Putschisten verlassen Afrikas Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS
28. Januar 2024Staatstragend trat Abdoulaye Maïga, Malis Minister für territoriale Verwaltung und Dezentralisierung, vor die Kamera: "Ihre Exzellenzen Hauptmann Ibrahim Traoré, Oberst Assimi Goïta und Brigadegeneral Abdourahamane Tiani - jeweils Staatsoberhaupt von Burkina Faso, der Republik Mali und der Republik Niger - nehmen ihre volle Verantwortung vor der Geschichte wahr und gehen auf die Erwartungen, Sorgen und Wünsche ihrer Bevölkerungen ein", verkündete Maïga in Malis Staatsfernsehen. "Sie beschließen in voller Souveränität den sofortigen Austritt von Burkina Faso, Mali und Niger aus der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten."
Wortgleich die Fernsehansprache von Nigers Militärsprecher Abdouramane Amadou im Sender Télé Sahel. Die von Putschisten beherrschten Staaten nennen in der gemeinsamen Erklärung eine Reihe von Gründen für den sofortigen Austritt Burkina Fasos, Malis und Nigers aus der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS). Die Gemeinschaft habe sich von den "pan-afrikanischen Idealen ihrer Gründungsväter" entfernt, so Amadou.
"Unter Einfluss fremder Mächte"
Zudem habe die ECOWAS "ihre Grundsätze verraten und ist unter dem Einfluss fremder Mächte eine Bedrohung für ihre Mitgliedsstaaten und deren Bevölkerung geworden, deren Zufriedenheit damit eigentlich sichergestellt werden sollte." Die ECOWAS-Länder hätten außerdem irrationale und illegale Sanktionen verhängt, die gegen ihre eigenen Grundsätze verstießen, teilten die drei Militärregime in ihrer gemeinsamen Erklärung mit. Und die Wirtschaftsgemeinschaft habe ihre Mitglieder im Kampf gegen Terrorismus nicht unterstützt.
Der Austritt aus der ECOWAS dürfte für Mali, Niger und Burkina Faso den Außenhandel erschweren. Außerdem droht ihnen nun eine Verteuerung von Waren und die Wiedereinführung von Visumspflichten bei Reisen ins Ausland.
Die ECOWAS reagierte mit Bedauern und Entgegenkommen auf die Austrittsentscheidung der drei Länder. Mali, Niger und Burkina Faso seien "wichtige Mitglieder der Gemeinschaft", erklärte der Zusammenschluss. Die ECOWAS sei daher bereit, "eine Verhandlungslösung für die festgefahrene politische Lage" zu suchen.
Am 26. Juli war es zunächst im Niger zu einem Militärputsch gekommen, woraufhin die ECOWAS Sanktionen verhängte und mit einem Militäreinsatz drohte. Auch die Nachbarländer Burkina Faso und Mali werden nach Regierungsumstürzen von Militärs regiert und wurden von der ECOWAS suspendiert. Im September hatten sich die drei Regierungen daher zu einer Allianz der Sahel-Staaten zusammengeschlossen.
Das Abkommen ermöglicht es Burkina Faso, Mali und dem Niger, sich gegenseitig militärischen Beistand zu leisten. Auch geht es demnach darum, gemeinsam gegen "Terrorgruppen" vorzugehen und die Landesgrenzen zu sichern.
Kontinuierliche Verschlechterung der Beziehungen
Seit der Machübernahme der Militärs hatte es immer wieder Spannungen zwischen der in Nigeria sitzenden ECOWAS und den nun unter Armeekommando stehenden drei Sahelstaaten gegeben. In Mali haben Generäle seit 2020 das Sagen, in Burkina Faso seit 2022 und in Niger seit 2023.
Trotz mehrerer Versuche, über eine Wiederaufnahme der Putschländer in die Wirtschaftsgemeinschaft zu verhandeln, haben sich die Beziehungen zwischen der ECOWAS und den drei Militärregierungen kontinuierlich verschlechtert. Diese wenden sich immer stärker Russland zu.
Nach dem Austritt von Burkina Faso, Mali und des Niger besteht die 1975 gegründete ECOWAS nun aus zwölf Mitgliedsstaaten. Sie bildet eine der größten regionalen Wirtschaftsgemeinschaften in Afrika. Sie hat zum Ziel, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern, um den Lebensstandard anzuheben. Die Wirtschaftsgemeinschaft gilt als wichtigster Partner in der Region, insbesondere für europäische Länder.
Im vergangenen Jahr kündigte Deutschland einen Ausbau der Beziehungen zur ECOWAS an, insbesondere in den Bereichen Friedensentwicklung und Krisenprävention, Energieeffizienz, Handel und nachhaltige Lieferketten sowie Gesundheitsvorsorge. Dafür stehen nach Angaben des Entwicklungsministeriums in Berlin rund 81 Millionen Euro zur Verfügung.
AR/gri (dpa, kna)