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Politik

Putin und die sieben Zwerge

Roman Goncharenko
8. Februar 2018

Die Präsidentschaftskandidaten in Russland stehen fest. Alte Profis und junge Wilde fordern Wladimir Putin heraus. So unterschiedlich ihre Profile sind - eines haben sie alle haben gemeinsam: Chancenlosigkeit.

Russland Präsidentswahlen | Wahlzettel
Bild: picture-alliance/dpa/TASS/A. Geodakyan

Als Wladimir Putin im Jahr 2000 erstmals zum russischen Präsidenten gewählt wurde, gab es insgesamt elf Kandidaten. Danach schrumpfte die Zahl drastisch, manche Kritiker sagen, die Kandidatenliste sei vom Kreml kurz gehalten worden. Nun sieht es nach einer Rückkehr zu alten Zeiten aus: Auf dem am Donnerstag vorgestellten Wahlzettel der Präsidentenwahl am 18. März 2018 stehen insgesamt acht Kandidaten - doppelt so viele wie 2008.

Kreml sorgt sich um Wahlbeteiligung

Eine gängige Erklärung für die große Anzahl von Kandidaten: Der Kreml mache sich angeblich Sorgen über die Wahlbeteiligung. Denn ein Bewerber hebt sich ab: Amtsinhaber Putin ist in Umfragen staatlicher Meinungsforschungsinstitute haushoher Favorit. Demnach wollen rund 70 Prozent der Russen den 65-jährigen ehemaligen KGB-Offizier zum vierten Mal zum Präsidenten wählen. So hohe Zustimmungswerte lassen seine Herausforderer mit ihren einstelligen Zahlen wie Zwerge aussehen.

Wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen darf Alexej Nawalny nicht kandidierenBild: picture-alliance/AP/dpa/Navalny's campaign/E. Feldman

An Wahlen mit vorhersehbarem Ergebnis scheinen die Russen jedoch wenig Interesse zu haben. Schon bei der Parlamentswahl 2016 war die Beteiligung dramatisch gesunken. In Moskau lag sie bei rund 35 Prozent.

Mit neuen Gesichtern versuche der Kreml nun die Wahl spannend wirken zu lassen, glauben Beobachter, ohne Putins Sieg zu gefährden. Denn sein wohl stärkster Konkurrent, der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, wurde wegen einer rechtskräftigen Verurteilung zur Wahl nicht zugelassen. Nawalny sieht darin den Versuch, ihn als Herausforderer auszuschalten, und hat zum Wahlboykott aufgerufen.

Der in die Jahre gekommene Kommunistenführer Gennadij Sjuganow, der bei früheren Wahlen fast immer Zweiter wurde, tritt nicht mehr an. Zu den Kandidaten gehören sowohl routinierte Politrentner als auch neue Gesichter.

Wladimir Putin will sich für eine vierte Amtszeit als Präsident bestätigen lassenBild: Reuters/G. Dukor

Pawel Grudinin: der Quereinsteiger

Zu Letzteren zählt Pawel Grudinin. Der 57-jährige Politiker und Chef eines Landwirtschaftsbetriebs bei Moskau wurde überraschend von der Kommunistischen Partei (KPRF) ins Rennen geschickt, obwohl er kein KPRF-Mitglied ist. Er dürfte nach Angaben staatlicher Meinungsforscher mit rund sechs Prozent der Stimmen das zweitbeste Ergebnis nach Putin erzielen.

Andere Beobachter prophezeien Grudinin allerdings ein deutlich besseres Abschneiden, denn sein unverbrauchtes Gesicht und seine moderaten Ansichten kommen bei vielen Russen offenbar gut an. Und offenbar befürchtet auch der Kreml, Grudinin könnte Putins absehbarem Sieg doch noch einen Dämpfer versetzen: Zuletzt attackierten staatliche Medien Grudinin besonders scharf - nicht wegen seiner Stalin-Verehrung, sondern wegen ausländischer Bankkonten.

Pawel Grudinin und Gennadij Sjuganow (r.), der nicht mehr antrittBild: picture alliance/dpa/A. Shcherbak

Wladimir Schirinowskij: der Hetzer

Als Grudinins Hauptkonkurrent um den zweiten Platz gilt Wladimir Schirinowskij, der Dienstälteste unter den jetzigen Präsidentschaftskandidaten. Der 71-jährige Anführer der rechtspopulistischen Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR) trat bereits 1991 bei der Präsidentenwahl an. Schirinowskij ist zwar formell in der Opposition, jedoch längst Teil des Establishments und auf einer Linie mit dem Kreml. Seine hetzerischen Auftritte, bei denen er dem Westen gerne mit Atombombenangriffen droht, sind fester Bestandteil russischer Talkshows. Schirinowskij lässt Putin moderat und vernünftig wirken. Ein wahrer Gegner und Konkurrent des Präsidenten ist er nicht.

Grigorij Jawlinskij: der Altliberale

Fast so lange wie Schirinowskij versucht auch Grigorij Jawlinskij russischer Präsident zu werden. Mit 65 Jahren ist er so alt wie Putin. Auch er ist seit den frühen 1990er Jahren in der Politik. Der Mitbegründer der rechtsliberalen Jabloko-Partei trat zuletzt bei der Präsidentenwahl im Jahr 2000 an und wurde mit sieben Prozent Dritter. Jawlinskij hat das Image eines Politikers mit liberalen pro-westlichen Ansichten, der jedoch nie breite Bevölkerungsschichten erreichen konnte. Der Anteil seiner Wähler unter den Russen scheint sogar noch zu schrumpfen.

Boris Titow: Putins Unternehmer-Beschützter  

Mit seinen 57 Jahren ist Boris Titow einer der jüngeren Präsidentschaftskandidaten. Bei der Präsidentschaftswahl 2000 bekam er 1,5 Prozent der Stimmen. Diesmal dürfte sein Ergebnis ähnlich ausfallen. Titow vertritt die junge rechtsliberale "Partei des Wachstums", die keine spürbare Rolle in Russlands Politik spielt und bisher keine großen Wahlerfolge erzielte. Titow machte als Geschäftsmann Karriere. Seit 2012 kümmert er sich im Auftrag des Präsidenten um die Rechte der russischen Unternehmer. Bei der Präsidentenwahl versucht der Politiker die wirtschaftsliberalen Schichten anzusprechen.

Boris Titow setzt sich für russische Unternehmer einBild: DW

Sergej Baburin: der Nationalist

Wie ein Gruß aus der fernen Vergangenheit erscheint bei dieser Wahl Sergej Baburin. Der 59-Jährige war vor allem in den 1990er Jahren als stellvertretender Parlamentsvorsitzender ein bekannter konservativer Politiker, trat jedoch später in den Hintergrund. Baburin ist Anführer der national-konservativen Randpartei "Gesamtrussische Volksunion", die Putin in der Innen- und Außenpolitik unterstützt.  

Xenija Sobtschak: eine gegen alle

Die 36-jährige Xenija Sobtschak ist nicht nur als einzige Frau eine besondere Kandidatin bei dieser Wahl. Sie ist die Tochter des ehemaligen Bürgermeisters von St. Petersburg, Anatolij Sobtschak, der als Putins politischer Ziehvater gilt. Anfangs machte sie sich im Showgeschäft einen Namen. Mit der Zeit entwickelte sie sich zu einer Journalistin mit oppositionellen Ansichten. Eine Berufspolitikerin ist sie aber nicht.

Im Wahlkampf wirbt Sobtschak für sich als "Kandidatin gegen alle" und will so Protestwähler erreichen. Wem keiner der Kandidaten gefalle, solle für sie stimmen. Sobtschak vertritt eine liberale Agenda und kritisiert vorsichtig den Kreml-Chef. Seit Ankündigung ihrer Kandidatur hat sie scheinbar unbegrenzten Zugang zu Medien. Viele deuten das als Hinweis darauf, dass sie vom Kreml protegiert wird. Sobtschak solle, so eine Vermutung, die unzufriedenen, zumeist jungen Nawalny-Anhänger ansprechen. Doch sie polarisiert stark und dürfte nur wenige Stimmen bekommen.

Die einzige Frau unter den Kandidaten: Xenija SobtschakBild: picture-alliance/dpa/TASS/V. Matytsin

Maxim Surajkin: der Alternativ-Kommunist

Zu den neuen Gesichtern bei dieser Wahl zählt auch Maxim Surajkin. Der 39-Jährige ist Vorsitzender der 2009 gegründeten Partei "Kommunisten Russlands", die sich als eine Alternative zur etablierten Kommunistischen Partei Russlands positioniert. Die KPRF wirft den "Kommunisten Russlands" vor, ein Kreml-Projekt zu sein, das die Alt-Kommunisten schwächen soll.

Ob ältere Dauerkandidaten oder Quereinsteiger, ob Putin-Unterstützer oder seine Kritiker, alle Herausforderer des Kremlchefs haben eines gemeinsam: Sie haben keine Chance. In dieser Hinsicht unterscheidet sich diese Wahl trotz der höheren Anzahl von Kandidaten nicht von den vielen vorherigen, bei denen Putin gewann.

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