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Politik

Prozessauftakt um Tod von George Floyd

29. März 2021

Vor zehn Monaten starb der Afroamerikaner unter dem Knie eines weißen US-Polizisten. Die Weltöffentlichkeit schaut auf den Beginn des Hauptverfahrens.

USA Minneapolis | Prozessauftakt: George Floyd
Ein Blick in den Gerichtssaal in MinneapolisBild: Court TV Pool/AP/dpa/picture alliance

Fast ein Jahr nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA hat das Hauptverfahren gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin begonnen. Zunächst legten die Geschworenen ihren Eid ab. Der Richter Peter Cahill klärte sie über ihre Pflichten im Prozess auf. Er erwartet, dass das Hauptverfahren in der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota bis zu einem Monat dauert.

Anschließend wurden die Eröffnungsplädoyers gegen Chauvin gehalten. Der Staatsanwalt Jerry Blackwell erklärte, Chauvin habe gegen den unbewaffneten Floyd "exzessive" und unverhältnismäßige Gewalt eingesetzt und damit seine Pflichten als Polizist verletzt. Floyd sei in Handschellen gewesen und habe 27 mal gefleht, ihn atmen zu lassen, doch Chauvin habe nicht von ihm abgelassen, so Blackwell.

Eine schwierige Aufgabe für Richter Peter CahillBild: REUTERS

Die Gerichtsverhandlung sei "ein Referendum" darüber, "wie weit Amerika in seinem Streben nach Gleichheit und Gerechtigkeit für alle gekommen ist", sagte der Anwalt der Floyd-Familie, Ben Crump. "Die Fakten sind einfach. Was George Floyd tötete, war eine Überdosis an exzessiver Gewalt." 

Gedenkminuten vor Prozessbeginn

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai 2020 in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme zu Tode gekommen. Auf Videoaufnahmen ist dokumentiert, wie Polizisten den unbewaffneten Schwarzen zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Er war unter dem Verdacht festgenommen worden, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Zum Auftakt des Prozesses hatten Angehörige mit einer emotionalen Geste an Floyd erinnert, indem sie gut acht Minuten vor dem Gerichtsgebäude in Minneapolis niederknieten. 

Strafmaß: 40 Jahre Gefängnis

Chauvin, der nach dem Vorfall aus dem Polizeidienst entlassen wurde, muss sich wegen Mordes zweiten Grades ohne Vorsatz verantworten, worauf in Minnesota bis zu 40 Jahre Haft stehen. Nach deutschem Recht entspräche dieser Anklagepunkt eher dem Totschlag. Zudem wird ihm Mord dritten Grades vorgeworfen, worauf bis zu 25 Jahre Haft stehen, und Totschlag zweiten Grades, der mit zehn Jahren geahndet werden kann.

Der Ex-Polizist ist derzeit auf Kaution frei und muss während des Prozesses anwesend sein. Chauvin hat auf nicht schuldig plädiert. Seine Verteidiger erklären, der Einsatz gegen Floyd sei gerechtfertigt gewesen, weil dieser Widerstand geleistet habe. Zudem argumentieren sie, dass Floyds Tod nicht auf Gewalteinwirkung zurückgehe, sondern vor allem auf dessen vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut.

Aufstand gegen Rassismus

Der Prozess wird weltweit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Floyds Schicksal hatte in den USA mitten in der Corona-Pandemie monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt. Die Proteste unter dem Motto "Black Lives Matter" ("schwarze Leben zählen") erschütterten das Land in historischem Ausmaß. Auch in anderen Teilen der Welt, darunter in Deutschland, gingen Menschen gegen Rassismus auf die Straße.

Rechtsanwalt Ben Crump, der die Opferfamilie vertritt, bei einer Pressekonferenz am SonntagBild: Jerry Holt/Star Tribune//AP/picture alliance

In den USA hoffen viele auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt setzt. "Das ist kein schwieriger Fall", erklärte Anwalt Crump in der vergangenen Woche. "George Floyds Tod wurde von mehr Menschen bezeugt als jeder andere, weiß oder schwarz. Wir haben alle das Gleiche gesehen: Den unwiderlegbaren und nicht zu rechtfertigenden Mord an einem schwarzen Mann durch einen Polizeibeamten", schrieb Crump auf Twitter.

14 Geschworene bleiben anonym

Das Hauptverfahren wird live übertragen. Die Geschworenen, die letztlich über Chauvins Schuld oder Unschuld befinden, sollen dabei aber nicht gezeigt werden. Ihre Identität wird aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres geheim gehalten. Zwei der 14 Jury-Mitglieder gelten als Ersatzkandidaten, am Schluss werden also nur zwölf das Urteil fällen. Die Auswahl der Geschworenen hatte sich zweieinhalb Wochen hingezogen, weil es dem Gericht schwergefallen war, in diesem prominenten Fall möglichst unvoreingenommene Kandidaten zu finden.

Floyds Satz "Ich kann nicht atmen" wurde zum Protest-Slogan - hier bei einer Kundgebung in Minneapolis am SonntagBild: Octavio Jones/REUTERS

Die Stadt Minneapolis hatte sich erst kürzlich wegen des Vorgehens der Polizei mit Floyds Familie auf eine Vergleichszahlung in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (etwa 22,6 Millionen Euro) geeinigt. Das strafrechtliche Verfahren ist davon jedoch nicht direkt betroffen. Neben Chauvin sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt. Sie sollen sich ab Ende August in einem separaten Prozess verantworten. Den ehemaligen Beamten wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen drohen langjährige Haftstrafen.

jj/se/kle (dpa, afp, rtr, ap)

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