1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Putsch in Mali: Welche Rolle spielt Russland?

Fred Muvunyi | Antonio Cascais
28. August 2020

Vor anderthalb Wochen stürzte das Militär in Mali den Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita. Nun verdichten sich Hinweise, wonach die Putschisten auch in Russland ausgebildet wurden.

Demonstration in Mali für die Putschisten
Nach dem Putsch bedankten sich Demonstranten bei Russland und China für ihre "Unterstützung"Bild: DW/P. Lorgerie

Zwar hat die Militärjunta in Mali den gestürzten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita (IBK) aus der Haft entlassen, doch steht er quasi unter Hausarrest. Vor seiner Residenz sind Wachen postiert. Alle Besuche müssen von der Junta genehmigt werden. Die neuen Machthaber um Junta-Führer Oberst Assimi Goita veröffentlichten außerdem ein Dekret ihres "Nationalkomitees zur Rettung des Volkes", das eine "provisorische Obrigkeit" einsetzt und die malische Verfassung teilweise außer Kraft setzt. Das Gesetz sei wegen der Auflösung der Nationalversammlung und der Regierung nötig, hieß es. Die Bestimmungen der Verfassung aus dem Jahr 1992 behielten ihre Gültigkeit, solange sie nicht dem neuen Gesetz widersprächen.

Russland gewinnt an Boden

Unterdessen bleiben immer noch Fragen offen, inwieweit ausländische Mächte bei dem Staatsstreich ihre Hand im Spiel hatten. In den Fokus gerät auch Russland. Dessen Einfluss wächst in Mali, sowohl militärisch als auch politisch, wie mehrere malische Medien berichten.

Das Portal aBamako.com behauptet, mehrere Führer der Junta hätten vor dem Militärputsch an einem Trainingsprogramm in Russland teilgenommen. Oberst Malick Diaw und Oberst Sadio Camara, mutmaßlich zwei der Hauptdrahtzieher des Staatsstreichs vom 18. August, seien ein Jahr lang an einer Moskauer Militärakademie ausgebildet worden.

Junta-Führer Oberst Assimi Goita wurde in den USA und Deutschland ausgebildetBild: Reuters/M. Kalapo

Bereits seit Längerem schwenken viele malische Demonstranten russische Flaggen und appellieren an die Russen, nach Mali zurückzukommen, um die malische Armee zu unterstützen. "Wir wollen Russland" und "Es lebe Wladimir Putin" stand zuletzt auf vielen Transparenten der malischen Protestbewegung M5-RFP. Bereits 1960 war die Sowjetunion dem gerade unabhängig gewordenen Mali militärisch zu Hilfe geeilt; eine Geste, die wesentlich dazu beitrug, die Sympathie der malischen Bevölkerung für die UdSSR und damit auch für das heutige Russland zu stärken.

"Als die Malier im Januar auf die Straße gingen und den Abzug der ausländischen Streitkräfte aus Mali forderten, war ihr Ziel auch die Rückkehr der Russen zu erreichen", bestätigt Fatoumata Coulibaly, Professorin an der Universität von Bamako, im DW-Gespräch.

Laut dem Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitut (SIPRI) ist die militärische Zusammenarbeit zwischen Mali und Russland jedoch derzeit noch sehr rudimentär. Alexandra Kuimowa, Forscherin beim SIPRI-Programm für Waffen- und Militärausgaben, erörtert im DW-Interview, dass der Kreml zwischen 2017 und 2019 immerhin mindestens zwei neue Mi-35M-Kampfhubschrauber nach Mali geliefert habe, was jedoch nur "ein erster Schritt in Richtung einer weiteren Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern" sei.

Frankreich mit dem Vorwurf des Neokolonialismus konfrontiert

Keitas Amtszeit, die 2013 begann, nachdem ein Staatsstreich 2012 Amadou Toumani Touré verdrängt hatte, fiel mit der Einrichtung einer ersten französischen Friedensmission zusammen, die beim Kampf gegen den transnationalen islamistischen Terror helfen sollte. Keita galt von Anfang an als enger Verbündeter des Westens - insbesondere Frankreichs - im Kampf gegen Dschihadisten in der Sahelzone. Frankreich sah sich aber von Anfang an mit dem Vorwurf des Neokolonialismus konfrontiert. Russland könnte versucht haben, sich in die französische Einflusssphäre in Westafrika einzumischen.

"Es fällt mir schwer zu beurteilen, wie zuverlässig diese Informationen sind, weil sich die russische Regierung dazu nie offiziell geäußert hat", sagt die russische Expertin Irina Filatowa, Professorin an der Hochschule für Wirtschaft in Moskau, im DW-Interview. Sie bestätigt allerdings, dass der Kreml und Mali in den vergangenen Jahren ihre Beziehungen ausgebaut hätten. Russland habe auch einige militärische Ausrüstung  nach Mali geliefert.

Russland ist unter anderem so an Afrika interessiert, um sich mit dem Westen zu messen, denkt Filatowa: "Je mehr Einfluss es in Afrika hat, desto weniger Kontrolle hat der Westen."

Putschisten hatten Verbindungen zu den USA

Internationale Verbindungen hatten die Putschisten in Mali allerdings auch zu den USA: Oberst Assimi Goita, der neue starke Mann in Mali, der als Präsident des sogennanten Nationalen Komitees zur Errettung des Volkes (CNSP) agiert, habe an früheren Trainingsübungen des US Africa Command Flintlock sowie an einem 18-tägigen Seminar in Florida teilgenommen, bestätigt Kelly Cahalan, Sprecherin des "United States Africa Command" (AFRICOM) im DW-Interview.

Goita nahm auch an einem Programm zum Thema Terrorismusbekämpfung am George C. Marshall European Center in Deutschland teil.

Operation Flintlock in Mauretanien - die USA haben Streitkräfte aus mehr als 20 afrikanischen Nationen ausgebildetBild: DW/F. Muvunyi

Nach dem Putsch überprüft das US-Verteidigungsministerium nun die Situation vor Ort in Mali auf mögliche Auswirkungen auf die US-Militärhilfe. "Bis die Überprüfung abgeschlossen ist, wird es keine weitere Ausbildung oder Unterstützung für die malischen Streitkräfte geben", sagt die AFRICOM-Sprecherin Kelly Cahalan.

Auch die Europäische Union legt ihre Ausbildungseinsätze für Polizei und Armee in Mali wegen des Militärputsches vorerst auf Eis. Die zivile ebenso wie die militärische Trainingsmission würden vorübergehend ausgesetzt, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Treffen der europäischen Verteidigungsminister. Sobald es die Umstände erlauben, sollte die Ausbildung aber weitergehen. Die EU habe "in Mali viel investiert", so Borrell. Dies dürfe nicht verloren gehen.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mahnte als Grundlage für eine Fortsetzung der Einsätze eine rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in Mali an. Man fordere die Putschisten auf, schnellstmöglich den Transformationsprozess zu starten und den Weg für Neuwahlen freizumachen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen