkemas aber als Mord - und Mord verjährt nicht.

Wegen des hohen Alters und verschiedener Krankheiten des 92-Jährigen kann nach Angaben des Gerichts nur drei Stunden pro Tag verhandelt werden. Nach Angaben des Verteidigers will sein Mandant zunächst zu den Vorwürfen schweigen.

Zuletzt war im Mai 2011 John Demjanjuk vom Landgericht München II wegen Beihilfe zum Mord an über 28.000 Häftlingen des Vernichtungslagers Sobibor verurteilt worden. Seine fünfjährige Haftstrafe musste er aber nicht antreten: Im März 2012 starb er im Alter von 91 Jahren.

as/sti (dpa)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen