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Geldsammeln für Islamisten: Vier Russen vor Gericht

25. Mai 2025

In Hamburg müssen sich vier Männer aus Russland vor Gericht verantworten, weil sie Spenden für die Terrormiliz "Islamischer Staat" gesammelt haben sollen.

Das Symbolbild zeigt eine Hand im Dunkeln, die ein Handy hält, auf dem die Plattform
Telegram zu sehen ist
Über die Plattform Telegram sollen die Geldsammel-Aktionen für die islamistische Terror-Miliz "IS" gelaufen seinBild: Jaap Arriens/NurPhoto/IMAGO

Die Vorwürfe gegen die vier Angeklagten, allesamt russische Staatsbürger, wiegen schwer: Wenn an diesem Montag in Hamburg der Prozess vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht beginnt, wird den Beschuldigten unter anderem vorgeworfen, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung aus dem Ausland zu sein. Ein weiterer Anklagevorwurf lautet: Unterstützung einer Terror-Vereinigung, ebenfalls im Ausland.

Konkret steht in der Anklageschrift: Die Beschuldigten sollen in den sozialen Netzwerken Spendengelder für die vor allem in Syrien aktive Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS)  eingeworben haben, insgesamt 174.000 Euro.

Die islamistische Gefahr ist immer noch da

Kein Einzelfall: Lange Jahre galt die Gefahr, die von Islamisten in Deutschland ausgeht, als stärkste Bedrohung für das Land, vor allem in den Jahren nach den New Yorker Terroranschlägen vom 11. September 2001. Mittlerweile sind rechtsextrem motivierte Gewalttaten und kriminelle Aktivitäten auch nach Ansicht der zuständigen Behörden eine noch stärkere Bedrohung. Aber auch die kriminelle Energie, die von Islamisten ausgeht, ist nach wie vor groß.

August 2024 in Solingen: Bei einer Messerattacke sterben drei Menschen, der "Islamische Staat" bekennt sich später zu dem VerbrechenBild: Thomas Banneyer/dpa/picture alliance

Das sieht auch der Innenexperte der Bundestagsfraktion der Grünen, Konstantin von Notz, so. Der DW sagte von Notz: "Islamistisch motivierte Taten sind weiterhin eine sehr ernstzunehmende sicherheitspolitische Gefahr für unser Land. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Strafverfolgungsbehörden in Sachen Terrorismusfinanzierung sehr genau hinschauen und Hinweisen entschlossen nachgehen. Gerade mit Blick darauf, wie vielfältig die Bedrohungen für unsere Demokratie derzeit sind, ist das extrem wichtig."

Rund 1000 Gewalttaten von Islamisten 2024 in Deutschland

Wie groß die Bedrohung durch Islamisten nach wie vor in Deutschland ist, machte in der vergangenen Woche auch der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) deutlich: Die Zahl der Straftaten, die man im weitesten Sinne als politisch motiviert bezeichnen kann, sei sprunghaft gestiegen, teilte er bei der Vorstellung eines Kriminalitäts-Berichts in Berlin mit.  Insgesamt registrierten die Behörden 2024 über 84.000 solcher Straftaten und damit gut 40 Prozent mehr als 2023.

Ein Großteil der Delikte wurde demnach von Rechtsextremen und Rechtradikalen verübt, viele auch von antisemitisch motivierten Tätern, vor allem seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023. Aber nach wie vor sind die Straftaten von Islamisten seit Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau. Auch die Zahl der Delikte, bei denen Gewalt angewandt wurde, bestätigt das: Unter den 4107 Gewalttaten mit politischem Motiv im vergangenen Jahr ist der Anteil jener, die laut Polizei einen rechtsextremen Hintergrund haben, mit rund 36 Prozent besonders hoch. Aber immerhin noch 975 Gewalttaten entfielen auf den Bereich "ausländische Ideologie".

Auch die Gefahr durch Islamisten ist nicht geringer geworden: Innenminister Dobrindt stellt in Berlin die neue Statistik der politisch motivierten Gewalt vorBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Mehrere Prozesse rund um die Terror-Finanzierung

Das Eintreiben von Spenden für den "Islamischen Staat" hat Gerichte in Deutschland zuletzt öfter beschäftigt. So begann Anfang April dieses Jahres in Stuttgart ein Prozess gegen weitere zwei mutmaßliche Unterstützer des "Islamischen Staates": Hier wird einem 34 Jahre alten Deutschen und einem 29-jährigen Syrer ebenfalls vorgeworfen, für den IS vorgesehene Spendengelder weitergegeben zu haben. Noch bis in den September soll das Verfahren dauern.

Bereits verurteilt ist ein 28 Jahre alter Mann wegen eines ähnlichen Vergehens in Frankfurt am Main. Das dortige Oberlandesgericht urteilte am 21. Mai: Es sei erwiesen, dass der Mann zwischen Mai 2020 und August 2021 rund 4200 Euro an den IS überwiesen habe.

Und auch hier wurde zu den Spenden in den sozialen Medien wie Telegram aufgerufen. Empfänger sollten Frauen und Kinder von IS-Kämpfern sein, die in zwei Camps im Norden Syriens "interniert" seien. Zusammen mit den Aufrufen wurde auch mitgeteilt, wie die Aktion ablaufen sollte: Unter anderem über Finanzagenten in der Türkei wurde das Geld an Mitglieder des IS in Syrien transferiert.  

Deutscher Verfassungsschutz hat Islamisten im Fokus

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzte im Jahr 2023 die Zahl der Menschen in Deutschland, die islamistischen Bestrebungen nahestehen, auf 27.200. Wörtlich heißt es auf der Internetseite der Behörde: "Europa, und damit auch Deutschland, stehen weiterhin und verstärkt im Fokus terroristisch-jihadistischer Organisationen, vor allem des 'IS', aber auch von 'Al-Qaida'."

Und ein weiteres Detail des Berichts führt auch näher zu den möglichen Tätern, die jetzt in Hamburg vor Gericht stehen. Der Verfassungsschutz schreibt weiter: "Der Islamische Staat Provinz Khorasan (ISPK) scheint derzeit der stärkste IS-Regionalableger zu sein. Nachdem der ISPK bisher vor allem die Durchführung von Anschlägen in Afghanistan forcierte, mehren sich die Anhaltspunkte dafür, dass nunmehr auch Deutschland und Europa als potenzielle Anschlagsziele in Betracht gezogen werden."

Auch deshalb nimmt wohl die Zahl von Bürgern aus Russland oder den Kaukasus-Staaten zu, die in Deutschland für den IS aktiv sind - nicht nur mit Gewalttaten, auch beim Einsammeln von Spendengeldern.