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Politik

Putin lässt den Rubel rollen

Miodrag Soric Moskau
20. Februar 2019

Wenig Außenpolitik, viel Sozialprogramme: In seiner Rede zur Lage der Nation reagiert Russlands Präsident Putin auf bröckelnde Umfragewerte und verspricht dem russischen Volk vor allem soziale Wohltaten.

Karikatur von Sergey Elkin zu Putins Rede vor dem Parlament

In seiner Rede zur Lage der Nation warnte der russische Präsident Wladimir Putin vor einem Rüstungswettlauf. Wenn Amerika Mittelstreckenraketen in Europa stationiere, werde Russland antworten und auch jene Länder ins Visier nehmen, in denen die US-Raketen stehen, erklärte der Kremlchef.

Putin kritisierte die Art und Weise, wie Washington aus dem INF-Abrüstungsvertrag ausgestiegen sei. Die USA hätten von vorn herein sagen können, dass sie an der Verlängerung des Vertrages nicht interessiert seien, so Putin. Nun sollten sie sich die Reichweiten russischer Waffensysteme ansehen – und dann entscheiden, sagte er unter dem Applaus der Abgeordneten.

Der INF-Vertrag regelt den Besitz landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen, die eine Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometer erreichen. Moskau sei nicht an einer Konfrontation interessiert, versicherte Putin vor Vertretern beider Kammern des Parlamentes.

Unbeliebte Rentenreform

Trotz der wachsenden transatlantischen Spannungen und der Furcht vor einem neuem Kalten Krieg spielte Russlands Außenpolitik in Putins 15. Rede an die Nation nur eine geringe Rolle. Die meiste Zeit sprach der Kreml-Chef über die die Innen-, Sozial und Wirtschaftspolitik.

Er versprach mehr Geld für Familien mit Kindern und Pensionäre. Als er auf die in Russland unpopuläre Rentenreform kam, wich er vom Manuskript ab, redete frei. Und machte damit deutlich, dass die Kritik bei ihm angekommen ist: Seine derzeit niedrigen Zustimmungsraten gehen in weiten Teilen darauf zurück, dass die meisten Russen es ablehnen länger zu arbeiten. 

In der Gesundheitspolitik räumte er auch dringenden Handlungsbedarf ein. Bis Ende 2020 sollen mobile Arztpraxen in allen Teilen des flächenmäßig größten Landes der Welt eingerichtet werden. Denn in vielen Regionen Russlands müssen Krankenhäuser vor allem aus finanziellen Gründen schließen.

Wohin mit Moskaus Müll?

Auch das Thema Abfallentsorgung spielt eine Rolle, allerdings ist keine Lösung für die Beseitigung der Müllberge in Sicht. Moskau zum Beispiel verklappt seinen Müll in den umliegenden Ortschaften wie Kolomna, Volokolamsk oder in der Stadt Archangelsk. Dort kommt es immer wieder zu Protesten.Putin beklagt, dass er mit Ministern und Staatsanwälten mehrfach über das Thema gesprochen habe, allerdings seien "keine Resultate erzielt worden".

Auf allen Kanälen: Putin hält seine alljährliche Rede zur Lage der NationBild: Getty Images/AFP/A. Nemenov

Mehr Geld möchte Präsident Putin auch für Bildung und Wissenschaft ausgeben. Er fordert schnelles Internet für alle Schulen, verspricht Geld für Raumfahrt und lobt das Militär für die Entwicklung von Waffen, etwa U-Booten und Raketen. Unterbrochen wird er regelmäßig von dem insgesamt verhaltenen Applaus der Zuhörer. 

Wie soll der Staat Putins Zusagen finanzieren? Putin selbst äußerte sich in seiner Rede dazu nicht, zumindest nicht konkret. "Das Geld lässt sich finden, wenn wir weiter Öl und Gas exportieren," sagte Anatolij Aksakov, Mitglied der Partei "Gerechtes Russland", gegenüber der DW. Aksakov ist auch Vorsitzender des Finanzausschusses des Parlamentes.

Ähnlich denkt Igor Nikolaev, Wirtschaftsexperte des regierungskritischen Fonds zur Bekämpfung von Korruption. "Das Geld für die Versprechen von Putin ist im Budget vorhanden, so lange die Preise von Öl und Gas stabil bleiben," sagte er der DW. Zumindest gelte das für die kommenden zwei bis drei Jahre. Das Budget der russischen Regierung sei – im Vergleich zu anderen Regierungen - ausgeglichen, Moskaus Schulden niedrig, meint der Experte, der dem Putin-Kritiker Alexej Nawalny nahe steht.

Eine größere Finanzlücke entstünde, wenn die wirtschaftspolitischen Voraussagen von Putin sich nicht bewahrheiten würden. Denn der Präsident rechnet mit einem durchschnittlichen Wachstum von drei Prozent in zwei bis drei Jahren. Daraus resultieren auch Mehreinnahmen des Staates. Nikolaev: "Wenn es dazu nicht kommt, haben wir ein Problem."

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