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Putin und Parkinson: Was sagen Ärzte zu seiner Gesundheit?

Clare Roth
28. April 2022

Ein vom Kreml veröffentlichtes Video zeigt Putin in scheinbar schlechtem Gesundheitszustand. Einige Kommentatoren und Boulevardzeitungen behaupten, er leide an Parkinson. Was sagen Mediziner dazu?

Der russische Präsident Wladimir Putin blickt nach oben
Der russische Präsident Wladimir Putin wirkte bei einer Ostermesse am 23. April schwach.Bild: Maxim Shemetov/REUTERS

Vom US-Senator Marco Rubio über Universitätsprofessoren der Politikwissenschaft bis hin zur Boulevardpresse scheinen viele Menschen den Gesundheitszustand des russischen Präsidenten Wladimir Putin genau zu kennen.

Doch eine wichtige Stimme fehlt in der Flut von Artikeln und Diskussionen, in denen spekuliert wird, dass Putin, der die russische Invasion in der Ukraine verantwortet, an Parkinson oder Schilddrüsenkrebs erkrankt ist: Medizinische Experten.

In einem 12-minütigen Videoclip eines Treffens mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu war zu sehen, wie sich Putin fest an einen Tisch klammerte. Er tippte mit dem Fuß und saß zusammengesackt da und das während des gesamten Clips, der von der russischen Regierung Ende letzter Woche veröffentlicht wurde. Sein Gesicht war merklich aufgedunsen.

Das Video veranlasste einige Online-Kommentatoren, darunter die ehemalige Abgeordnete der britischen Konservativen Partei Louise Mensch, auf Twitter zu der Schlussfolgerung, dass der russische Präsident an Parkinson leide.

Auch mehrere Boulevardzeitungen griffen diese Behauptung auf. In den Berichten kamen u.a. ein Professor für strategische Kommunikation, ein paar politische Analysten und ein Professor für Körpersprache zu Wort. Aber keine Ärzte. Das ist wahrscheinlich kein Zufall.

Keine Diagnosen ohne Untersuchungen

"Echte Neurologen werden sich wahrscheinlich nicht äußern, weil ihnen beigebracht wird, sich niemals zu Menschen zu äußern, die nicht ihre Patienten sind", so John Hardy, Neurogenetiker am UK Dementia Research Institute, gegenüber der DW. Hardy betont, dass er Neurogenetiker sei und kein Neurologe sei. Er äußere sich als jemand, der hat sich mit Hirnerkrankungen beschäftigt.

"Meiner Meinung nach gibt es keine Anzeichen für Parkinsonismus", sagte er. "Er sah nicht gut aus... aber keine Parkinson-Erkrankung."

Ray Chadhuri, ein Neurologe an der Universität London, stimmte dieser Einschätzung zu. "Wenn ich mir den kurzen Clip ansehe, kann ich keinen Hinweis auf Parkinsonismus bei Putin finden", sagte Chadhuri der DW.

Parkinson - Unsere Experten im Gespräch

07:40

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 Die Parkinson-Krankheit und Parkinsonismus sind sehr schwer zu diagnostizieren und könnten nur durch eine gründliche neurologische Untersuchung vor Ort festgestellt werden, erklärte Chadhuri. "Schwellungen im Gesicht oder Zittern können viele Ursachen haben, und ich habe auch keinen Tremor gesehen", sagte Chadhuri.

Caroline Rassell, Geschäftsführerin von Parkinson's UK, schließt sich Hardy an, als sie um eine Expertenmeinung zu den Clips gebeten wird. Parkinson sei eine komplexe Krankheit mit über 40 Symptomen, die von körperlichen bis hin zu geistigen Beschwerden reichten, und es sei daher unmöglich, eine Diagnose anhand eines 12-minütigen Videoclips zu stellen, so Rassell.

"Jeder Mensch ist anders betroffen", erklärt Rassell. "Da es keinen definitiven Diagnosetest gibt, kann die Krankheit nur nach einer Untersuchung durch einen Neurologen oder Spezialisten bestätigt werden. Spekulationen in Medien und Online sind nicht hilfreich."

Ein wortkarges Russland fördert Spekulationen 

Es ist nicht ungewöhnlich, dass über den Gesundheitszustand der mächtigsten Politiker der Welt spekuliert wird. Die Medien berichteten ausführlich über einen positiven COVID-Test beim ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2020, über das Zittern der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2019 und über die Darmoperation von Papst Franziskus im letzten Sommer.

Seit Jahren hält sich der Kreml über den Gesundheitszustand Putins bedeckt, was Journalisten und Politikwissenschaftler dazu veranlasst, jede Bewegung des Präsidenten zu analysieren, um Anzeichen von Schwäche oder Krankheit zu erkennen. Gerüchte, wonach Putin an Schilddrüsenkrebs, ernsthaften Rückenproblemen und sogar an einer Psychose leide, sind Teil des regelmäßigen Diskurses über den Präsidenten geworden.

Dies hat sich während der COVID-19-Pandemie noch verschärft, als sich Putin völlig isolierte, sich weigerte, bei internationalen Gipfeltreffen und Konferenzen in die Nähe anderer Staatsoberhäupter zu kommen, und von denjenigen, mit denen er zusammentraf, verlangte, sich wiederholt zu isolieren und zu testen, bevor sie ihn sahen.

Nach der von Putin verantworteten Invasion Russlands in der Ukraine im Februar spekulierten Medien und Analysten, dass der Präsident in einen Zustand narzisstischer Psychose verfallen sein könnte, da Putin isoliert war und die meisten Informationen von einigen wenigen Personen stammten, die die ganze Wahrheit gesagt haben könnten oder auch nicht. 

Journalisten schienen sich auf diese Idee zu stürzen, um den Einmarsch Russlands in der Ukraine zu erklären, bei dem tausende Ukrainer getötet oder verletzt wurden.

Ob Putin fast schon auf dem Sterbebett liegt und diesen Krieg nutzt, um sich in der Geschichte zu verewigen oder ob er sich wirklich von einer Art Psychose leiten lässt - ohne Informationen aus dem Kreml ist das alles nur Spekulation.

Und letzten Endes weiß niemand - weder die Twitter-Kommentatoren, die Neurologen, die sich die vom Kreml veröffentlichten Videos ansehen, noch die sogenannten Russland-Experten - was tatsächlich in Putins Kopf vor sich geht.

Der Artikel ist ursprünglich auf Englisch erschienen.

Redaktion: Louisa Wright

 

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