Pulverfass Nahost
19. November 2012Die diplomatischen Bemühungen um den Frieden in Nahost laufen auf Hochtouren. Große Hoffnungen ruhen dabei auf Ägypten, denn Präsident Mohammed Mursi - Mitglied der Muslimbruderschaft - unterhält beste Verbindungen zur radikal-islamischen Hamas. Medienberichten zufolge kam es unter ägyptischer Vermittlung auch schon zu Gesprächen zwischen einem Unterhändler Israels und einem der Hamas. Über eine mögliche Annäherung ist allerdings nichts bekannt.
EU berät in Brüssel über Gaza-Krise
An der Suche nach Auswegen aus der Krise beteiligen sich noch viele andere. Die Außen- und Verteidigungsminister der EU wollen an diesem Montag in Brüssel über den Gaza-Konflikt beraten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle kündigte zudem an, in Kürze in die Krisenregion zu reisen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wird derweil in Kairo erwartet, um mit Ägyptens Präsident Mursi das weitere Vorgehen zu besprechen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow schlug ein Treffen des Nahost-Quartetts vor, dem neben Russland und den USA auch die Europäische Union und die Vereinten Nationen angehören.
Eines ist allen klar: Der Nahe Osten ist ein Pulverfass - und ein Krieg in Gaza könnte einen Flächenbrand auslösen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama betonten beide das Recht des israelischen Staates auf Selbstverteidigung. Zugleich telefonierten beide Staatschefs mit der israelischen Regierung und sagten, es müsse alles getan werden, um schnellstmöglich einen Waffenstillstand zu erreichen.
Zahl der Toten steigt
Israel und die Hamas setzten ihre gegenseitigen Luftangriffe ungeachtet aller diplomatischen Bemühungen und Friedensappelle fort. Seit Mittwoch haben laut israelischen Angaben militante Palästinenser fast 1000 Raketen auf Israel abgefeuert. 540 Raketen seien eingeschlagen – unter anderem in den Städten Aschkelon, Beerscheva und Sderot. 287 Raketen seien im Flug abgefangen worden, einige von ihnen kurz vor Tel Aviv. Der Rest sei fehlgeleitet gewesen und zum Teil im Meer gelandet.
Israel griff seinerseits mehr als 1100 Ziele im Gazastreifen an. Dabei wurden unter anderem Verwaltungsgebäude und das Hauptquartier der Hamas schwer getroffen. Offiziellen Angaben zufolge wurden in dem Konflikt bisher mehr als 90 Palästinenser getötet, Israel beklagt drei tote Zivilisten. Hinzu kommen mehr als 500 Verletzte, fast alle auf palästinensischer Seite.
Vorbereitungen für Bodenoffensive fast abgeschlossen
Unter den Bewohnern des Gazastreifens macht sich inzwischen immer mehr Angst vor einer möglicherweise bevorstehenden Bodenoffensive breit. Medienberichten zufolge flohen tausende Bewohner aus dem Grenzgebiet zu Israel.
Grund zur Sorge vor einer israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen gab auch eine Äußerung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: "Die Operation im Gazastreifen geht weiter und wir sind dazu bereit, sie noch bedeutend auszuweiten", warnte er. Die Vorbereitungen laufen, 75.000 israelische Reservisten sind einsatzbereit, außerdem hat Israel an der Grenze zum Gazastreifen Panzer stationiert.
Anonymous hackt israelische Server
Mit einer überraschenden Aktion mischte sich die Hackergruppe Anonymous in den Gazakonflikt ein. Nach eigenen Angaben griff die Gruppe aus Protest gegen die Militäroffensive israelische Internetseiten an. Mehr als 650 private und öffentliche Einrichtungen seien von der Attacke betroffen. So sei die Website des israelischen Außenministeriums kurzfristig lahmgelegt und der Datenbestand der Bank of Jerusalem, eines der größten Finanzhäuser des Landes, sei gelöscht worden.
jh/haz (dpa,afp,rtr,dapd)