1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pussy Riot mit großen Plänen

Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk27. Dezember 2013

Nichts habe sich mit der Amnestie in Russland geändert, meinen die freigekommenen Aktivistinnen von Pussy Riot. Sie wollen eine Menschenrechtsorganisation gründen, Putin loswerden und einen Olympia-Boykott.

Pussy Riot Presse Konferenz in Moskau
Bild: Picture-Alliance/dpa

Für einen humaneren Strafvollzug wollen sich die aus der Lagerhaft entlassenen Frauen der russischen Punkband Pussy Riot künftig einsetzen. "In Russlands Straflagern gibt es Menschen, die sich am Rande des Todes befinden", sagte die Aktivistin Maria Aljochina (links im Bild). Zusammen mit ihrer Mitstreiterin Nadeschda Tolokonnikowa kündigte sie am Freitag (27.12.2013) bei einer Pressekonferenz in Moskau an, die Organisation "Sona Prawa" (Rechtszone) gründen zu wollen. Sie solle eine "Stimme der Gefangenen" werden, sagte Tolokonnikowa.

Die beiden Musikerinnen und Aktivistinnen waren im Februar 2012 nach einer Protestaktion in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die orthodoxe Kirche wegen "Rowdytums" zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Ihre ebenfalls wegen der Aktion verurteilte Mitstreiterin Jekaterina Samuzewitsch kam später auf Bewährung frei. Die Urteile hatten weltweit Proteste ausgelöst.

Oppositionelle wollen helfen

Das größte Problem der russischen Gefängnisse sei, dass sie von der Gesellschaft völlig abgeschirmt seien, sagte Aljochina auf der Pressekonferenz. Deswegen wolle sie sich für eine Kommunikation zwischen der Gesellschaft und dem Strafvollzug einsetzen. Tolokonnikowa fügte hinzu, die neue Menschenrechtsorganisation von Pussy Riot werde sich künftig mit Beschwerden gegen Haftbedingungen befassen. Ferner wolle man auf die in den Lagern herrschende Gewalt aufmerksam machen, darunter auch auf die sexuelle.

Erste Erfolge gebe es schon jetzt. Im Lager in Mordowien, so Tolokonnikowa, wo sie selbst den ersten Teil ihrer Strafe verbüßt habe, sei nach ihrem Hungerstreik der Arbeitstag verkürzt worden. Nun wollen die beiden jungen Frauen erreichen, dass dies auch in anderen Lagern geschieht.

Alexej Nawalny will die Menschenrechtsarbeit von Pussy Riot unterstützenBild: Reuters

Russische Regimekritiker, darunter der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, wollen die Arbeit der neuen Menschenrechtsorganisation unterstützen. Hilfe haben ferner der Koordinator des Menschenrechtsprojekts "RosUznik", Sergej Wlasow, sowie das Mitglied der Gesellschaftlichen Kommission zur Kontrolle der Arbeit des Strafvollzugs, Wladimir Rubaschny, angeboten.

"Putin ist voller Ängste"

Ein weiteres zentrales Thema der Pressekonferenz war Präsident Wladimir Putin. "Wir wollen immer noch das erreichen, was wir in der Christ-Erlöser-Kathedrale erklärt hatten: Wir wollen Putin vertreiben, nicht nur ihn als Person, sondern das ganze von ihm errichtete System, für das er symbolisch steht", so Tolokonnikowa. Putin sei verschlossen, voller Ängste und ein undurchsichtiger Tschekist, eine Bezeichnung die in der ehemaligen Sowjetunion für Mitarbeiter der Staatssicherheit verwendet wurde.

Die Menschen, die Putin umgäben, würden ihn betrügen. "Ich denke, dass er wirklich glaubt, dass die Staaten des Westens eine Bedrohung darstellen", sagte Tolokonnikowa weiter. Aljochina zufolge ist Putin ein typischer Vertreter der Sicherheitskräfte. Entsprechend sei seine Politik. "Darin liegen die Stärken, aber auch Schwächen des russischen Präsidenten. Früher oder später wird sein System zusammenbrechen", glaubt sie.

Demonstration in Moskau für die Freilassung politischer HäftlingeBild: picture-alliance/dpa

Appell an Olympia-Besucher

Dass ihre vorzeitige Entlassung aus humanitären Gründen erfolgt sei, glauben die beiden Frauen nicht. In Wirklichkeit habe sich in Russland nichts geändert, meint Tolokonnikowa. Freigekommen seien nur Personen, die den größten Teil ihrer Haftstrafe verbüßt hätten. Doch würden all diejenigen, denen wegen der Anti-Putin-Demonstrationen im Frühjahr 2012 auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz lange Haftstrafen drohten, weiter im Gefängnis sitzen.

Aljochina ist überzeugt: Grund für die jüngste Massenamnestie sind die bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Sotschi. In diesem Zusammenhang richteten die jungen Frauen einen Appell an diejenigen, die einen Besuch der Spiele planen würden. "Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden. Doch man muss wissen, dass wenn man nach Sotschi zu den Olympischen Spielen kommt, man damit auch den im Lande unter Putins Führung herrschenden politischen Kurs anerkennt", unterstrich Tolokonnikowa.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen