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Politik

Besorgter Blick aus der Ukraine

Oleksandr Holubov | Danylo Bilyk
15. Juli 2018

Das Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki erwarten viele in Kiew beunruhigt. Werden sich die beiden Politiker zum Beispiel zur Krim über die Köpfe der Ukrainer hinweg einigen?

Vietnam, Darang: Putin unterhält sich mit Donald Trump
Bild: Getty Images/AFP/M. Klimentyev

Der Krieg in Syrien und die US-Wahlen 2016 sollen ganz oben auf der Agenda stehen, wenn sich Wladimir Putin und Donald Trump Anfang kommender Woche in Helsinki treffen. Aber auch der Ukraine-Konflikt soll wohl Thema des Gipfeltreffens sein, wenn es nach dem US-Präsidenten geht: Da wäre die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland als Folge der Maidan-Protesten 2014 und der seit vier Jahren tobende blutige Krieg im Osten des Landes, in dem sich russische Separatisten und Ukrainer gegenüberstehen. Dass auch die russische Seite dazu bereit ist, ist unwahrscheinlich. Bis jetzt macht man im Kreml jedenfalls immer klar: Was die Krim angeht, gebe es nichts zu bereden. Die Halbinsel im Schwarzen Meer sei "ein untrennbarer Teil Russlands".

Aber auch die bisherigen Aussagen von Donald Trump zur Krim nimmt man in Kiew eher mit als besorgniserregend wahr: "Wir werden sehen", lautete jüngst die Antwort des US-Präsidenten, als er nach der Möglichkeit gefragt wurde, dass Washington seine Haltung in dieser Sache ändern könnte.

Festklammern am Strohhalm aus Washington

Einst hatte sich Washington klar auf die Seite der Ukraine gestellt: Schon im März 2014 - also unmittelbar nach der Krim-Annexion - hatten sie Sanktionen gegen Russland eingeführt - als erster Staat überhaupt. Daran gekoppelt sind umfassende Sanktionen der USA gegen Unternehmen und Einzelpersonen in Russland. Für Kiew ist daher essenziell, welche Position die USA zur Krim-Frage und zum Krieg in der Ost-Ukraine, von dem man in Kiew überzeugt ist, dass Moskau ihn unterstützt, einnehmen. Noch mehr als in den EU-Staaten, wächst in Kiew die Sorge, dass in Helsinki über die Köpfe der Ukrainer hinweg über die Ukraine gesprochen wird.

In Kiew hofft man auf die weitere Unterstützung der USABild: picture-alliance/dpa/Sputnik/M. Rotar

Man erinnert sich dort sehr gut an Trumps Wahlkampfauftritte von 2016, bei denen der heutige US-Präsident seine Sehnsucht nach "sehr, sehr guten Beziehungen" mit dem Kreml-Herrscher bekundete. Und auch wenn seit den Ermittlungen wegen Russlands Einfluss auf den damaligen Wahlkampf Trumps Rhetorik Moskau gegenüber deutlich zurückhaltender wurde, finde er "Freundschaft mit Russland, China und anderen" auch heute "gut", sagte der US-Präsident vor seiner Abreise nach Europa, wo er vor allem seine europäischen Partner bei dem NATO-Gipfel in Brüssel traf.

Bloß keine Einigung mit Putin

Aus Sorge um die Zukunft der Ukraine-Politik der USA wandte sich Kiew offenbar vorsorglich an Washington, um Trump von voreiligen Vereinbarungen beim Gipfeltreffen mit Putin abzuhalten. So äußerte der ukrainische Parlamentspräsident Andrij Parubij kürzlich die Hoffnung, dass die USA ihre Haltung in der Ukraine-Frage nicht ändern würden und berief sich auf die "übereinstimmende Unterstützung seitens des Kongresses und des Weißen Hauses".

Auf der nicht-offiziellen Ebene versuchte man zugleich, die Stimmung im Weißen Haus im Vorfeld des Gipfels zu sondieren, meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ukrainische Diplomatenkreise. Sie hätten offenbar dringend bei den US-amerikanischen Kollegen nach Bestätigung gesucht, dass Trump beim Treffen mit Putin die ukrainischen Interessen stets im Blick haben würde.

Mehr Hilfe für Kiew als unter Obama

Dabei blicken ukrainische Beobachter eher gelassen auf den bevorstehenden amerikanisch-russischen Gipfel. Gründe für Optimismus gibt es tatsächlich. Im Widerspruch zu seiner zur Schau getragenen Putin-freundlichen Haltung war es ausgerechnet Donald Trump, und nicht sein Vorgänger Barack Obama, der in diesem Jahr die ersten Waffenlieferungen an die Ukraine billigte: Panzerabwehrsysteme des Typs Javelin wurden von Kiew für die Verstärkung der Armee im Kampf gegen die von Russland unterstützten Rebellen im ostukrainischen Donbass eingesetzt.

Trotzdem zweifeln in Kiew einige an Trumps guten Absichten. Unter ihnen Mykola Beleskow vom Institut für euroatlantische Zusammenarbeit in Kiew. Er glaubt, dass das entscheidende Argument für den Beschluss über die Waffenlieferungen an die Ukraine nicht das Wohlwollen des US-Präsidenten, sondern ein potentieller Gewinn für amerikanische Rüstungsunternehmen hätte sein können. Ihnen dürfte das Geschäft 47 Millionen US-Dollar Einnahmen eingebracht haben.

Auch die Rolle der USA bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ost-Ukraine nahm unter Trump zu. Vor einem Jahr berief Washington Kurt Volker zum Sondergesandten in Ukraine-Fragen. Der Karrierediplomat ist unter anderem für seine besonders russlandkritische Haltung bekannt. In seiner neuen Funktion ist er nicht nur bereits mehrmals in der Ukraine gewesen. Schon mehrfach hat Volker auch Putins BeraterWladislaw Surkow getroffen, der als Beauftragter in Ukraine-Fragen im Kreml gilt.

Herantastendes Flirten mit Putin

Und auch wenn es de facto noch keine spürbaren Ergebnisse diplomatischer Bemühungen Volkers gibt und die Suche nach einer Lösung im Donbass-Krieg nach wie vor stockt, glaubt nicht wirklich jemand in Kiew an dramatische Folgen des Putin-Trump-Treffens in Helsinki. Selbst schwammige Äußerungen Trumps zur Krim-Frage könnten nicht mehr als ein Herantasten bedeuten, um zu klären, welchen Preis Putin für die Entspannung der Beziehungen mit den USA zu zahlen bereit wäre, sagt Mykola Kapitonenko vom Kiewer Internationalen Zentrum für Perspektivenforschung. Zudem seien Trump in Fragen der Russland-Sanktionen in Vielem die Hände gebunden, fügt er hinzu. Denn die schon früher in Kraft getretenen Sanktionen dürften in den USA nur mit Zustimmung des Kongress wieder aufgehoben werden. "Im Kreml versteht man das sehr gut und nimmt daher Trumps 'Flirten' nicht sofort für bare Münze".

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